BVB-Nationalspieler Emre Can (l.) wurde bei Deutschland gegen Island als Linksverteidiger eingesetzt. © picture alliance/dpa/AFP-Pool

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BVB-Profi Emre Can beim DFB: Plötzlich Linksverteidiger

Nicht nur aus Personalnot half BVB-Star Emre Can in der Nationalmannschaft als linker Verteidiger aus. Joachim Löws Erklärung unterstreicht, was er vom Dortmunder hält.

Dortmund

, 26.03.2021 / Lesedauer: 4 min

Auch fürs Auge lieferte Emre Can etwas. Vom edlen Schwarz der neuen Kluft der deutschen Fußball-Nationalmannschaft hoben sich seine rosa-roten Stollenschuhe optisch deutlich ab. Dieser farbliche Effekt allerdings blieb eine Randnotiz beim ungefährdeten 3:0-Sieg der DFB-Auswahl gegen Island. Spannender als der Blick auf das Schuhwerk fiel die Betrachtung der sportlichen Leistung des Dortmunders aus. Samt Überraschungseffekt.

Bundestrainer Jogi Löw stellt BVB-Profi Emre Can als Linksverteidiger auf

Bundestrainer Joachim Löw stellte den 27-jährigen Can tatsächlich als linken Verteidiger auf. Robin Gosens konnte nicht (muskuläre Probleme), Marcel Halstenberg durfte nicht (hatte mit Coronafall Jonas Hofmann Backgammon gespielt), Philipp Max sollte nicht. „Ich wusste“, erklärte Löw seine verblüffende Entscheidung, „dass Emre die Abläufe kennt und eine gewisse Routine mitbringt. Er hat mehr körperliche Präsenz als Philipp Max. Die Erfahrung und seine Lautstärke waren mir nach den Ausfällen wichtig.“

Nun, Can enttäuschte den Bundestrainer nicht. Der einzige Dortmunder Profi im aktuellen DFB-Kader spielte mehr als solide, verteidigte gegen die zugegeben offensiv zweitklassigen Isländer konzentriert und wuchtig, fügte sich nahtlos in die Pass-Parade von mehr als 1000 Zuspielen bei 80 Prozent Ballbesitz ein. Trotz seiner Dynamik verzichtete er, auch aus taktischen Gründen, weitgehend auf Vorstöße über den linken Flügel. Er schirmte die vor ihm offensiv denkenden Ilkay Gündogan und Leroy Sané ab. Einwandfrei.

BVB-Nationalspieler Emre Can sieht sich selbst auf anderen Positionen

Auf die notorischen Schwächen auf den Außenverteidiger-Positionen hat Löw schon häufiger kreativ reagiert, man erinnere sich an Benedikt Höwedes bei der WM 2014. Die Versetzung von Can auf die linke Bahn war sicherlich aus der Not geboren, dort sieht sich der Dortmunder selber nicht. Seine Vielseitigkeit und sein mannschaftsdienliches Spiel wiederum garantieren ihm nach dem Einsatz am Donnerstagabend in der Duisburger Arena schon fast sein Ticket für die Europameisterschaft im Juni. Löw weiß: Einen Can kann er immer gebrauchen. Fast überall.

Als polyvalenter Spieler für alle defensiven Aufgabenfelder gesehen zu werden habe Vor- und Nachteile, meint Can. „Der Vorteil ist, dass man auf verschiedenen Positionen immer wieder einspringen kann, um der Mannschaft zu helfen. Der Nachteil ist manchmal, dass du dich nicht kontinuierlich auf einer Position einspielen kannst.“

BVB-Nationalspieler Emre Can übernimmt gerne Verantwortung

Can, der 2009 in der U15 erstmals für den DFB auflief und seit seinem Debüt in der A-Nationalmannschaft im September 2015 31 Länderspiele bestritten hat, kennt diese Tücken und Lücken, die ihm sein Stärkenpaket einbringt. Robust und resolut im Zweikampf, für einen Abwehrspieler vor allem mit dem rechten Fuß technisch gut, schnell im Antritt und in der Endgeschwindigkeit, taktisch clever – und seine Bolzplatz-Vergangenheit schimmert auch immer wieder mal durch. Dass er kein Spieler ist, der Verantwortung scheut und auf dem Platz auch mal den Mund aufmacht, hebt ihn aus der Masse der oft pflegeleichten heutigen Generation heraus.

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„Wie man mich kennt, habe ich aber in meiner gesamten Karriere die unterschiedlichen Rollen, die mir zugedacht wurden, immer angenommen“, sagt Can. Er würde sich seltener als Außenverteidiger aufstellen, links noch weniger als rechts. „Meine Position, auf der ich am besten zur Geltung kommen und meine Stärken einbringen kann, ist im Zentrum, sei es im Mittelfeld oder in der Abwehr.“ Doch wo wäre im Nationaltrikot Platz für ihn?

Für BVB-Profi Can wäre im DFB-Team hinten wohl nur in einer Dreierkette Platz

In der Innenverteidigung genießen Matthias Ginter, Antonio Rüdiger und mit Abstrichen Niklas Süle oder Jonathan Tah das Vertrauen des Bundestrainers, vielleicht darf auch bald wieder BVB-Abwehrchef Mats Hummels seine Vorzüge präsentieren. Can könnte sich für ein Dortmunder Duo erwärmen: „Ich spiele jetzt seit fast eineinhalb Jahren mit Mats, er ist ein super Innenverteidiger. Wir haben oft zusammengespielt, das hat sehr gut funktioniert.“ Realistisch betrachtet wäre für Can wohl nur in einer Dreierkette Platz.

Und im Mittelfeld? Dort herrscht am ehesten im DFB-Kader ein Überangebot an Extraklasse, wenn Löw wegen Platzhirsch Toni Kroos sogar überlegt, den gegen Island herausragenden Joshua Kimmich wie früher als rechten Verteidiger abzustellen. Nur wenn als zweiter Sechser ein reiner Abräumer vor der Abwehr gefragt wäre, könnte Cans Stunde schlagen – und solche Überlegungen finden in den Gedankenspielen des schöngeistigen Bundestrainers selten statt.

BVB-Nationalspieler Emre Can: „Entscheiden muss es der Trainer“

Can jedenfalls darf nach den 90 Minuten gegen Island in den kommenden Partien in Rumänien (Sonntag) und gegen Nordmazedonien (Mittwoch) mit weiteren Einsatzminuten rechnen und mit einem Ticket für die Euro. „Ich brauche mich vor niemandem zu verstecken, ich bin sicher ein fester Bestandteil des Kaders“, sagt er, das Kontinental-Turnier hat er fest eingeplant für den Sommer. Auf welcher Position auch immer er dann vorgesehen ist. „Entscheiden muss es der Trainer. Ich werde immer alles geben für die Mannschaft.

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