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Über 25 Meter und acht Achsen: Warum Franz-Josef Dues auf Gigaliner setzt
Gigaliner
Franz-Josef Dues (64) setzt auf die ganz großen Laster: Über 25 Meter lang sind seine Gigaliner. Für den Spediteur aus Wessum eine Chance zur Spezialisierung. Und zum Umweltschutz.
Lang-Lkw, Gigaliner – als diese Begriffe aufkamen, war der Aufschrei groß: Von einer Verkehrsgefahr und einem Schaden für die Umwelt war die Rede. Für Franz-Josef Dues aus Wessum nicht zu verstehen. Seit der ersten Stunde hat der Wessumer Spediteur die Fahrzeuge im Einsatz. Und ist rundum zufrieden.
Inzwischen sind alle Autobahnen in Deutschland und viele Kilometer Landstraße für die knapp über 25 Meter langen Gespanne zugelassen. Der Gigaliner ist im verkehrstechnischen Alltag angekommen, aber immer noch ein seltenes Bild.

Franz-Josef Dues (64) ist gerne mit dem langen Lkw unterwegs. "Der fährt sich ruhiger als ein Gliederzug", sagt er. Der lange Zug ist für sein Unternehmen im Verkehr zwischen zwei Paketdepots ideal. © Stephan Rape
Franz-Josef Dues sitzt am Steuer eines seiner Lang-Lkw. Von Wessum geht die Fahrt in Richtung Nordtangente. Der Kreisverkehr dort könnte für den Lkw eng werden. Franz-Josef Dues schüttelt den Kopf. „Das ist überhaupt kein Problem“, sagt der Spediteur aus Wessum. Zielsicher steuert er die Mitte des Kreisverkehrs an, schlägt dann mit einer Hand das Lenkrad ein und zirkelt den über 25 Meter langen Lastwagen zielsicher über die Kreisbahn.
Im Spiegel verfolgt er, wie erst der Motorwagen, dann der Dolly (die Brücke zwischen Motorwagen und Sattelschlepperauflieger) und schließlich der hintere Auflieger ganz entspannt durch den Kreisverkehr rollen. „Ich sag‘s doch: Gar kein Problem“, ruft der 64-Jährige grinsend.

Nadelöhr Kreisverkehr? Nein: Der Lang-Lkw entspricht dem sogenannten BO-Kraftkreis und hat daher auch in Kreisverkehren kein Problem. Strecken, auf denen die langen Fahrzeuge unterwegs sein sollen, müssen aber vorher beantragt und in eine Liste aufgenommen werden. © Stephan Rape
Als er 2018 mit dem ersten Lang-Lkw, einem sogenannten Gigaliner, geliebäugelt hat, war die Kritik an den langen Maschinen noch deutlich lauter. Gefährlich, umweltschädlich, eine Entwicklung in die falsche Richtung, waren Argumente gegen die langen Lastwagen. Franz-Josef Dues hat trotzdem auf die langen Lkw mit ihren acht Achsen gesetzt.
Inzwischen hat er in seiner Spedition DTG in Wessum fünf der überlangen Lastwagen im Einsatz. Ein sechster sei in Planung. Auf Dauer sollen es vielleicht zehn Fahrzeuge werden. Bei momentan 20 Lastwagen, die für die Spedition DTG fahren, also ein klar auf Wachstum ausgelegter Kurs.
Fracht muss langfristig auf die Schiene – bis dahin helfen die Lang-Lkw
„Natürlich müssen wir langfristig mit der ganzen Fracht auf die Schiene“, erklärt er. Das sei ja nicht nur eine Frage des Umweltschutzes sondern auch ganz einfach der Kosten. Doch bis es soweit ist, vergehe noch viel zu viel Zeit.
„Ich werde das wohl nicht mehr erleben“, sagt der 64-Jährige. Genau wie die Einführung alternativer Energien für den Frachtverkehr. „Ich glaube fest daran, dass Wasserstoff und die Brennstoffzelle die Zukunft sind“, erklärt er. Auch das sei aber noch ferne Zukunftsmusik. Bis dahin brauche es andere Konzepte. Und da sei der Lang-LKW eben eines.

An den Motorwagen wird kein Anhänger mit Deichsel, sondern ein Dolly mit einem Sattelauflieger angekuppelt. Der Gigaliner oder Lang-LKW kommt so auf stolze 25,25 Meter zugelassener Gesamtlänge. Ein normaler Sattelschlepper ist 16,5 Meter, ein Gliederzug 18,75 Meter lang. Für alle drei LKW-Typen gilt allerdings das Maximalgewicht von 40 Tonnen. © Stephan Rape
Franz-Josef Dues macht eine grobe Rechnung auf: „Der Lang-LKW ist gegenüber einem herkömmlichen Fahrzeug in der Anschaffung ungefähr 30 Prozent teurer und verbraucht zehn Prozent mehr Treibstoff“, erklärt er. Dafür könne er aber auch 30 Prozent mehr Ladung transportieren und spare gleichzeitig 30 Prozent der Schadstoffe ein. „Im Schnitt kann man sagen, dass zwei Fahrten mit dem Lang-LKW drei Fahrten mit einem normalen Sattelschlepper ersetzen“, erklärt er.
Für Lang-Lkw gelten feste Routen
Bei DTG sind die Lang-LKW auf festen Routen unterwegs. Von einem Paketdepot zum nächsten. Gerade diese eher leichte dafür aber voluminöse Fracht sei ideal für einen Lang-LKW. „Wir haben ja weiterhin die Beschränkung auf 40 Tonnen Maximalgewicht“, erklärt der Spediteur. Die könne er durch den langen LKW jetzt für Pakete aber auch ausnutzen. In einem normalen Sattelschlepper bringe er nur 28 Tonnen unter.
Dabei seien sie sogar besser für die Straßen. „Die Belastung pro Achse ist ja geringer“, rechnet der Wessumer vor. Die Maximallast von 40 Tonnen verteile sich schließlich auf drei Achsen mehr als bei einem normalen Lkw.
Auch wenn sich der Lang-Lkw ganz entspannt fahren lasse, für die Fahrzeuge gelten besondere Regeln. Abseits der Autobahnen, die mittlerweile bundesweit freigegeben sind, dürfen sie nur auf einer Auswahl von Straßen fahren.
„Jeden Weg muss man beantragen, er wird dann in eine Positivliste eingetragen“, erklärt Franz-Josef Dues. Beispielsweise vom Hof seiner Spedition am Bahndamm in Wessum kommt er über die Nordtangente und die Ahauser Landstraße bis zur A31.
Rückfahrkamera und Abbiegeassistenten für die Sicherheit
Was ihn ärgert: Die Lang-Lkw seien zu Beginn der Einführung unnötig schlecht gemacht worden. Initiativen wie die Allianz pro Schiene hätten sie als Gefahr für die Straße bezeichnet.
„Dabei sind diese Lastwagen nicht gefährlicher als die normalen. Eher im Gegenteil“, erklärt Franz-Josef Dues und deutet auf mehrere Bildschirme im Führerhaus des MAN. Rückfahrkamera und Abbiegeassistent zeigen dem Fahrer die direkte Umgebung der langen Maschine.

Spiegel und Abbiegeassistent sorgen für Übersicht und Sicherheit. "Ich möchte nachts ruhig schlafen können", sagt der Wessumer Spediteur Franz-Josef Dues. Das volle Sicherheitspaket und gut ausgebildete Fahrer sind für ihn deswegen selbstverständlich. © Stephan Rape
„Ich will nachts ruhig schlafen können“, sagt Franz-Josef Dues. Deswegen sei es für ihn überhaupt keine Frage, in die Sicherheit seiner Fahrzeuge zu investieren. Auch die Lkw mit normaler Länge im Betrieb sind deswegen alle mit Abbiegeassistenten ausgestattet. „Allein schon, um die Fahrer zu schützen“, erklärt er. Die seien schließlich nach einem Unfall auch völlig traumatisiert.
Bevor ein Fahrer sich ans Steuer des Lang-Lkw setzen darf, braucht er mindestens fünf Jahre Erfahrung und eine zusätzlich Schulung. „Das Wichtigste ist, dass man rücksichtsvoll fährt“, sagt Franz-Josef Dues.
Für Elefantenrennen oder aggressive Fernfahrer hat er kein Verständnis. „Das bringt doch niemandem etwas“, sagt er kopfschüttelnd. Für die Gigaliner kommt das ohnehin nicht in Frage: Für sie gilt Überholverbot.
Sicherheit und Vorsicht seien Unternehmensphilosophie. Offenbar mit Erfolg: „Nächstes Jahr feiern wir 40-jähriges Bestehen. In dieser Zeit hatten wir drei schwerere Unfälle. Aber alle ohne Personenschäden“, sagt Franz-Josef Dues stolz. Das soll sich auch mit den langen Lkw nicht ändern.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
