Das Amtsgericht Ahaus befindet sich im Lockdown. Weniger Arbeit fällt für Direktor Benedikt Vieth (r.), Geschäftsleiterin Melanie Simon und Rechtspfleger Nobert Sicking allerdings nicht an.

© Bastian Becker (A)

Amtsgericht im Lockdown: Nicht jede Verhandlung kann verschoben werden

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Auch das Amtsgericht Ahaus befindet sich im Lockdown. Öffentliche Verhandlungen wurden zum Großteil verschoben. Doch es gibt Dinge, die nicht warten können. Das betrifft vor allem Familien.

Ahaus

, 21.01.2021, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Montagmorgens herrscht im Ahauser Amtsgericht traditionell reger Betrieb. Wer zu einem Termin geladen wird, sollte etwas Puffer einplanen. Denn im Eingangsbereich, wo zur Sicherheit jeder Besucher einzeln auf Metallgegenstände kontrolliert wird, kann es vor allem zum Wochenstart zu Verzögerungen kommen.

An diesem Montag ist das anders. Öffentliche Verhandlungen gibt es keine, persönliche Termine nur nach Vereinbarung. „Mit dem Beginn des Lockdowns Ende vergangenen Jahres haben wir den Betrieb so weit es geht heruntergefahren“, erklärt Benedikt Vieth, Direktor des Amtsgerichts.

Alle Strafsachen wurden auf unbekannte Zeit verschoben. Ausnahme sind nur die Verhandlungen, bei denen dem Angeklagten das Gefängnis droht oder Fristen ablaufen. Auch Zivilprozesse finden aktuell nur vereinzelt – zum Beispiel bei einstweiligen Verfügungen – statt. „Um das Infektionsrisiko zu minimieren, wollen wir möglichst wenig Leute im Gerichtsgebäude haben“, erklärt der Direktor. Die Justiz im Schlummermodus?

„Wir sind weiterhin voll funktionstüchtig“

Das lässt Benedikt Vieth nicht so stehen. „Wir als Gericht sind weiterhin voll funktionstüchtig. Das ist mir wichtig zu betonen.“ Denn es gibt Fälle, die nicht einfach um Monate verschoben werden können. Der Amtsgerichtsdirektor nennt ein Beispiel: „Wenn jemand im Seniorenheim zum Selbstschutz ein Bettgitter erhalten soll, kann die Entscheidung nicht warten. Da gibt es wie bei allen freiheitsberaubenden Maßnahmen eine Anhörungspflicht, der wir nachkommen. So etwas geht nicht über das Telefon.“

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Genauso wenig ruhen aktuell die Familiensachen: Scheidung, Sorgerecht, Unterhalt. „Wir beobachten, dass es während Corona mehr Streitigkeiten innerhalb der Familien gibt. Auch hier ist dann oft Eile geboten“, sagt Benedikt Vieth. Einige Betroffene wenden sich direkt an das Gericht, andere Fälle übermittelt das örtliche Jugendamt. „Wenn von dort etwas kommt, brennt es meistens wirklich“, erklärt der Direktor.

Zahlreiche Vorkehrungen getroffen

Um den Betrieb im Amtsgericht am Laufen halten zu können, wurden zahlreiche Maßnahmen getroffen. Um die Kontakte innerhalb der Belegschaft zu reduzieren, gibt es eine Art Schichtbetrieb. Die angestellten Wachtmeister arbeiten teilweise in der Bereitschaft. Alle Verwaltungsmitarbeiter ins Homeoffice zu schicken, ist allerdings nicht möglich.

Benedikt Vieth erklärt: „Wir arbeiten relativ viel mit Akten. Man kann sich zwar mal eine mitnehmen, aber optimal ist das leider nicht.“ Nicht nur deshalb arbeitet das Amtsgericht seit einigen Monaten an der Umstellung auf die elektronische Akte.