Graeser: Wir fühlen uns wie auf einem Pulverfass

Ölaustritte in Epe

Auf der Weide grasen friedlich die Kühe, daneben eine Gänseschar. Vor dem Hof im Graeser Brook stehen mächtige Eichen, seit fast 150 Jahren. Noch tiefer ist nur die Familie Könning hier verwurzelt. Bezeugt seit 1827. Ein Idyll. Doch Hofinhaber Bernhard Könning sagt: „Ich habe das Gefühl, wir sitzen hier auf einem Pulverfass.“

GRAES/EPE

, 05.06.2014, 20:37 Uhr / Lesedauer: 2 min
Blicken mit Sorgen in die Zukunft: Philipp Könning, Vater Bernhard Könning und Nachbar Clemens Witte; im Hintergrund: die Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen (SGW), die Betreiberin der Ölkavernen.

Blicken mit Sorgen in die Zukunft: Philipp Könning, Vater Bernhard Könning und Nachbar Clemens Witte; im Hintergrund: die Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen (SGW), die Betreiberin der Ölkavernen.

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Bis zum 12. April. Über 3000 Kubikmeter Wasser-Öl-Erdgemisch treten in den Wochen danach zutage und müssen abgesaugt werden. Tag für Tag sieht Familie Könning die weißen Lastwagen auf der Kreisstraße 25 vorbeifahren, die 8000 Kubikmeter verseuchter Erde zu Sondermülldeponien fahren. Die Experten scheinen lange ratlos, können das unterirdische Leck nicht orten. Von der SGW, von der Bezirksregierung und auch von der Stadt Ahaus fühlt sich Bernhard Könning allein gelassen. „Da kam keine klare Ansage.“ Und mit jedem Tag der Ungewissheit wachsen die Sorgen.

Vor einer Woche endlich wird eine Leckage im Zuleitungsrohr der Kaverne ausgemacht. Ein kleiner Lichtblick. Doch Bernhard Könning sagt: „Wir sind nicht wirklich beruhigt.“ Zu viele Fragen bleiben offen: „Die Ursache ist immer noch nicht bekannt. Wir wissen nicht, was noch alles auf uns zukommt. Das war nur die Spitze des Eisbergs.“ Mit am Esstisch im Wohnzimmer der Könnings sitzen Ehefrau Mechthild und zwei der drei Söhne. Sie schalten sich ins Gespräch ein: „Es ist ja gar nicht klar, wie viel Boden verseucht ist, und wie das alles saniert werden soll“, sagt Mechthild Könning. „Da kann ja noch jede Menge Öl im Boden versteckt sein“, ergänzt David (15). Und Philipp (16) sorgt sich um die anderen, noch intakten Öl- und Gaskavernen: „Das Material wird ja älter. Die könnten auch noch undicht werden.“ In ihrem Freundeskreis ist das Ölleck ein großes Thema. „Mit den Nachbarjungs waren wir am Montag bei der Versammlung der Interessengemeinschaft Kavernenfeld.“

In der IG haben sich vor allem Anlieger aus Epe zusammengeschlossen. Dort hörten Philipp und David von Bodenabsenkungen, die beobachtet worden seien. Eine beunruhigende Entwicklung, finden die beiden. Die Graeser sollten jetzt verstärkt in der IG mitmachen, meint Bernhard Könning. Bislang war die Gemeindegrenze offenbar noch eine Hürde. Zu Besuch bei den Könnings ist auch Clemens Witte. Seit vielen Jahren ist er Landschaftswart in Graes. Um die Anpflanzung von 800 Obstbäumen hat er sich gekümmert. Er achtet darauf, dass Ackerrandstreifen erhalten bleiben und wilde Müllkippen beseitigt werden. „Aber das sind ja nur Kleinigkeiten im Vergleich mit der Ölbedrohung“, sagt er. Er hat sich dafür eingesetzt, dass im 2000-Meter-Radius um die Kaverne alle zwei Tage das Brunnenwasser kontrolliert wird. Auch bei den Könnings.

Was muss jetzt weiter geschehen? „Ein Patentrezept gibt es nicht“, weiß Könning. „Aber die Verantwortlichen müssen einen klaren Schlachtplan entwerfen. Und der muss öffentlich gemacht werden.“ Das Öl im Venn wird am Wochenende auch auf dem Schützenfest in Graes ein großes Thema sein. „Aber wir werden auch feiern“, sagt Bernhard Könning. Schwarzmalen will er nicht. Und im Graeser Brook will er auf jeden Fall bleiben. „Bis zum Lebensende“. Schließlich sind seine Vorfahren vor 187 Jahren auch die ersten Siedler hier gewesen.

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