Für viele Deutsche ist er selbstverständlich, aber für Walid Sheikh Daher und seine vier Töchter bedeuten der deutsche Pass und die dazugehörige Einbürgerungsurkunde einen unschätzbar wichtigen Schritt in eine sichere Zukunft.
Gemeinsam mit drei weiteren Familien, die in Ottenstein ihr neues Zuhause gefunden haben, haben der gebürtige Syrer und seine vier Töchter vor Kurzem ihre Papiere entgegengenommen. Um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen, mussten die fünf einige Hürden nehmen.
Die Familie stammt aus Damaskus, der Hauptstadt Syriens mit ehemals fast zwei Millionen Einwohnern. Dass der kleine Ort Ottenstein einmal zur Heimat für die Familie werden würde, ahnte Walid Sheikh Daher vor Beginn des Krieges in Syrien 2011 noch nicht.
Vor acht Jahren kam der Syrer mit seiner Frau Etab Al Daas und den drei ältesten Töchtern nach Deutschland. Eine langwierige Odyssee mit Aufenthalten in verschiedenen Lagern, immer auf der Flucht vor dem Krieg und in eine ungewisse Zukunft. „Es war am Anfang ganz schwierig, weil wir die Sprache nicht konnten“, erinnert sich der Vater von vier Kindern an die ersten Schritte in der neuen Heimat Deutschland.
Ottensteiner Flüchtlingshilfe
Zur Seite gestanden haben der Familie seit ihrer Ankunft in einem Container-Camp in Ottenstein im Jahr 2015 die Freiwilligen der örtlichen Flüchtlingshilfe. Eine herausfordernde und stressige Zeit, wie sich Waltraud Winter erinnert. „Wir haben dann gesehen, dass wir die Leute in Wohnungen hinein kriegten und dass sie auch Möbel bekommen“, sagt die Flüchtlingshelferin.
Dankbar ist Waltraud Winter den Ottensteiner Bürgern dafür, dass sie sich mit Sachspenden engagiert haben, um den Neuankömmlingen eine Erstausstattung ihrer Wohnungen zu ermöglichen. Ein dauerhafter, fester Wohnsitz ist nämlich nur eine der Voraussetzungen für eine Einbürgerung.

Walid Sheikh Daher hatte sich zum Ziel gesetzt, die Einbürgerung zu schaffen. Er arbeitete hart auf sein Sprachzertifikat B2 hin. „Wir mussten Sprachkurse machen, aber es gab keine Lehrer“, erinnert er sich an die Schwierigkeiten zu Anfang. So kam es, dass die Ottensteiner Flüchtlingshilfe selbst in den ersten eineinhalb Jahren Lerngruppen im Haus Hoppe organisierte. Auch seine Ehefrau Etab begann mit einem Sprachkurs, den sie jedoch noch nicht zu Ende geführt hat. Die Familie hofft nun, dass es beim nächsten Versuch klappt.
Walid Sheikh Daher hat inzwischen das Zertifikat „Deutsch als Fremdsprache B2“ längst in der Tasche und auch den Einbürgerungstest mit Erfolg bestanden, der ihm das „Zertifikat Leben in Deutschland“ eingebracht hat. Dafür musste er 33 knifflige Fragen zu Politik, Gesellschaft und deutscher Geschichte beantworten, willkürlich ausgewählt aus einem Gesamtfragenkatalog von 300 bundesweiten und 160 NRW-spezifischen Fragen. Doch auch das reichte noch nicht, um endlich die Einbürgerungsurkunde zu bekommen.
Denn um einen deutschen Pass zu bekommen, musste der Familienvater auch einen festen Arbeitsplatz nachweisen. „Ich hatte zuerst ein Praktikum bei einer Firma gemacht, aber das hat mir nicht gefallen“, erklärt er. Inzwischen hat der gebürtige Syrier bei der Münsterland Zeitung in Ahaus eine Anstellung gefunden.
Seit 2019 war er zunächst als Zeitungs- und Briefzusteller täglich in seinen Bezirken unterwegs. Inzwischen kümmert er sich als Sonderbote darum, dass die Zustellung der Münsterland Zeitung rund um Ahaus klappt und springt überall da ein, wo Not am Mann ist, wenn mal ein Kollege ausfällt.
Große Pläne für die Zukunft
Die Familie ist inzwischen in Deutschland und ihrem neuen Heimatort gut integriert. Die kleine Bayan, die in Ahaus zur Welt gekommen ist, geht seit Kurzem in die erste Klasse der Burgschule. „Ich will später mal Polizistin werden“, sagt sie voller Selbstvertrauen.
Zwei ihrer drei älteren Schwestern hatten vor der Flucht in Damaskus schon eine Schule besucht. Nun gehen zwei der Mädchen in Ahaus auf die Irena-Sendler-Gesamtschule. Ayaat, die Älteste, besucht das Berufskolleg Lise Meitner, wo sie gerade ihr Abitur macht. Sie hat klare Vorstellungen von ihrer Zukunft: „Ich möchte später Sozialarbeit studieren und vorher eine Ausbildung zur Erzieherin machen“.
Im Gesundheitswesen möchte ihre jüngere Schwester Shahad später einmal Fuß fassen. Im Moment geht sie in die zehnte Klasse und hat sich ebenfalls fest vorgenommen, ihr Abitur zu machen. Und danach? „Ich möchte OP-technische Assistentin werden. Oder ich studiere nach dem Abi Medizin und werde Chirurgin“, verrät sie ihre Pläne.
Ganz ähnlich geht es der Achtklässlerin Alaa. Nach dem Abitur will sie auch Medizin studieren, wenn das möglich ist. „Wenn das nicht klappt, will ich Assistentin bei einem Arzt werden“, sagt sie. Die Zukunft steht den Töchtern von Walid Sheikh Daher offen. Eine Zukunft in Frieden und Sicherheit. Mehr kann sich ein Vater für seine Kinder kaum wünschen.
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