Martin Schiedemann, Wirts der Gaststätte "Ahauser Eck" ist unzufrieden mit den neuen Corona-Maßnahmen.

© Markus Gehring

Neuer „Lockdown“: Völliges Unverständnis bei Ahauser Gastronomen

rnCorona-Maßnahmen

Unverständnis, Wut, Verzweiflung: Die Ahauser Gastronomen sind mit den neuen Corona-Maßnahmen überhaupt nicht einverstanden. Aufgeben ist für sie aber keine Option.

Ahaus

, 29.10.2020, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Erst die Sperrstunde, nun die komplette Schließung. Die von Bund und Ländern verabschiedeten Corona-Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie treffen die Gastronomie mit am härtesten. „Wieder einmal“, sagen viele. Auch in Ahaus wächst der Unmut. Wir haben uns umgehört.

Martin Schiedemann (Gaststätte Ahauser Eck)

Als „sehr niedergedrückt“ beschreibt Martin Schiedemann, Wirt der Kneipe „Ahauser Eck“ an der Wessumer Straße, seine Stimmungslage. Die Nachricht, dass er sein Lokal ab Montag, 2. November, wieder schließen muss, trifft ihn hart. „Null Einnahmen und die Kosten laufen weiter. Das ist eine kleine Katastrophe“, erklärt er.

Martin Schiedemann hat im Ahauser Eck einige Schaufensterpuppen an den Tisch gesetzt. Sein Kommentar: "Meine Gäste ab dem 2. November."

Martin Schiedemann hat im Ahauser Eck einige Schaufensterpuppen an den Tisch gesetzt. Sein Kommentar: "Meine Gäste ab dem 2. November." © privat

Wie so viele andere aus seiner Branche fragt er sich: „Warum muss die Gastronomie wieder als erstes schließen? Das ist mir ein Rätsel.“ Für ihn sei klar, dass die Ansteckungen zu einem Großteil im privaten Bereich geschehen. „Das Robert-Koch-Institut bestätigt es.“ Dass er Anfang Dezember seine Gaststätte wieder öffnen darf, glaubt Martin Schiedemann nicht. „Wenn ich mir die Entwicklung der Zahlen anschaue, lässt man uns auch im Dezember nicht öffnen.“

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Die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Aussicht gestellten Zuschüsse, die sich am Umsatz im November 2019 orientieren sollen, sieht er noch mit großer Skepsis: „75 Prozent klingen erst mal toll, aber am Ende ist es wieder nur ein Zuschuss für die Fixkosten. Den Lebensunterhalt kann man davon nicht bestreiten.“ Ans Aufgeben denkt er aber nicht: „Ich habe ein paar Rücklagen gebildet und komme damit über das Jahresende hinaus.“

Thomas Enning (Restaurant „Zur Barriere“)

Thomas Enning, Koch und Betreiber des Ammelner Restaurants „Zur Barriere“, stimmt Martin Schiedemann in weiten Teilen zu. „Was da passiert, ist falscher Aktionismus“, poltert er. „Wir haben die Restaurants sicher gemacht; haben investiert, damit unsere Gäste sich nicht infizieren und jetzt dürfen wir die Türen wieder schließen.“

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Er glaubt, dass sich die Regierung sich damit ins eigene Fleisch schneidet. „Jetzt ziehen sich die Leute in die privaten Räume zurück und da ist Kuscheln angesagt. Daher kommen die hohen Zahlen und nicht aus der Gastronomie, wo Betreiber und Ordnungsamt die Einhaltung der Regeln überwachen.“

Auch Thomas Enning (r.) muss sein Lokal ab Montag wieder schließen.

Auch Thomas Enning (r.) muss sein Lokal ab Montag wieder schließen. © Markus Gehring

Für den Ahauser Gastronomen ist der Zeitpunkt besonders bitter, da man gerade wieder etwas Hoffnung geschöpft hatte. „Man sah Licht am Ende des Tunnels. Wir haben zwar nicht die großen Gewinne eingefahren. Aber trotz weggebrochenen Catering- und Bankett-Geschäfts, lagen die Umsätze im August wieder bei 67 Prozent. Man ist ja mittlerweile froh, wenn man die Kosten wieder reinbekommt.“

Dass Landrat Dr. Kai Zwicker am Mittwoch ebenfalls Kritik an den Maßnahmen äußerte, hat Thomas Enning mitbekommen. Er möchte nun mit einigen Kollegen das Gespräch mit der Stadt suchen: „Hier trifft man zwar nicht die Entscheidungen, aber wir müssen den Politikern in Erinnerung rufen, wie wichtig diese Branche ist.“

Allerdings glaubt auch er nicht, dass es bei der November-Schließung bleiben wird. „Ich habe den Verdacht, dass es eine Hinhalte-Taktik ist, damit wir ruhig bleiben. An die versprochenen 75 Prozent glaube ich nicht.“ Er will nun wieder vermehrt auf das Außer-Haus-Geschäft setzen.

Dirk Rolfes (Marktschänke Rolfes)

Am Donnerstagvormittag klopft Dirk Rolfes in seinem Lokal in der Innenstadt Schnitzel für den Mittagstisch. 20 bis 30 Gäste kommen täglich zu ihm, um hier in der Pause westfälische Klassiker zu genießen. Ab Montag ist aber auch damit Schluss. „Ich verstehe nicht, warum man das verbietet, aber Kantinen offen bleiben dürfen“, sagt der Gastronom.

Dirk Rolfes, Inhaber der Marktschänke Rolfes, versteht nicht, warum Kantinen geöffnet bleiben dürfen, aber sein Restaurant nicht.

Dirk Rolfes, Inhaber der Marktschänke Rolfes, versteht nicht, warum Kantinen geöffnet bleiben dürfen, aber sein Restaurant nicht. © Stephan Rape

Er spricht von Symbolpolitik der Bundesregierung. „Die steigenden Zahlen liegen nicht an der Gastronomie. Es trifft einen hart. Gerade mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft.“ Eigentlich sind November und Dezember bei ihm die umsatzstarken Monate. Nun drohen leere Kassen. Dirk Rolfes will aber nicht klagen. Denn er weiß, dass es andere Gastronomen deutlich härter trifft. „Mir gehört die Gaststätte. Pächter haben es da deutlich schwerer.“

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Außer-Haus-Betrieb, wie andere Restaurants ihn anbieten, ist für Dirk Rolfes keine Option. „Wir liegen in der Innenstadt. Da ist es mit der Abholung schwierig.“ Die Beine wird er in den nächsten vier Wochen aber nicht hochlegen. „Wir wollen die Küche streichen, etwas renovieren und Aufräumarbeiten erledigen.“ Sorgen um die Zukunft der Marktschänke müsse sich in Ahaus keiner machen. „Diese Krise können wir wegstecken.“

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