Der Lüntener Gerhard Olbering war nur einer der vielen Akteure beim Friedensfest in Buurse. Grenzüberschreitend hatte die Arbeitsgemeinschaft „77 Jahren Freiheit Buurse-Alstätte-Lünten“ der niederländischen Gemeinde Buurse das besondere Fest zusammen mit den Heimatvereinen aus Alstätte und Lünten vorbereitet.

Der Lüntener Gerhard Olbering war nur einer der vielen Akteure beim Friedensfest in Buurse. Grenzüberschreitend hatte die Arbeitsgemeinschaft „77 Jahren Freiheit Buurse-Alstätte-Lünten“ der niederländischen Gemeinde Buurse das besondere Fest zusammen mit den Heimatvereinen aus Alstätte und Lünten vorbereitet. © Christel Höink

Buurse: Über 700 Menschen feiern Frieden auf beiden Seiten der Grenze

rn77 Jahre Frieden

Das neue Denkmal soll die Erinnerung an die Kriegsopfer wachhalten, ein gemeinsames Fest das Zusammenleben an der Grenze fördern. Über 700 Menschen haben am Sonntag gemeinsam der Kriegsopfer gedacht.

Ahaus, Vreden

, 27.06.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

77 Jahre ist das Ende des Zweiten Weltkriegs her. Wegen der Coronapandemie mit zwei Jahren Verspätung wurde am Sonntag ein Denkmal in Buurse kurz hinter der deutsch-niederländischen Grenze enthüllt, das an die Opfer erinnern soll. Ein Fest, das auf beiden Seiten der Grenze die Menschen tief bewegt hat.

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Als Gerhard Olbering am Sonntagnachmittag ans Rednerpult tritt, werden hunderte Zuhörer beim Friedensfest in Buurse völlig still: Fast 700 Zuhörer hängen gebannt an seinen Lippen: Er erzählt die Kriegs- und Nachkriegszeit an der deutsch-niederländischen Grenze aus seiner ganz eigenen Perspektive. Eine Geschichte, wie es sie so wohl nur in der Grenzregion geben kann: Als kleiner Junge lebt er mit seinen Eltern und den drei Geschwistern in Buurse.

Vater stammt aus Lünten, aber lebte in Buurse

Sein Vater Anton stammt eigentlich aus Lünten, doch zog er nach Buurse, um dort einen Pachthof zu betreiben. Als Deutschland den Zweiten Weltkrieg beginnt, wird er eingezogen – in die deutsche Wehrmacht. Er kommt in den Osten, wird schließlich gefangen genommen.

In einem russischen Gefangenenlager in Odessa am Schwarzen Meer stirbt er am 3. März 1947 an Hungertyphus. Die Nachricht von seinem Tod kommt erst 1948 über einen Heimkehrer aus Wüllen bis ins Westmünsterland.

Ria Hartgerink hat aus dem Buch "Över de Grens" von der Familie Terhürne gelesen. Die Erfahrungen in der Kriegszeit aus Buurse wurden in diesem Buch von ihr aufgeschrieben. Das Buch wurde vorgestellt und an dem Tag verkauft.

Ria Hartgerink hat aus dem Buch "Över de Grens" von der Familie Terhürne gelesen. Die Erfahrungen in der Kriegszeit aus Buurse wurden in diesem Buch von ihr aufgeschrieben. Das Buch wurde vorgestellt und an dem Tag verkauft. © Christel Höink

Noch heute verspürt Gerhard Olbering tiefe Dankbarkeit gegenüber den Menschen aus Buurse: Sie hatten seine Mutter, die im und nach dem Krieg mit vier Kindern und dem Hof alleine dastand, nach Kräften unterstützt. Dass die Gemeinde Buurse seinen Vater nun auch auf der Erinnerungstafel an die Opfer des Zweiten Weltkriegs aufführte, habe seine Familie tief berührt.

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Seine Erinnerungen gehören an diesem Tag zum Friedensfest, das die Arbeitsgemeinschaft „77 Jahren Freiheit Buurse-Alstätte-Lünten“ der Gemeinde Buurse zusammen mit den Heimatvereinen aus Alstätte und Lünten vorbereitet hat.

Zusammenleben an der Grenze ist Alltag, aber nicht selbstverständlich

Für Heinrich Holters, Vorsitzender des Heimatvereins Alstätte, ist die Zusammenarbeit und das Zusammenleben über die Grenze längst Alltag. „Schon kurz nach dem Krieg wurde über die Grenze hinweg sogar schon wieder geheiratet“, sagt er. Die Menschen untereinander hätten an ihrem Zusammenleben festgehalten. „Pragmatisch“, wie er es nennt.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Buurse und Alstätte, Haaksbergen und Ahaus sei ja schon lange eng zusammengewachsen. Und doch sei es etwas ganz besonderes, dass die Vorbereitungen des Festes auf beiden Seiten der Grenze stattgefunden hätten: „Die Buurser sind deswegen extra auf uns zugekommen“, betont er.

Großes Lob für niederländische Arbeitsgemeinschaft

Und er lobt die dortige Arbeitsgemeinschaft ausdrücklich: Sie habe es geschafft, eine große Zuhörerschaft zur Einweihung zu ziehen und echte Begeisterung für das Thema zu wecken. Obwohl die Gefahr ja immer größer werde, dass die direkten Folgen des Krieges und seine Opfer in Vergessenheit geraten.

Das Denkmal an die Opfer des Zweiten Weltkriegs aus Buurse sollte eigentlich schon vor zwei Jahren eingeweiht werden – zum 75. Jahrestag des Kriegsendes. Das hatte die Coronapandemie unmöglich gemacht.

Das Denkmal an die Opfer des Zweiten Weltkriegs aus Buurse sollte eigentlich schon vor zwei Jahren eingeweiht werden – zum 75. Jahrestag des Kriegsendes. Das hatte die Coronapandemie unmöglich gemacht. © Christel Höink

Im Kern des Festes steht die Enthüllung des Denkmals an die Opfer des Zweiten Weltkriegs aus Buurse. Eben des Denkmals, auf dem auch Anton Olbering erwähnt wird.

„Eine tief emotionale, würdige Eröffnung des Denkmals“, nennt es Christel Höink, Vorsitzende des Heimatvereins Lünten, im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch das Fest soll mehr sein, als Erinnerung und Vergangenheit. „Es war überhaupt keine düstere Stimmung“, erklärt sie. Es sei um die enge Partnerschaft quer über die Grenze gegangen.

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Und um die Wertschätzung des Friedens in der Region. „Aktueller könnte das ja gar nicht sein“, sagt Christel Höink und blickt mit großer Sorge auf den Krieg, den Russland in der Ukraine entfesselt hat. Den Bogen zum Krieg dort hatten auch viele Redner am Sonntag gespannt.

Große Freude über gemeinsames Fest

Christel Höink ist einfach nur dankbar, dass die Menschen beiderseits der deutsch-niederländischen Grenze zusammen feiern konnten und durften. Das betont auch Heinrich Holters: „Wir müssen froh darüber sein, wie gut es uns hier doch geht“, sagt er.

Das große Fest war eigentlich für den 75. Jahrestag des Kriegsendes geplant. Die Coronapandemie hatte den Plan jedoch zunichte gemacht.

Die Feier bis zum 80. Jahrestag aufzuschieben, sei für die Buurser Arbeitsgemeinschaft nicht in Frage gekommen. Sie hatten das Denkmal so schnell wie möglich einweihen wollen.

Unabhängig davon sollen zukünftig weitere Projekte grenzübergreifend angegangen werden. Konkrete Planungen dazu gibt es aber noch nicht.

Das Friedensfest am Sonntag hatten die Schlagwerkers von Crescendo Buurse begleitet. Durch das Programm führte Mieke Wilming.

Offizielle Grußworte sprachen der Bürgermeister aus Haaksbergen Jan Hermann Scholten, die Ahauser Bürgermeisterin Karola Voss und der Bürgermeister Vredens, Tom Tenostendarp. Mit Sologesang von Henk Goering und Texten von Gerhard Scholten war die Veranstaltung eröffnet worden.

Der Nachmittag wurde von verschiedenen Musikgruppen beiderseits der Grenze musikalisch begleitet. Auch wurde das Buch „Över de Grenze“ von Ria Hartgerink vorgestellt.