
© Leonie Sauerland
Impfungen für Wahlhelfer: Missbrauch des Ehrenamts für Priorisierung?
Coronavirus
Wahlhelfer für die Bundestagswahl im September können sich ab Mittwoch (23. Juni) im Velener Kreisimpfzentrum impfen lassen. Aber wird das Ehrenamt jetzt für eine Priorisierung missbraucht?
Die Impfpriorisierung ist seit dem 7. Juni aufgehoben. Es wird also eigentlich nicht mehr danach geschaut, ob eine Person in die drei Risiko-Kategorien fällt. Und doch hält das Land NRW in Impfzentren vorerst an der Priorisierung fest.
Auch steht nicht unbegrenzt Impfstoff zur Verfügung. Beginnt darum jetzt im Kreis Borken der Run auf die Wahlhelferstellen für die Bundestagswahl im September? Immerhin gehören die ehrenamtlichen Wahlhelfer laut Corona-Impfverordnung zur Prio-Gruppe 3.
Damit können sie sich ab Mittwoch (23. Juni) mit dem Re-Start der Erstimpfungen im Velener Kreisimpfzentrum ihre Impfungen abholen. Eine, auf die sie sonst unter Umständen noch deutlich länger warten müssten. Und: Was, wenn Personen nach der Impfung einfach wieder abspringen von ihrem Ehrenamt? Nachfrage beim Kreis Borken.
Hunderte Wahlhelfer im Kreis Borken
1570 Personen werden auf Kreisebene bei der anstehenden Bundestagswahl als Wahlhelfer im Einsatz sein, berichtet Dr. Elisabeth Schwenzow vom Verwaltungsvorstand des Kreises. Und wie viele von ihnen haben signalisiert, das Impfangebot nutzen zu wollen?
„Bei einer ersten Abfrage bei den Kommunen im Mai waren es 800 Impfwillige“, berichtet Schwenzow. Das war allerdings zu einem Zeitpunkt, als die Impf-Priorisierung noch nicht aufgehoben war. „Alle Kommunen haben jetzt ihre Wahlhelferinnen und Wahlhelfer benannt. Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl 800 noch deutlich nach unten reduziert.“
Kreis hat Abfrage gestartet
Eine Abfrage dazu hat der Kreis bereits gestartet. Aus einer Kommune aus dem MLZ-Verbreitungsgebiet gebe es auch bereits eine Rückmeldung, wie Elisabeth Schwenzow sagt. Von den dortigen 50 Wahlhelfern seien drei an einer „Wahlhelferimpfung“ interessiert. Eine geringe Quote. Woran liegt das?
„Wir kommen beim Impfen hier im Kreis gut voran, was uns sehr freut“, so Schwenzow. Aktuell (22. Juni) liegt die Quote der Erstimpfungen bei knapp 58 Prozent. Vollständig geimpft sind bereits 38,54 Prozent. „Viele Wahlhelfer haben so schon auf anderem Wege ihre Impfung erhalten.“
Befürchtungen vor Ehrenamts-Missbrauch?
Und selbst bei der Erstabfrage hätten nur wenige Wahlhelfer im Kreis angegeben, dass sie wegen der Impfung das temporäre Ehrenamt ausüben möchten. „Wir haben ehrlich gesagt auch keine großen Befürchtungen eines Missbrauches. Das sehen wir nicht kommen“, stellt Elisabeth Schwenzow klar.
Dies ist aber beispielsweise in Berlin hundertfach passiert. Wahlhelfer meldeten sich bei der Stadt, holten sich ihre Impfung ab und traten dann prompt wieder von ihrem Ehrenamt zurück. Wahlhelfer sein? Nein danke. Eingegangene Verpflichtung? Egal.
Im Fall der Fälle muss Kommune handeln
In Einzelfällen könne man so etwas natürlich auch im Kreis Borken nie in Gänze ausschließen, räumt Schwenzow ein, aber: „Hier bei uns auf dem Land sieht man sich immer zweimal. Nein, ich habe da keine großen Bedenken.“
Und kommt es doch dazu, dass Wahlhelfer eine Impfung über die Priorisierung erhalten und dann abspringen, muss die jeweilige Kommune handeln. Denn dabei handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem dreistelligen Bußgeld geahndet werden kann.
Genügend Impfstoff für Wahlhelfer vorrätig
So weit die Theorie. Fakt ist, dass der Kreis genügend Impfkontingente für die Wahlhelfer frei hat, wie Elisabeth Schwenzow sagt. Dabei handele es sich ausschließlich um das Vakzin Biontech. Der einfache Grund: Das Kreisimpfzentrum muss für Erstimpfungen jenen Impfstoff nutzen, den das Land liefert.
So stehen dem Kreis Borken für die jetzt wieder startenden Erstimpfungen in der 25. Kalenderwoche 1.758 und in der Woche vom 28. Juni bis 4. Juli 3.302 Biontech-Impfdosen zur Verfügung. Ausgenommen davon sind natürlich Restbestände anderer Impfstoffe für Zweitimpfungen.
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
