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BVB-Profi Dahoud: Wie der „wilde Mo“ von seinem DFB-Debüt profitiert
Nationalmannschaft
BVB-Profi Mahmoud Dahoud ist jetzt Nationalspieler – und das könnte ihm helfen. Denn bei wenigen Spielern klafft die Schere zwischen Potenzial und Produktivität so weit auseinander.
Es dauerte, bis Mahmoud Dahoud den Abpfiff akzeptieren wollte. Mit den Händen in den Hüften stand er da, an der Mittellinie, die Mitspieler klatschten mit den Gegnern ab, doch der DFB-Debütant schüttelte nur still den Kopf. Der späte Ausgleich der Türkei zum 3:3, für die Nationalmannschaft schon fast eine bittere Gewohnheit, frustrierte den Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund enorm. Erst als sein Kumpel Nadiem Amiri ihm den Arm um die Schulter legte, marschierten die beiden Neulinge vom Platz.
DFB-Nominierung von BVB-Profi Dahoud sorgte für Kritik
Eine Viertelstunde vorher hatte Dahouds Debüt begonnen, 22:22 Uhr zeigte die Anzeigetafel. Allein seine Berufung ins DFB-Team hatte Kritik und sogar Hohn hervorgerufen, weil Bundestrainer Joachim Löw das Leistungsprinzip arg gebeugt hatte. Denn der BVB-Mann hat in der Bundesliga in dieser Saison erst sieben Minuten auf dem Spielfeld zugebracht, dazu kamen 90 ordentliche Minuten im Supercup beim FC Bayern (2:3). Überhaupt hat Dahoud, gemessen an seinem Können, viel zu wenig Fußball gespielt seit seinem Wechsel von Borussia Mönchengladbach nach Dortmund im Sommer 2017.
So richtig erklären kann das auch Julian Brandt, sein Mitspieler beim BVB und beim DFB, nicht. „Mo gehört von seinen Anlagen her mit zum Besten, was ich gesehen habe. Ich bin mir sicher, dass er seinen Weg gehen wird“, sagte der Mittelfeld-Kollege.
BVB-Profi Dahoud agiert auch im DFB-Trikot nicht aufgeregter als sonst
In seinen ersten Minuten in der A-Nationalmannschaft – nach 22 Einsätzen in der U21 samt EM-Titel 2017 und EM-Platz 2 2019 – agierte Dahoud nicht aufgeregter als sonst, er rief wie gewohnt seine Kommandos über den Platz und legte sich läuferisch wie kämpferisch voll ins Zeug. Wie eng und sicher er den Ball auch durch dichtes Gedränge manövrieren kann, ebenso. „Mo Dahoud“, betonte Bundestrainer Löw, „ist ein Spieler, der vom Talent her sehr begabt ist“, oder einfach „technisch unfassbar gut“, wie Brandt meint.
Der Besuch bei der DFB-Auswahl, wenn auch nur als Lückenfüller für das Testspiel gegen die Türkei, wird dem Deutsch-Syrer Auftrieb geben. „Alles hier kann ihm nur guttun und ihn besser machen“, vermutete Brandt. „Ich bin sicher, dass er seinen Weg gehen wird. Er ist technisch stark, hat einen sehr guten Schuss, ist lauf- und zweikampfstark. Er hat alles, was man auf seiner Position braucht.“
BVB-Mittelfeldmann Dahoud könnte mehr Genie als Wahnsinn zeigen
Auch wenn die letztlich zwölf Einsatzminuten im Trikot der Nationalmannschaft den Spielertypen Dahoud nicht verändern werden, bleibt ihm und den BVB-Fans die vage Hoffnung, dass in dem permanenten Wechsel zwischen Genie und Wahnsinn in Zukunft häufiger der positive Part die Oberhand behält. So, wie es Dahoud nach dem Re-Start der Bundesliga im Mai gelang, ehe eine Muskelverletzung das Saisonaus für ihn bedeutete.
An diesen produktiven, fehlerärmeren Dahoud glaubt auch Löw, wenn man seinen Worten Glauben schenken darf. „Spielern wie ihm gehört die Zukunft“, sagt der Bundestrainer, er wünscht sich, dass Dahoud wie auch Brandt bei Borussia Dortmund in verantwortungsvolle Rollen hineinwachsen können. Den „wilden Mo“ (O-Ton Brandt), den viele BVB-Fans kennengelernt haben, soll es seltener geben.
Matchpraxis kann dabei nur helfen, und dieses eine Länderspiel – nach dem auch für seinen BVB-Teamkollegen Nico Schulz das Abenteuer Nationalmannschaft in dieser Länderspielphase vorerst wieder beendet war – kann ihm keiner mehr nehmen.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
