
© Markus Gehring
Mutiger Einsatz: Ahauserin rettet jungen Schwan vor Tod durch Angelschnur
Schlossgräfte
Die Ahauserin Elke Kolbe rettete im Schlossgarten einen Jungschwan vor dem wohl sicheren Tod. Eine Stunde wartete sie bei Kälte und Regen auf Hilfe. Ursache für den Notfall: Angelschnur.
Schon vom Rand des Gewässers konnten die beiden sehen, dass einer der vier Trauerschwäne, die erst in diesem Jahr geschlüpft waren, etwas im Schnabel hatte. „Man konnte deutlich erkennen, wie er leidet und sich quält. Der Schwan hat merkwürdige Geräusche von sich gegeben“, berichtet Elke Kolbe. Mit Glück und Geschick konnten die Frauen das Tier dazu bewegen, die Schlossgräfte zu verlassen. Am Ufer wickelten Elke Kolbe den jungen Schwan in ihre Jacke und versuchte, beruhigend auf ihn einzuwirken.
Hilfe lässt zunächst auf sich warten
Aus der Nähe erkannte sie, dass es sich bei dem Gegenstand im Schnabel um Angelschnur handelt. Erste vorsichtige Versuche, das Kunststoffgarn aus dem Hals des Vogels zu ziehen, scheiterten. Daher beschloss die Ahauserin, externe Hilfe zu rufen. Sie telefonierte nach eigenen Angaben erst mit der Stadt Ahaus und dem Bauhof, dann mit Julias Tierheim. Die Tierretter aus Rhede wurden schließlich alarmiert.

Silvia Harpering-Kemper kümmerte sich in der Tierarztpraxis Dr. Christoph Hellmann um den Jungschwan. © privat
Mittlerweile war es aber dunkel geworden und es begann zu regnen. Noch immer saß Elke Kolbe ohne Jacke auf dem nassen Rasen den Schlossgartens mit dem hilflosen Tier in den Armen. „Zehn Minuten fühlten sich an wie anderthalb Stunden“, sagt Elke Kolbe am Dienstag im Gespräch mit der Redaktion. In ihrer Not sei sie irgendwann auf die Idee gekommen, ihre ehemalige Schwimmlehrerin vom DLRG anzurufen. „Ich wusste nur, dass sie manchmal mit Rettungsboten auf der Gräfte unterwegs sind“, so Elke Kolbe.
DLRG hilft in der Not
Kurze Zeit später traf Silvia Harpering-Kemper von der DLRG Ortsgruppe Ahaus tatsächlich ein. Im Gepäck hatte sie einen Kopfkissenbezug, um den Schwan transportieren zu können und eine Decke für die inzwischen völlig durchgefrorene Retterin. Mit dem Jungvogel fuhr die ausgebildete Schwimmlehrerin Silvia Harpering-Kemper sofort zu einem Ahauser Tierarzt. Dr. Claudia Hellmann untersuchte den Schwan, machte Röntgenbilder, wurde zunächst aber auch nicht schlau aus den Bildern. Denn ein Haken war nirgends zu erkennen.
Silvia Harpering-Kemper, deren Familie früher selbst Vögel züchtete und erst kürzlich die Jagdprüfung ablegte, stand der Tierärztin bei der Untersuchung mit Rat und Tat zur Seite. Gemeinsam erkannten sie irgendwann, dass sich die Angelschnur im Rachenraum um die Zunge gewickelt hatte. „Das war für den Schwan schmerzhaft und hätte wohl schnell zu seinem Tod geführt. Er konnte so weder essen noch trinken. Er wäre hilflos verendet“, berichtet Harpering-Kemper.

Elke Kolbe wickelte den Schwan in ihre Jacke und wartete insgesamt rund eine Stunde bei Kälte und Regen im Schlossgarten auf Hilfe. © privat
Claudia Hellmann sedierte den Jungvogel und konnte schließlich das Kunststoffgarn gänzlich aus dem Schnabel entfernen. Beim städtischen Baubetriebshof hatte man in der Zwischenzeit für das Tier ein kleines Gehege eingerichtet. Als der Schwan am Abend in die Hände von Jürgen Homölle, Mitarbeiter des Bauhofs, übergeben wurde, ging es ihm schon sichtlich besser. Mit Futter und Wasser „päppelten“ die Mitarbeiter der Stadt ihn über Nacht auf.
„Dem Schwan geht es so weit gut“
Am Dienstag vermeldet auch Pressesprecherin Anna Reehuis: „Dem Schwan geht es so weit gut. Zur Sicherheit bleibt er noch einen Tag in der Obhut des Bauhofs.“ Elke Kolbe wird zwar in den sozialen Medien als Heldin gefeiert. Davon will die Ahauser aber eigentlich nichts wissen. Sie sagt: „Ich würde es immer wieder so machen. Als ich am Montag endlich zu Hause war, war ich einfach glücklich, dass wir dem Schwan helfen konnten. Andernfalls hätte ich nicht schlafen können.“
Die pauschale Kritik an den Ahauser Anglern, die nach dem Vorfall teilweise in den sozialen Medien laut wurde, teilt sich nicht: „Die professionellen Angler, die über eine gültige Lizenz verfügen, sind nicht das Problem. Sie räumen immer alles auf und achten sehr auf die Tiere.“ Elke Kolbe stört sich eher an den Wildanglern, die nach ihren Beobachtungen vor allem Jugendliche und Kindern sind. „Sie wissen nicht, was passiert, wenn sie zum Beispiel Angelschnur liegen lassen. Da braucht es mehr Kontrollen.“
1991 in Ahaus geboren, in Münster studiert, seit April 2016 bei Lensing Media. Mag es, Menschen in den Fokus zu rücken, die sonst im Verborgenen agieren.
