Modellprojekt verschoben: Betriebe zwischen Enttäuschung und Verständnis
Modellregion Ahaus
Die Stadt Ahaus wird vorerst nicht zur Modellregion. Unter anderem für Gastronomie und Einzelhandel ein weiterer Rückschlag. Trotzdem ist der Blick auf die Lage sehr differenziert.

Andre Schroer, Niederlassungsleiter von Profil Menswear in Ahaus, sorgt sich zum den Einzelhandel. Er befürchtet harte Restriktionen durch die sogenannte Bundes-Notbremse. © Johannes Schmittmann
Die Nachricht, dass Ahaus zur Modelkommune werden würde, war so etwas wie das Licht am Ende des Tunnels. Die von der Krise so gebeutelten Gastronomen, Kino-Betreiber und Einzelhändler schöpften neue Hoffnung. Seit Dienstag ist klar: Aus dem Modellprojekt Ahaus wird erst einmal nichts. Die Inzidenz im Kreis Borken ist zu hoch. Am Freitag spricht die Stadtverwaltung mit dem NRW-Wirtschaftsministerium darüber, wie es weitergeht.
Ernüchterung auch bei Claudia Platte, Geschäftsführerin von Ahaus Marketing und Touristik (AMT): „Natürlich haben sich alle darüber gefreut, dass Ahaus jetzt zur Modellstadt wird.“ Neben Enttäuschung gebe es auch aber auch Verständnis. „Die Einzelhändler können die Verzögerung nachvollziehen. Mit Blick auf die Pandemie haben wir ja auch eine Verantwortung.“
Ungewissheit bereitet Kopfzerbrechen
Andre Schroer, Niederlassungsleiter von „Profil Menswear“ in der Ahauser Innenstadt, bereitet vor allem die Ungewissheit Kopfzerbrechen. „Es ist wie Roulette. Was freitags gilt, ist montags schon wieder überholt. Ich habe mir angewöhnt, nur noch mit dem Schlimmsten zu rechnen.“ Sorgen bereitet ihm weniger das verschobene Modellprojekt als vielmehr die „Bundes-Notbremse“.
Sollte die in Kraft treten, müsste nicht nur sein Geschäft ab einer Inzidenz von 100 wieder komplett schließen. Auch das Einkaufen mit Terminvergabe wäre im Einzelhandel nicht mehr erlaubt. „Das wäre sehr ärgerlich, denn wir machen wirklich alles, um unseren Kunden möglichst große Sicherheit zu Gewährleisten“, so Schroer und zählt auf: „Luca-App, negativer Schnelltests, regelmäßiges Lüften, Masken, begrenzte Kundenzahl...“
Eiscafé-Besitzer betrachtet Lage differenziert
Sehr differenziert sieht die Lage Donato Masella vom Eiscafé San Remo: „Ich hätte lieber gestern als heute geöffnet, aber man muss auch realistisch bleiben. Jeder sieht, wie hoch die Zahlen im Kreis sind. Das ist ein großes Problem.“ Für ihn sei das Hin und Her das Schlimmste. „Wenn wir Montag gestartet wären, hätten wir drei Tage später wieder zumachen können. Als Gastronom braucht man aber eine gewisse Sicherheit.“ Allein schon für den Einkauf der (frischen) Zutaten.

Donato Masella vom Eiscafé San Remo, hier ein Foto aus dem Vorjahr, würde gerne wieder öffnen. Aber er wünscht sich eine echte Perspektive. © Stephan Rape
Donato Masella plädiert daher für einen kurzen, harten Lockdown. „Dann aber richtig und einheitlich. Nicht nach dem Motto: Bei Lidl, Aldi oder DM gibt es kein Corona“, sagt er. Wenn die Infektionszahlen dann einmal wirklich gesunken sind, könne man mit einer echten Perspektive öffnen.
Wie es nicht geht, zeigt ein Blick auf Masellas Heimat. In Apulien wurde vor wenigen Wochen kurzzeitig fast alles geöffnet: Bars, Restaurants, Geschäfte. Konsequenz: Die Zahlen schossen durch die Decke und alles musste wieder rückgängig gemacht werden. „Jetzt gibt es ab 19 Uhr eine Ausgangssperre und wenn man auf die Straße geht, braucht man eine Bescheinigung“, berichtet der Eiscafé-Besitzer. Etwas, das er in Ahaus und Deutschland unbedingt verhindern möchte.