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Borussia Dortmund unter Edin Terzic: Das läuft alles besser beim BVB
Fußball
BVB-Coach Edin Terzic bringt die Schwarzgelben im Saison-Endspurt zurück in die Spur. Vor allem bei einem Kernpunkt hat sich Borussia Dortmund verbessert.
Eine bessere Körpersprache, intensives Verteidigen: Nach dem 1:2 gegen Frankfurt hat Borussia Dortmund den Schalter umgelegt und vier Bundesliga-Spiele in Serie gewonnen. Beim BVB läuft unter Edin Terzic einiges besser.
Der Bodenständige: Wie Edin Terzic den BVB besser macht
Was alles anders ist unter dem neuen Trainer, davon zeugte auch ein kleines Handy-Video aus der vergangenen Woche, das ein Fan der Borussia an der Zufahrt zum Trainingsgelände drehte und das im Internet unter den Anhängern für Begeisterung sorgte. Zu sehen sind dort Spieler, die in ihren schicken PKW vorbeizischen, ganz zum Schluss kommt ein Fahrradfahrer auf einem Mountainbike, vorschriftsmäßig mit Helm. Der Fahrradfahrer ist Edin Terzic.
Seine Bodenständigkeit und sein sympathisches Auftreten kamen auch schon an, als die Bilanz lange nicht so gut zu lesen war. Die vier jüngsten Bundesliga-Siege in Serie aber lassen eine unmöglich erscheinende Mission wieder realistisch werden. Als Terzic nach dem 1:2 gegen Eintracht Frankfurt davon sprach, den Glauben nicht aufzugeben und weiter für die winzig kleine Chance auf das Erreichen der Champions-League-Plätze kämpfen zu wollen, wurde ihm nachgesagt, Durchhalteparolen zu verbreiten. Was hätte Terzic denn auch sonst sagen sollen?
BVB-Coach Edin Terzic benötigte Zeit für Veränderungen
Die „Terzic-Tabelle“ in der Liga log damals nicht. Sieben Siege, sechs Niederlagen, dazu drei Unentschieden seit seinem Amtsantritt im Dezember – das war biederer Durchschnitt und reichte nicht, um in der Tabelle nach vorne zu springen. Der BVB blieb auch nach dem Wechsel von Lucien Favre zu seinem vorherigen Co-Trainer zunächst seinem Ruf als wankelmütig und launenhaft treu. Viel zu oft hatte man das Gefühl, dass diese Mannschaft schlampig mit ihrem Potenzial umging, viel zu selten brachte sie ihre Fähigkeiten auf den Rasen.
Terzic hat Veränderungen angestoßen, aber immer betont, dass seine Maßnahmen Teil eines Prozesses seien. Dass es auf dem Weg zu mehr Konstanz auch Rückschläge geben könne. Was ist nun passiert seit dem 1:2 gegen Frankfurt, das die Ziele in weit entfernte Regionen entschwinden ließ?
Die Defensive des BVB hat sich verbessert
Der Kernpunkt: die Verteidigungsarbeit. Borussia Dortmund verteidigt stabiler und geschlossener als Team. Die vergangenen beiden Spiele blieb Marwin Hitz ohne Gegentor, vor allem die halbstündige Unterzahl beim 2:0 in Wolfsburg bestätigte eindrucksvoll, wie schwer diese Mannschaft zu knacken ist, wenn sie gemeinsam und konzentriert gegen den Ball arbeitet. Lücken für den VfL gab es so gut wie keine, Chancen dementsprechend nur wenige. Man hatte nach dem Tor zum 2:0 nicht das Gefühl, dass der Sieg noch einmal in Gefahr geraten könnte. Und wenn Terzic, der an der Seitenlinie 90 Minuten lang intensiv mitgeht und sogar Begehrlichkeiten in der Autostadt sowie bei anderen Bundesliga-Klubs weckt, gewonnene Defensiv-Zweikämpfe eines Marco Reus oder Jadon Sancho bejubeln kann, sagt auch das viel über die veränderte Haltung im Team aus.
Hinten dicht, vorne effizient: Terzics Taktik setzt nicht darauf, im Hurra-Stil Chancen im Minutentakt zu generieren. Es ist eher eine kontrollierte Offensive, in der die Spieler selbst den richtigen Moment erkennen sollen, in dem sich ein hohes Anlaufen lohnt, in dem sich ein Umschalten mit Risiko und Tempo lohnt.
Borussia Dortmund findet die richtige Mischung aus Geduld und Risiko
Erling Haalands 2:0-Treffer in Wolfsburg ist dafür ein gutes Beispiel. Der Norweger bildete gut 15 Meter vor der Mittellinie die erste Verteidigungslinie, es war ein fataler Fehler des aufgerückten VfL-Verteidigers Brooks, dass er als Absicherung nur gut fünf Meter hinter dem Dortmunder postiert war. Voraussetzung für den unwiderstehlichen Antritt von Haaland an Brooks vorbei war allerdings der zentimetergenaue Pass von Mahmoud Dahoud. Insgesamt kombiniert Dortmund mit einer ausgewogenen Mischung aus Geduld und Risiko, aber ohne den einlullenden Ballbesitzfußball, den es unter Favre bisweilen zu sehen gab.

Der BVB hat die meisten Ballbesitzphasen der Liga. © deltatre
Die Entstehung des 2:0 ist ein Beleg für einen weiteren wichtigen Punkt: das gewachsene Selbstvertrauen. So merkwürdig das klingt: Auch die beiden Niederlagen im Champions-League-Viertelfinale gegen Manchester haben dazu beigetragen, dass Borussia Dortmund an Selbstvertrauen deutlich zugelegt hat. „Die Mannschaft zeigt seit der Niederlage gegen Frankfurt eine deutlich bessere Körpersprache“, sagt Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. „Jeder Spieler hat verstanden, worauf es jetzt ankommt.“
Die BVB-Spieler präsentieren sich in einer besseren Form
Und da sind dann noch Form und Fitness: Trotz der immensen Belastung haben die Vielspieler im Team die Widerstandskraft, um im Drei-Tages-Rhythmus Gegner zu zermürben und müde zu spielen. Bei vielen ist die Form aktuell besser als noch vor einigen Wochen. Das gilt für Manuel Akanji, das gilt für Dahoud, das gilt für Jude Bellingham, der gerade in den internationalen Vergleichen mit Manchester zwei beeindruckende Auftritte hinlegte. Das gilt vor allem für Marco Reus, der als Kapitän vorangeht. Ein Lukasz Piszczek ist plötzlich noch einmal wichtig geworden, Haaland lässt sich auch von zwischenzeitlich kleineren Torflauten nicht aus der Ruhe bringen. Wenn Zorc von einer deutlich veränderten Körpersprache spricht, ist vor allem auch er gemeint.
Haltung und Glaube stimmen. Das 1:2 gegen Frankfurt war ein Tiefschlag, aber für viele auch der ultimative Weckruf. Im Dortmunder Kader tummeln sich fast ausschließlich Spieler, die sich in der Champions League beweisen wollen, sie haben vielleicht gerade noch rechtzeitig den Schalter umgelegt und legen alles in die Waagschale, um das Saisonziel noch zu erreichen.
Edin Terzic will mit dem BVB im Saison-Endspurt „genauso akribisch weiterarbeiten“
Im Jubel über den zwingend notwendigen Erfolg in der VW-Stadt vergaß Terzic nicht, daran zu erinnern, dass Dortmund auch weiterhin aus eigener Kraft nicht ins Ziel sprinten kann. „Daher wird es wichtig sein, dass wir uns jetzt freuen, ab der neuen Woche aber genauso akribisch weiterarbeiten.“ Auch Sportdirektor Zorc sagt: „Ich warne vor Euphorie. Wir sind immer noch Fünfter! Zufrieden bin ich erst, wenn wir noch einen Platz aufholen.“
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
