Die Politik hat erneut über das Großprojekt "Mensa am Josef-Cardijn-Haus" beraten. Vor allem die Schülerinnen und Schüler würden sich freuen, wenn alles ein bisschen schneller gehen würde.

© Grafik Schwarze-Blanke

Erneute Analyse: Geplante Mensa am AHG „nicht überdimensioniert“

rnAusschuss

Eigentlich hatte die Lokalpolitik das 4,5-Millionen-Projekt „Mensa am Josef-Cardijn-Haus“ schon auf den Weg gebracht. Nun wurde aber erneut darüber diskutiert – teils hitzig und emotional.

Ahaus

, 16.04.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Der Neubau der Mensa am Josef-Cardijn-Haus war der erste Punkt in der Doppel-Sitzung von Schul- und Bauausschuss, aber gleichzeitig der mit Abstand am längsten und intensivsten diskutierte. Keine Überraschung. Schon im Vorfeld gab es von verschiedenen Seiten Spitzen in Richtung der CDU, auf deren Antrag das Thema überhaupt erst wieder auf der Tagesordnung stand.

Denn eigentlich schien die Sache klar: Im Dezember 2019 beschloss der Ahauser Rat, in dem die CDU auch schon damals die stärkste Fraktion bildete, dass das Großprojekt auf den Weg gebracht wird. Die dafür veranschlagten rund 4,5 Millionen Euro sah man als gut angelegtes Geld an. Daher traf der Antrag der Christdemokraten, die Planungen mit Blick auf Corona und (möglicherweise) rückläufige Essensbestellungen noch einmal neu zu bewerten sowie eventuell nötige Anpassungen vorzunehmen, nicht überall auf Verständnis. Vor allem bei den betroffenen Schulen befürchtete man weitere Verzögerungen. Aber der Reihe nach.

Geplante Lösung „Win-Win-Situation“

Beatrix Wantia (CDU), Vorsitzende des Schulausschusses, blickte zunächst in den Rückspiegel. „Fast genau vier Jahre ist es her, dass das Thema zum ersten Mal besprochen wurde. Der Standort am Josef-Cardijn-Haus entpuppte sich als ideal. Für das angrenzende Alexander-Hegius-Gymnasium und die Anne-Frank-Realschule ist die geplante Lösung eine Win-Win-Situation.“ Gerade mit Blick auf den immer größer werdenden Bereich des Ganztagsbetriebs. Gleichzeitig zeigte sie auch Verständnis für den Antrag ihrer eigenen Fraktion. „Eine Mensa dieser Größe wird nicht jeden Tag gebaut. Deshalb ist es nachvollziehbar, alles noch einmal unter die Lupe zu nehmen zu wollen.“

So könnte die neue Mensa am Josef-Cardijn-Haus zukünftig aussehen.

So könnte die neue Mensa am Josef-Cardijn-Haus zukünftig aussehen. © Tenhündfeld Architekten GmbH

Werner Leuker, Beigeordneter der Stadt Ahaus, präsentierte die Ergebnisse der Analyse. Der Blick der Verwaltung richtete sich dabei vor allem auf die Entwicklung der Schülerzahlen. „Ein bunter Blumenstrauß an Faktoren spielt dabei eine Rolle. Nicht nur die demografische Entwicklung, sondern auch der Umstand, dass es mittlerweile an sieben verschiedenen Schulen möglich ist, die Allgemeine Hochschulreife zu erlangen“, so Leuker. Auch das Alexander-Hegius-Gymnasium (AHG), als potenzieller Hauptnutzer der geplanten Mensa, habe nach dem Ende der Sekundarstufe I mit Abgängen an die Berufskollegs zu kämpfen.

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Die präsentierten Zahlen unterstützten diese These. Während vor zehn Jahren noch 140 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang die Oberstufe des AHG besuchten, sind es mittlerweile zwischen 80 und 90. In den nächsten Jahren pendle sich diese Zahl laut Analyse in diesem Bereich ein. Auch bei den Gesamtschülerzahlen ist die Tendenz beim Gymnasium eindeutig: 1212 Schüler besuchten im Schuljahr 2013/2014 das AHG, aktuell sind es „nur“ noch 758. Aber auch hier sollen die Zahlen in den nächsten Jahren weniger Schwankungen unterliegen. Die von manchen schon totgesagte Form der Realschule erlebt hingegen eine Renaissance. Die Gesamtschülerzahl liegt hier konstant bei 900, was sich zumindest bis zum Jahr 2026/2027 aller Voraussicht nach nicht ändern wird.

Pläne für Mensa „nicht überdimensioniert“

Doch wie viele Schülerinnen und Schüler würden eine Mensa überhaupt zukünftig nutzen? Eine wichtige Frage, auf die Werner Leuker aber keine abschließende Antwort geben konnte. „Wenn wir auf die Vergangenheit schauen, sehen wir, dass je älter die Schüler werden, desto seltener nutzen sie das Mensaangebot.“ Große Unterschiede gebe es bei der Essensbestellung auch an langen und kurzen Unterrichtstagen. Berücksichtigen müsse man aber auch, dass man in der Mensa auch Platz für diejenigen vorsieht, die ihr Essen selbst mitbringen.

Werner Leuker zog das Fazit, dass die in Hauptvariante 1 (250 bis 290 Plätze plus Bistro) und Hauptvariante 2 (460 bis 480 Plätze plus Bistro) vorgesehene Größe für die Mensa am Josef-Cardijn-Haus nicht überdimensioniert sei. „Das zeigt auch der Blick auf vergleichbare Projekte in anderen Orten“, so der Beigeordnete. Sein Appell – der wohl vor allem in Richtung CDU zielte – fiel deutlich aus: „Wenn wir eine kostengünstige, unattraktive und eigentlich zu kleine Mensa bauen, wird sie nicht wertgeschätzt. Das wäre eine fatale Fehlentscheidung.“

Sein Kollege Thomas Hammwöhner, Technischer Beigeordneter der Stadt, pflichtete ihm bei und erklärte: „Natürlich gibt es Einsparungspotenziale. Aber wenn wir die Kosten wirklich drücken wollen, geht es zulasten der Architektur.“ Gleichzeitig versprach er den Gremien höchste Transparenz bei den weiteren Schritten.

Scharfe Kritik am Vorstoß der CDU

Gisa Müller-Butzkamm (Die Grünen) eröffnete die anschließende Diskussion: „Die Mensa ist ein Ort des sozialen Lernens. Einsparungen sind sicherlich etwas Schönes, aber nicht auf Kosten von Architektur, Aufenthaltsqualität oder Ökologie.“ Dr. Michael Räckers (CDU) stimmte ihr zunächst zu: „Es ist gut und wichtig, dass wir einen mittleren bis hohen einstelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen.“

Gleichzeitig rechtfertigte er aber auch den Vorstoß seiner Fraktion: „Der Beschluss ist fast eineinhalb Jahre her, Corona ist allgegenwertig. Wir sollten prüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind und die hier präsentierten Zahlen kritisch prüfen.“ Nur so könne man seriös und abgesichert die nächsten Schritte gehen.

Widerspruch kam von der UWG. Zunächst erklärte Annegret Heijnk: „Es ist höchste Zeit, dass am AHG etwas passiert. Wenn wir weiter zögern, galoppieren uns die Kosten noch weiter davon.“ Dann legte Renate Schulte nach: „Eltern und Lehrer sind sehr frustriert über den Antrag der CDU. Wenn ich mir die Berechnungen anschaue, bestätigen sie unsere Entscheidung aus dem Dezember 2019. Da stelle ich mir die Frage: Hat das AHG bei der CDU keine Lobby?“

Emotionale Gegenrede von den Christdemokraten

Ein Vorwurf, den die Christdemokraten nicht auf sich sitzen ließen. In einem emotionalen Statement erwiderte Michael Räckers: „Ich hätte gedacht, dass das Wahlkampfgeplänkel mittlerweile vorbei ist. Die Diskussion jetzt auf eine persönliche Ebene herunterzuziehen, hilft niemandem weiter. Auch meine Tochter geht zum AHG und natürlich hat die Schule bei uns eine Lobby.“ Dass der Antrag der CDU den Bau verzögere oder die Kosten in die Höhe treibe, wies er ebenfalls von seiner Fraktion. „Unser Beschluss liegt deutlich über ein Jahr zurück und bis heute liegt kein Stein auf dem anderen. Das liegt nicht an uns.“

Doch wann geht es denn nun los? Thomas Hammwöhner dazu: „Möglichst Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres. Wenn der Zug einmal auf der Schiene ist und wir geradeaus fahren können, geht alles deutlich zügiger.“ Beim Thema der Kosten ergriff Bürgermeisterin Karola Voß das Wort: „Ich möchte niemandem Sand in die Augen streuen. Es kann sein, dass es teurer wird. Ich würde aber immer dafür werben, es vernünftig zu machen.“

Am Ende stimmten die Mitglieder beider Ausschüsse einstimmig dafür, das Projekt auf den Weg zu bringen. An den Bauausschuss wurde der Auftrag delegiert, die Kosten intensiv zu kontrollieren.