
Ausgelassener BVB-Jubel bei Jude Bellingham (l.) und Marius Wolf nach dem 3:1-Sieg in Freiburg. © imago / RHR-Foto
3:1 nach 0:1: Daran wäre der BVB in der vergangenen Saison gescheitert
Meinung
1:2, 1:2, 0:1 – Borussia Dortmund droht in Freiburg die dritte Niederlage in Serie. Der Auftritt am Freitag weist viele BVB-Parallelen zur Vorsaison auf. Mit einem entscheidenden Unterschied.
Es war ein zäher Abend für Schwarzgelb im Breisgau. 75 Minuten gespielt, der SC Freiburg führte mit 1:0. Und das verdient. Weil Borussia Dortmund bis hierhin viele Parallelen zu Vorsaison aufwies. Doch dann wechselte Edin Terzic den Sieg ein, der BVB stand plötzlich als glücklicher Gewinner da. Und das ist dann eben keine Parallele zur letzten Saison: Da hätte Borussia Dortmund ein solches Spiel kaum gedreht.
Die Mentalitätsfrage war beim BVB unter Marco Rose ein Dauerthema
Die Mentalität bei Borussia Dortmund, sie war unter Ex-Trainer Marco Rose ein Dauerthema. Keine Pressekonferenz, kein Interview verging, ohne dass der 45-Jährige auf die Haltung seines Teams angesprochen wurde. Der Grund: Sie fehlte häufig beim BVB. Sie schlummerte zwar in der Mannschaft, war aber zu selten sichtbar. Beispiele gab es dafür zu Genüge. St. Pauli, Sporting Lissabon, Glasgow Rangers, FC Augsburg.
Rose hatte irgendwann keine Lust mehr auf diese Thematik. Sein Nachfolger Edin Terzic schon von Beginn an nicht. Er wollte die Diskussionen im Keim ersticken, stellte früh nach Amtsantritt klar: Ein Mentalitätsproblem gibt es bei Borussia Dortmund nicht. Viele Spieler, auch Neuzugänge wie Niklas Süle, pflichteten ihm bei. Doch am Ende liegt die Wahrheit bekanntlich auf dem Platz.
Dilettantisches BVB-Defensivverhalten vor dem Gegentreffer
Und die sah, als der BVB das erste Mal im Laufe dieser jungen Saison mit einem Negativerlebnis konfrontiert wurde, lange nicht gut aus. Borussia Dortmund hatte hart zu knacken am Gegentreffer durch Michael Gregoritsch – der zu allem Überfluss aus einer von Terzic deutlich aufgezeigten Stärke der Freiburger entstand (Flanke aus dem Halbfeld) und auch noch dilettantisch verteidigt wurde (Thorgan Hazard, Mahmoud Dahoud und Raphael Guerreiro).
Vieles, was danach beim BVB zu sehen war, kam einem bekannt vor. Es fehlte das ganz große Aufbäumen. Der Ball lief zwar anständig durch die Reihen, doch spätestens am Sechzehner war Schluss mit lustig. Konsequenz und Wille sehen anders aus. Freiburg verteidigte die Angriffe sauber weg, setzte selbst einige Nadelstiche und war dem zweiten Treffer deutlich näher als der BVB dem Ausgleich. Und da war sie plötzlich wieder: die Mentalitätsfrage. Mit der bekannten Antwort?
Bynoe-Gittens und Moukoko bringen den BVB auf die Siegerstraße
Nein. Doch dafür brauchte es eine Initialzündung. Der endgültige Wille, er musste irgendwie herausgekitzelt werden. Am Ende wurde er das gleich doppelt. Durch den Riesen-Lapsus von SCF-Keeper Mark Flekken. Und durch die drei Einwechslungen von Edin Terzic. Jamie Bynoe-Gittens und Youssoufa Moukoko, die beiden Hochtalentierten, sie rissen die Partie an sich. Mit Mut, mit Leidenschaft. Bei aller Schwärmerei für die BVB-Youngster darf aber auch Marius Wolf nicht vergessen werden, der die rechte Seite vom Problemfall zur Schaltzentrale umfunktioniert hatte.
Die Neuen entfachten ein Feuer. Auch bei ihren Mitspielern. Der Ruck, der durch die Mannschaft gegangen war in der 76. Minute, er war deutlich zu spüren. Und plötzlich war sie da: die Mentalität. Die, die in der vergangenen Saison so oft vermisst wurde. Und ohne die der BVB aus Freiburg niemals drei Punkte mitgenommen hätte.
Jahrgang 1991, tritt seitdem er Vier ist selbst gegen den Ball, hat mit 14 das erste Mal darüber berichtet, wenn es andere tun. Wollte seitdem nichts anderes machen und hat nach Studium und ein paar Jahren Lokaljournalismus seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Seit 2021 BVB-Reporter.
