Politik in Ahaus Mitgliederschwund bei CDU und SPD – ein trauriger Grund sticht hervor

Mitgliederschwund bei CDU und SPD – ein trauriger Grund sticht hervor
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In einem Jahr kann viel passieren. Festgestellt haben das auch die politischen Parteien in Ahaus – beispielsweise bei einem Blick auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Diese haben die meisten Stadtverbandsvorsitzenden auf Nachfrage der Redaktion bekannt geben.

Während viele kleinere Parteien und Wählergemeinschaften an Mitgliedern gewonnen haben, verzeichnen vor allem die CDU und die SPD ein deutliches Minus. Prozentual und absolut. Wie der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Jörg Blisniewski und die SPD-Stadtverbandsvorsitzende Andrea Schulte erklären, ist ein wichtiger Grund bei beiden Parteien gleich. Bei der CDU kommt hingegen noch ein zusätzlicher Aspekt hinzu – ein „kontrovers diskutiertes lokales Thema“, wie es Blisniewski beschreibt.

CDU:

Die CDU Ahaus startete das Jahr 2023 mit 582 Mitgliedern. 37 weniger als vor einem Jahr. Zum Jahresbeginn 2022 zählte die Partei noch 619 Mitglieder. Demnach verzeichnen die Christdemokraten einen Mitgliederrückgang von rund 5,98 Prozent.

Blisniewski erläutert: „Aufgrund der relativen Altersstruktur haben wir leider 20 verstorbene Mitglieder zu beklagen. 22 Mitglieder sind aus anderen Gründen aus unserem Stadtverband ausgeschieden.“ Auf der anderen Seite habe es fünf Neuzugänge gegeben. Für die Austritte seien persönliche und politische Gründe ausschlaggebend gewesen. Letzteres konkretisiert Blisniewski.

Rückblick: Im Mai 2022 hatte sich eine Ratsmehrheit aus CDU und Grünen dagegen ausgesprochen, dass Hans-Georg Althoff im Januar 2023 nochmal als Erster Beigeordneter der Stadt Ahaus gewählt werden sollte. Ein wesentlicher Grund: Althoff wäre 2026 in den Ruhrstand gegangen, sodass er die achtjährige Amtszeit eines Ersten Beigeordneten nicht vollständig hätte erfüllen können. Es würden dann mit Werner Leuker (2024) und Hans-Georg Althoff (2026) sowie einer möglichen Neubesetzung des Bürgermeisterpostens zur Kommunalwahl 2025 gleich drei Spitzen des Verwaltungsvorstands binnen kürzester Zeit wechseln – dieser Grund wurde seinerzeit angeführt.

Ein Bürgerbegehren, bei dem mehr als 3000 Unterschriften zusammenkamen, sollte Althoff stützen und die Ausschreibung seiner Stelle verhindern. Der Widerstand gegen die Entscheidung von CDU und Grüne war groß – hatte jedoch keinen Erfolg.

Jörg Blisniewski sagt, dass 9 der 22 Parteiaustritte auf eben diese Diskussion um die Neubesetzung des Ersten Beigeordneten zurückzuführen seien. Der Stadtverbandsvorsitzende spricht von „bedauerlichen Kollateralschäden“. Und weiter: „Da kann man nichts beschönigen. Jeder einzelne Austritt tut weh.“ Auch Hans-Georg Althoff gehört zu denjenigen, die der CDU den Rücken gekehrt haben.

SPD:

Die Ahauser Sozialdemokraten haben einen Mitgliederrückgang von 11,21 Prozent zu verzeichnen. Während am 1. Januar 2022 noch 107 Leute auf der Mitgliederliste standen, waren es am 1. Januar 2023 nur noch 95. Die Stadtverbandsvorsitzende Andrea Schulte listet auf, wie sich die Differenz zusammensetzt: sechs Sterbefälle, zwei Umzüge in einen anderen Wahlkreis und zwei Austritte. Dem gegenüber stehen zwei Neumitglieder.

Andrea Schulte blickt überwiegend positiv auf das politische Engagement der Menschen in der Stadt: „Grundsätzlich sehe ich ein großes Engagement in der politischen Arbeit. Was in unseren Augen eindeutig fehlt, sind junge Menschen, die aktiv in den Parteien mitwirken und vor allem mitgestalten wollen.“ Für 2023 gebe es daher viele Pläne, um die politische Arbeit präsenter darstellen zu können und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Grüne:

Jens Steiner, Ortsverbandsvorsitzender der Grünen in Ahaus, zählt im Januar 2023 insgesamt 53 Mitglieder. Seit 2020 habe sich die Mitgliederzahl nahezu verdoppelt, schreibt er. Auf die Mitgliederentwicklung (Sterbefälle, Austritte, Eintritte) im Jahr 2022 geht er nicht ein.

Einen Grund für den Mitgliederzuwachs sehe er darin, „dass die zentralen Grünen-Themen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes in den vergangenen Jahren eine immer größere Bedeutung“ eingenommen hätten. Vor allem vor dem Hintergrund von Extremwetterereignissen und Hitzeperioden. Steiner sieht in Ahaus „eine sehr politische Stadt, in der sich die Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Gestaltung des Gemeinwesens einbringen.“

UWG:

Auf ein leichtes Mitgliederplus kann die „Unabhängige Wählergemeinschaft Ahaus“ schauen. Zum Jahresanfang 2023 kommt die UWG auf 62 Mitglieder. Ein Jahr zuvor waren es 61 Mitglieder. Der Vorsitzende Gerrit Messelink erklärt: „Das letzte Mitglied gewannen wir im Zuge der Diskussion um die Gestaltung der Mensa des Alexander-Hegius-Gymnasiums.“

Und weiter: „Nicht selten erleben wir, dass sich Personen auf Landes- und Bundesebene einer großen Partei verbunden fühlen, sich jedoch durch das regionale Engagement der jeweiligen Parteivertretungen nicht ausreichend vertreten fühlen.“

Gerrit Messelink ist Vorsitzender der „Unabhängigen Wählergemeinschaft Ahaus“.
Gerrit Messelink ist Vorsitzender der „Unabhängigen Wählergemeinschaft Ahaus“. © UWG Ahaus

WLA:

Die „Wählergemeinschaft Lebenswertes Ahaus“ ist erst im Juni 2020 vor der Kommunalwahl mit 18 Mitgliedern an den Start gegangen. Der Vorsitzende Reinhard Horst erläutert. „Diese Zahl konnten wir bis heute unter anderem auch durch die Beteiligung von sachkundigen Einwohnern und deren Vertreter in den Ausschüssen fast verdoppeln, sodass wir jetzt etwas über 30 aktive und passive Mitglieder haben.“

Reinhard Horst, Vorsitzender der „Wählergemeinschaft Lebenswertes Ahaus“, zählt derzeit rund 30 aktive und passive Mitglieder.
Reinhard Horst, Vorsitzender der „Wählergemeinschaft Lebenswertes Ahaus“, zählt derzeit rund 30 aktive und passive Mitglieder. © WLA Ahaus

Reinhard Horst führt weiter aus, dass im Vergleich zur Einwohnerzahl das politische Engagement in Ahaus „wesentlich zu gering“ sei. „Besonders die politischen Parteien haben Probleme, Mitglieder zu finden, da sich ihre Neumitglieder mit dem Parteiprogramm und den Parteistrukturen ‚ihrer‘ Partei auseinandersetzen müssen.“ Die WLA sei daher der Meinung, dass das Engagement in freien Wählerschaften zunehmen und die politische Landschaft dadurch bunter werde.

WGW:

Im Gegensatz zu den anderen Parteien, bzw. der anderen Wählergemeinschaft nennt Norbert Frankemölle von der Wählergemeinschaft „Wüllen unser Dorf“ keine Mitgliederzahlen. „Uns selbst ist keine genaue Mitgliederzahl bekannt“, teilt er mit. Er gibt an, dass noch nie Mitgliedsbeiträge erhoben worden seien und zu jeder Sitzung immer alle interessierten Wüllener Bürgerinnen und Bürger eingeladen seien.

FDP:

Von der Ahauser FDP gab es nach einem ersten Anruf bei der Stadtverbandsvorsitzenden Christiane Gottheil (16.1.), einer schriftlichen Anfrage (16.1.) und einer weiteren Nachricht (23.1.) bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels (25.1., 15 Uhr) keine Antwort.

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