Matthias Baun (r.) und Nanjiang Liao (M.) von Dema-Artech sowie Prof. Dr. Michael Oberst, Chefarzt am Ostalb-Klinikum Aalen, haben am Montag in der Canisiusschule getestet, ob Lüften ausreicht oder ob Luftreiniger in Klassenräumen nötig sind.

© Stephan Rape

Praxisversuch an der Canisiusschule: Querlüften oder Luftreiniger?

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Reicht es zu lüften oder braucht jede Klasse einen Luftreiniger? Ein Test an der bischöflichen Canisiusschule soll Antworten finden. Schulleiter, Politik und Verwaltung sind sich schon einig.

Ahaus

, 31.01.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Müssen in Schulklassen Luftreiniger aufgestellt werden oder reicht die Anweisung, regelmäßig zu lüften? Die Datenlage ist unklar, die Meinungen gehen weit auseinander.

Eine Untersuchung an der bischöflichen Canisiusschule am Montagmorgen soll die Diskussion mit neuen Daten untermauern. Matthias Baun, Geschäftsführer von Dema-Airtech aus Stuttgart, hat die Messgeräte in zwei Klassen und der Sporthalle des Gymnasiums aufgestellt.

Praxistest ohne Verkaufsabsichten

Sein Unternehmen vertreibt Raumluftfilter. Doch bei der Messung in Ahaus gehe es nicht um einen möglichen Auftrag.

„Wir wollen praxisnah die Wirkung der Luftfilter nachweisen“, sagt Matthias Baun. Für die nötige Objektivität in den Ergebnissen sollen zwei externe Wissenschaftler sorgen: Wolfgang Schreier vom SGS Institut Fresenius und Prof. Dr. Michael Oberst vom Ostalb Klinikum in Aalen.

Dabei gehe es nicht um einen Wettbewerb zwischen Luftreiniger und Lüften: „Es gibt ganz einfach noch eine große Wissenslücke. Wir versuchen, sie ein Stück zu schließen“, erklärt Matthias Baun.

Matthias Baun (r.) im Gespräch mit Wolfgang Schreier über Details des Tests. Der praktische Versuch könne nicht durch Berechnungen ersetzt werden, weil die Aerodynamik in einem Raum schon durch kleinste Details extrem verändert werden könne. Die Tests von Montag sollen belastbare Daten für die weitere Diskussion liefern.

Matthias Baun (r.) im Gespräch mit Wolfgang Schreier über Details des Tests. Der praktische Versuch könne nicht durch Berechnungen ersetzt werden, weil die Aerodynamik in einem Raum schon durch kleinste Details extrem verändert werden könne. Die Tests von Montag sollen belastbare Daten für die weitere Diskussion liefern. © Stephan Rape

Eine Alternative zu den Praxistests gebe es nicht: Weil die Aerodynamik, also die Bewegung der Luft in jedem Raum, von extrem vielen Faktoren abhänge. „Deswegen sehen wir es auch sehr kritisch, dass viele Ausschreibungen von Luftfiltern für Schulen nur über theoretische Kennzahlen, aber ohne Vor-Ort-Termin stattfinden“, erklärt Nanjiang Liao, Unternehmenssprecher von Dema-Airtech. So ein Filter könne schon jede Wirkung verlieren, wenn er im Raum falsch aufgestellt werde.

Zwei Klassenräume und die Sporthalle unter der Lupe

In zwei Klassenräumen und eben der Sporthalle wird an diesem Tag getestet: Mit Generatoren werden künstlich Aerosole erzeugt und in den jeweiligen Räumen verteilt.

Während im einen Klassenraum lediglich regelmäßig quergelüftet wird, läuft nebenan ein Luftreiniger zusätzlich zum Lüften. Mit Messgeräten verfolgen die Forscher, wie schnell sich die Konzentration der Partikel in der Luft danach wieder verändert. Binnen einer Woche erwartet das Unternehmen belastbare Ergebnisse.

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Doch wie kam das Stuttgarter Unternehmen ausgerechnet auf Ahaus? „Über den Kontakt zum ehemaligen Bundesgesundheitsminister“, erklärt Matthias Baun.

Der habe vorgeschlagen, es doch bei der Canisiusschule zu versuchen. Verschiedene staatliche Schulen hatten die Zusammenarbeit zuvor abgelehnt: Weil eine Anschaffung der Luftfilter unter den aktuellen Förderrichtlinien nicht vorgesehen sei.

Schulleiter erhofft sich wissenschaftliche Erkenntnisse

Auch für Schulleiter Niels Hakenes geht es in erster Linie um die wissenschaftliche Untersuchung. „Wir sind Gast-, nicht Auftraggeber der Untersuchung“, betont er. Dennoch interessiert er sich für die Ergebnisse.

Matthias Baun (l.), Prof. Dr. Michael Oberst (r.) und Wolfgang Schreier vom SGS Institut Fresenius mit einem der Messgeräte, die die Konzentration der Aerosole im Raum überwachen. Rund eine Woche soll es dauern, bis alle Daten ausgewertet sind.

Matthias Baun (l.), Prof. Dr. Michael Oberst (r.) und Wolfgang Schreier vom SGS Institut Fresenius mit einem der Messgeräte, die die Konzentration der Aerosole im Raum überwachen. Rund eine Woche soll es dauern, bis alle Daten ausgewertet sind. © Stephan Rape

Allerdings gebe es an der Canisiusschule aktuell keine Überlegungen, weitere Lüfter anzuschaffen. „Wir haben zwei Geräte, die in Räumen stehen, wo die Fenster nicht ausreichend geöffnet werden können“, betont er.

In allen anderen Räumen sei es kein Problem, quer zu lüften und so für einen ausreichenden Luftaustausch zu sorgen. „Das Konzept scheint zu passen. In den zwei Jahren Pandemie hatten wir hier an der Schule keinen nachgewiesenen Ansteckungsfall“, macht der Schulleiter deutlich.

Niels Hakenes freut sich über hohe Disziplin an der Schule

Das führt er aber auch auf die hohe Disziplin von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften zurück: „Hier an der Schule läuft kein Kind ohne Maske herum“, sagt er.

Überwiegend würden FFP2-Masken getragen. „Und auch nur ganz vereinzelt werden die Masken nicht korrekt getragen“, ergänzt er.

Regelmäßige Tests, die Maskenpflicht und das Lüftungskonzept seien eben Teil der Realität geworden. Klar sei: „Alles ist besser als Homeschooling, egal wie anstrengend der Schulalltag im Moment auch sein mag.“

Stadt Ahaus plant keine weitere Anschaffung von Lüftern

Die Canisiusschule wird vom Bistum Münster getragen. Aber auch an den städtischen Schulen in Ahaus sieht es ähnlich aus: Wie die Stadt Ahaus auf Anfrage erklärt, hätten sich die Empfehlungen für das Lüften in Schulen seit Beginn des vergangenen Jahres nicht verändert: In Unterrichtsräumen gelte die dringende Empfehlung des regelmäßigen Lüftens über das weite Öffnen der Fenster.

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Diese Verpflichtung bleibe auch bestehen, wenn Lüftungsgeräte aufgestellt werden. „In wenigen Unterrichtsräumen der städtischen Schulen, in denen das ausreichende Lüften nicht möglich ist, hat die Stadt bereits im vergangenen Jahr Lüftungsgeräte angeschafft“, heißt es dazu von der Stadt Ahaus.

Weitere Anschaffungen seien aktuell nicht geplant. Auch von Seiten der Politik gebe es aktuell keine solchen Bestrebungen. Das hatte Beatrix Wantia (CDU), Vorsitzende des Ausschusses für Schule und Sport, auf Nachfrage erklärt.

Wie die Stadt Ahaus erklärt, würden zwar insgesamt auch unter Schülerinnen und Schülern sowie dem Lehrpersonal die Infektionszahlen steigen. Dabei habe es aber keine auffälligen Infektionsschwerpunkte gegeben.

Laut Gesundheitsamt würden die Ansteckungen nur zu einem sehr geringen Anteil in der Schule selbst, sondern fast ausschließlich außerschulisch im Familien- und Bekanntenkreis stattfinden.

Zentrale Lüftungssysteme seit einigen Jahren im Test

Die Stadt Ahaus hat in einzelnen Schulen schon vor der Pandemie erste dezentrale Lüftungssysteme eingebaut, allerdings nicht flächendeckend. Gegenwärtig werden in zwei Schulen neue Lüftungssysteme getestet, die neben einer effektiven Lüftung über eine zusätzliche Wärmerückgewinnung verhindern, dass die Wärme aus Innenräumen ungenutzt entweicht.

Bei einer erfolgreichen Testung, die allerdings bis zu einem belastbaren Ergebnis noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, soll das System in den kommenden Jahren im Rahmen von Umbau- und Sanierungsmaßnahmen abschnittsweise in Schulen eingesetzt werden.