Corona-Schnelltests: Mehr Sicherheit für Bewohner, Mitarbeiter, Besucher
Coronavirus
Schnelltests für alle Pflegeeinrichtungen sind eine neue Strategie. Klar ist: Die Einrichtungen müssen sich die Tests selbst besorgen: Die Refinanzierung werfe Fragen auf, so die Caritas.

Das Seniorenheim Holthues Hoff in Ahaus gehört auch zu den Einrichtungen, die der Caritasverband Ahaus-Vreden betreibt. Auch dort warten alle gespannt auf die Schnelltests und die Regelungen zum Umgang damit. © Markus Gehring
Die neue Nationale Teststrategie soll seit dem 15. Oktober Bewohner von Pflegeheimen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen besser vor dem Coronavirus schützen. Doch wie genau die Umsetzung aussieht, darüber gibt es noch viele Unklarheiten. Darauf weist der Caritasverband Ahaus-Vreden in einer Pressemitteilung hin.
Träger der Einrichtungen müssen noch Konzepte entwickeln
„Immerhin liegen nun eine Allgemeinverfügung des Landes NRW, sowie ergänzende Informationen des Bundesministeriums vor“, berichtet Matthias Wittland, Vorstand für das Ressort Pflege beim Caritasverband Ahaus-Vreden.
Die Allgemeinverfügung gibt Mindestinhalte vor, die in das Testkonzept aufzunehmen sind. Dazu zählt, wer die Tests durchführt, bei welchen Symptomen die Tests vorgenommen werden, wie sie zu dokumentieren.
„Aktuell bereiten wir ein Testkonzept für unsere Einrichtungen vor“, erklärt Matthias Wittland. Der Caritasverband ist mit Einrichtungen in Ahaus, Wessum, Heek, Südlohn und Gronau vertreten. Das ausgearbeitete Konzept müsse anschließend dem Kreisgesundheitsamt zur Genehmigung vorgelegt werden, so Wittland: Der Caritasverband hat eine erste Charge von 1000 Schnelltests bestellt. „Um im Bedarfsfall direkt loslegen zu können, wenn unser Antrag genehmigt wurde.“
Dabei weist Matthias Wittland darauf hin, dass die Testkontingente reduziert wurden. Zunächst war öffentlich davon die Rede, dass in stationären Einrichtungen pro Bewohner und Monat 50 Testungen möglich seien. „Jetzt sind nur noch maximal 20 Tests pro Monat und Bewohner vorgesehen.“
Für die ambulante Pflege gelte ein Wert von 10 Tests pro Monat und Patient. „Für alle unsere Einrichtungen kommen wir auf einen Wert von bis zu 20.000 Tests pro Monat“, sagt Matthias Wittland.
Testmöglichkeiten, um den Mitarbeitern Sicherheit zu geben
Für den Caritas-Vorstand ist wichtig, dass es mit den Schnelltests nun die Möglichkeit gibt, verunsicherte Mitarbeiter und Bewohner testen zu können. Zwar füllen sie bislang schon einen Screening-Bogen zu möglichen Symptomen aus. „Aber was ist im Falle eines leichten Schnupfens, verbunden mit einem leichten Kratzen im Hals? Jetzt bekommen wir Testmöglichkeiten, um den Mitarbeitern Sicherheit zu geben.“
Das sei bei Besuchern genauso wichtig. Die Schnelltests sind ein weiterer Baustein der schon geltenden Besuchskonzepte. Dazu zählen beispielsweise besondere Besucherräume und vorgegebene Laufwege. Matthias Wittland: „Wir wollen sicherstellen, dass möglichst kein Corona in die Heime und Dienste gebracht wird.“
Allerdings wird dem Caritasverband Ahaus-Vreden diese Aufgabe nicht ganz einfach gemacht: Das Kreisgesundheitsamt sei nicht zuständig, die Tests können auf Antrag von den einzelnen Trägern und Einrichtungen selbst beschafft werden.
Die Refinanzierung soll über den Gesundheitsfonds erfolgen. „Mit einer Deckelung auf sieben Euro pro Test.“ Die Preise für einen Schnelltest bewegen sich derzeit zwischen 6,70 und 9,90 Euro netto, das ergab eine Anfrage des Caritasverbandes bei mehreren Unternehmen.
Schnelltests überall gefragt: Der Markt entwickelt sich gerade erst
„Der Markt entwickelt sich gerade erst“, erklärt Matthias Wittland. Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Erstattung möglicherweise nicht auskömmlich sein werde. „Losgelöst davon stellt sich die Frage, wo die bundesweit erforderliche Menge an Tests herkommen soll.“

Matthias Wittland begrüßt die neue Teststrategie, hat aber auch Kritikpunkte. Zuviel Bürokratie unter anderem. © Caritas
Geklärt ist zumindest die Frage, wer die Schnelltests in den Einrichtungen durchführen darf. „Pflegekräfte, die eingewiesen wurden“, berichtet Matthias Wittland. Dabei muss die Schulung von einem approbierten Arzt oder einer Stelle des öffentlichen Gesundheitsdienstes durchgeführt werden. „Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Fachkraft, die ich eigentlich auf der Station benötige, die Tests durchführen und auswerten muss.“
Dafür seien pro Test etwa 15 Minuten zu veranschlagen. „Das bedeutet, dass pro Tag ein Mitarbeiter für diese zusätzliche Aufgabe gebunden wird.“ „Die Fachkraft fehlt aber in der Pflege.“ Eine Entlastung in diesem Bereich sieht er nicht.
Wofür braucht es einen Antrag - die Bewohnerzahl steht doch fest
Einen weiteren Nachteil erkennt Matthias Wittland im bürokratischen Verfahren. „Wozu bedarf es noch extra eines Antrags, wenn über die Anzahl der Bewohner geregelt ist, wie viele Tests ich pro Monat maximal verbrauchen darf?“ Doch bei einiger Kritik, es gibt auch Vorteile: „Wir können den Menschen schneller Sicherheit geben.“ Das Ergebnis eines Antigen-Schnelltests liege nach 15 Minuten vor.
Auf das Laborergebnis eines PCR-Tests (Polymerase-Kettenreaktion) müsse man zwischen 24 und 72 Stunden warten, je nach Laborauslastung. Der Caritasverband trage seinen Teil zum Gelingen der vom Bund verordneten Maßnahmen vor, erklärt Matthias Wittland. „Entscheidend wird aber sein, wie die praktische Umsetzung zusammen mit der Unteren Gesundheitsbehörde vor Ort läuft.“
Dabei hat das Caritas-Vorstandsmitglied auch die aktuelle Situation in den Pflegeeinrichtungen im Blick. Die 7-Tage-Inzidenz im Kreis Borken hat die 50er-Marke überschritten. Damit gelten weitere Schutzmaßnahmen. Matthias Wittland: „Der Umgang mit den Bewohnern wird noch vorsichtiger. Aber wir möchten Besuche weiter zulassen.“
Eine Phase wie im Frühjahr, als Bewohner komplett isoliert werden mussten, soll es nach Möglichkeit nicht wieder geben. „Die Einrichtungen sollen – so lange es geht – offen bleiben, damit die alten Menschen ihre Kontakte halten können.“