Zwei junge Männer aus Ahaus stehen vor Gericht, weil sie 2019 einen Taxifahrer geschlagen haben sollen.

Zwei junge Männer aus Ahaus stehen vor Gericht, weil sie 2019 einen Taxifahrer geschlagen haben sollen. © picture alliance / dpa (Symbolbild)

Nach Attacke auf Taxifahrer in Sabstätte: „Ich schäme mich extrem dafür“

rnSchwere Körperverletzung

Zwei Angeklagte aus Ahaus haben vor Gericht zugegeben, gemeinschaftlich auf einen Taxifahrer eingeschlagen zu haben. Das Opfer kämpft wohl bis heute mit den Folgen.

Ahaus

, 10.05.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nachdem die beiden Angeklagten in einem Prozess wegen schwerer Körperverletzung vor dem Landgericht in Münster zunächst vollkommen verschiedene Versionen des Vorfalls erzählt haben, nähern sie sich nun an.

In der Nacht vom 18. Februar 2019 fuhren vier (oder fünf, so sicher ist das wohl immer noch nicht) junge Menschen vom Karneval in Gescher mit dem Taxi nach Hause. Bis auf die beiden Angeklagten stiegen alle in Stadtlohn aus. Für den heute 21-Jährigen und den 29-Jährigen ging die Fahrt weiter nach Sabstätte. Dem Älteren wurde schlecht, der Taxifahrer hielt an (wir berichteten).

„Es war nie seine Absicht, ihn zu töten“

Wie die beiden Angeklagten nun zugaben, haben sie gemeinschaftlich auf den Taxifahrer eingeschlagen. Zunächst im Auto, als der Taxifahrer aus dem Taxi stieg – und auch draußen noch.

Anschließend setzte sich der 21-Jährige in das Taxi, ließ den Motor aufheulen und fuhr sehr eng an dem Fahrer vorbei, so sein Anwalt. „Er wollte ihm massiv Angst machen, es war aber nie seine Absicht, ihn zu töten.“

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Es war ein reumütiger Auftritt der beiden Angeklagten. Der 29-Jährige gab in seiner Erklärung an, er habe sich sein Verhalten nicht erklären können. „Ich schäme mich extrem dafür.“

Er und der 21-Jährige hätten nie die Absicht gehabt, nicht zu bezahlen. „Wir haben uns verarscht gefühlt.“ Es sei ihnen so vorgekommen, als habe der Taxifahrer zu viel abgerechnet, denn die Fahrgäste, die in Stadtlohn ausgestiegen waren, hätten auch schon einen Teil gezahlt. Trotzdem: „Ich würde diese Nacht am liebsten ungeschehen machen“, so der Angeklagte.

Der 21-Jährige konnte zwar nicht bestätigen, dass er sich „verarscht“ gefühlt habe, aber auch er zeigte Einsicht. „Mein Mandant ist geschockt über das, was geschehen ist. Er will sein Bedauern zum Ausdruck bringen“, betonte sein Verteidiger.

Taxifahrer berichtet von der Fahrt in Ahaus

An diesem Verhandlungstag war auch der Taxifahrer als Zeuge geladen. Er berichtete von der Fahrt. Die beiden Angeklagten hätten die ganze Zeit mit ihrem Handy rumgespielt, eine genaue Adresse hätten sie ihm nicht genannt, sondern ihn durch die Bauerschaft geschickt, wo alles dunkel war und keine Häuser waren.

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Dann sei einem von ihnen schlecht geworden, er habe angehalten und auf den Mitfahrer gewartet. Anschließend sei es zu den Schlägen im Taxi gekommen, der 29-Jährige habe von draußen geschlagen, der 21-Jährige vom Beifahrersitz aus.

Dann ging es außerhalb des Taxis weiter, hier, so gab der Taxifahrer allerdings an, habe nur noch der Ältere geschlagen. Der Jüngere sei um das Auto herum und auf den Fahrersitz gestiegen.

Nur mit einem Sprung zur Seite habe er sich davor bewahren können, überfahren zu werden, so der heute 53-Jährige. Als die beiden von ihm abließen, sei er ins Auto gestiegen und ein Stück gefahren, um sich an einem Haus Hilfe zu suchen. Der Jüngere sei noch mit einer Stange hinter ihm hergelaufen. Allerdings war das Taxi von innen verriegelt.

Schlafstörungen und Sehschwierigkeiten

Bis heute habe er mit den Folgen des Vorfalls zu kämpfen, so der 53-Jährige. Unter anderem habe er Sehschwierigkeiten, er würde zum Teil Buchstaben doppelt sehen. Hinzu kämen Schlafstörungen. „Ich habe immer wieder Angstattacken, so drei bis vier Mal in der Nacht.“

Immer wieder kämen die Bilder von damals hoch. Seine Nase sei damals zwar nicht gebrochen gewesen, aber er habe lange Schmerzen gehabt. Hinzu kam eine große Wunde am Knie. Ob er wahrgenommen habe, dass die beiden Angeklagten Alkohol getrunken haben, fragte die Richterin. Nein, das könne er nicht so sagen, erklärte der Taxifahrer.

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Im Anschluss an die Ausführungen baten die beiden Angeklagten den Taxifahrer, noch das Wort an ihn richten zu dürfen. Sie entschuldigten sich beide. Der 53-Jährige nahm es mit einem Nicken zur Kenntnis, aber: „Was soll ich sagen? Ich hatte eine schwere Zeit.“

„Selten so ein traumatisiertes Opfer gesehen“

Für den kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter, der den Fall übernommen hatte, stand jedenfalls fest: „Ich mache diesen Job schon seit vielen Jahren, aber ich habe selten so ein traumatisiertes Opfer gesehen.“ Schockiert habe ihn auch das, was er später nach einem Beschluss in den sichergestellten Chatverläufen auf den Handys der Angeklagten lesen musste. „Es war entsetzlich, wie hier über das Opfer geredet wurde.“

Der nächste Verhandlungstag ist für den 11. Mai anberaumt. Dann soll auch ein Gutachten vorgelegt werden.

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