Während eines Hafturlaubs wurde eine Ahauserin rückfällig, stahl erneut Waren in einem Lebensmittelmarkt. Sie kam aber mit einer Bewährungsstrafe davon, weil sich das Gericht intensiv mit der persönlichen Vorgeschichte der 30-Jährigen beschäftigte.

Während eines Hafturlaubs wurde eine Ahauserin rückfällig, stahl erneut Waren in einem Lebensmittelmarkt. Sie kam aber mit einer Bewährungsstrafe davon, weil sich das Gericht intensiv mit der persönlichen Vorgeschichte der 30-Jährigen beschäftigte. © dpa

Ahauserin klaut im Hafturlaub und erhält trotzdem letzte Chance

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Im Hafturlaub beging eine Ahauserin erneut einen Diebstahl. Mit Blick auf die (kriminelle) Geschichte der 31-Jährigen erhielt diese am Ende trotzdem noch eine letzte Chance – vom Richter.

Ahaus

, 28.07.2022, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Weil sie während einer Bewährungsstrafe erneut einen Diebstahl beging, verbüßt eine Ahauserin eine Haftstrafe. Im Hafturlaub wurde die 30-Jährige in Ahaus erneut rückfällig. Dafür gab es nun allerdings „nur“ eine Bewährungsstrafe.

Begründet wurde diese mit einer günstigen Sozialprognose – dies vor allem dank einer erfolgversprechenden Therapie, während der die Ahauserin schwere traumatische Erlebnisse in der Kindheit verarbeitet.

In Teilen sehr emotional ging es während der Verhandlung im Amtsgericht zu, bei der ein Diebstahl aus einem Lebensmittelmarkt im September 2021 verhandelt wurde. Waren im Wert von rund 108 Euro hatte die 31-Jährige versucht, an der Kasse vorbeizuschleusen.

Die Straftat an sich war unbestritten und stand nicht zur Diskussion. Vielmehr ging es darum zu ergründen, warum die Ahauserin immer wieder Diebstähle begeht. Neun Eintragungen weist der Registerauszug dazu aus – bis zuletzt zur Freiheitsstrafe von einem Jahr.

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Auf die Frage, warum sie immer wieder klaue, hatte die Angeklagte keine erklärende Antwort. Ihr Verteidiger führte im Bezug zu früheren Straftaten einen „Verdrängungsmechnismus“ an: „Sie hatte zu diesen Zeitpunkten ihre traumatischen Erlebnisse noch nicht verarbeitet.“

Erst während ihrer aktuellen Haft und der begleitenden Therapie habe sie sich auf die Suche nach Erklärungen gemacht.

Tendenzen zur Kleptomanie werden angeführt

„Nun kann ich mich endlich öffnen“, sagte die 31-Jährige. Deshalb wolle sie die Therapie auch nach der Haftentlassung unbedingt fortsetzen. Der Verteidiger lenkte den Fokus in Richtung einer Störung, die in diesen Erlebnissen ihre Ursache haben könne. In Stellungnahmen sei mehrfach der Verdacht der Kleptomanie ausgeführt worden. „Dazu gibt es aber keine ärztliche Diagnose“, ergänzte der Richter.

Letztere Tendenz, ergänzt um eine Tendenz zur Depression, stellte auch die aktuelle Therapeutin in ihrer Stellungnahme zum Therapiefortschritt heraus. Begründet eben in den schweren traumatischen Erlebnissen. Die Ahauserin könne ihre Impulse nicht kontrollieren.

Ihre Klientin sei sehr offen und gesprächsbereit, nehme Hilfe nun an, habe eine hohe Therapiemotivation. Insgesamt sei der Prozess der Verarbeitung des Erlebten noch nicht abgeschlossen. „Ich habe den ersten großen Schritt gemacht“, erklärte die Angeklagte.

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Dass die Ahauserin immer wieder die Kontrolle über sich verliere, das hätte die Stellungnahme bestätigt, betonte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Die kleptomanische Tendenz sei „glaubhaft“. Wie der Richter erklärte sie aber auch, dass es noch keine ärztliche Fundierung dafür gebe.

Unter Abwägung des Geständnisses und der einschlägigen Vorstrafen sei eine Bewährungsstrafe vor diesem Hintergrund noch angemessen: „Die Sozialprognose ist günstig, die Therapie hilft.“

Der Verteidiger ließ keine Zweifel daran, dass sich die Diebstähle immer wieder wiederholten – wenn auch meist mit geringem Schaden. Da seine Mandantin wirtschaftlich abgesichert sei, könne dies kein Beweggrund sein. Entsprechend spreche viel dafür, dass das Umfeld, die Erlebnisse, die Taten auslösten. Der Verdacht auf Kleptomanie laut Stellungnahme sei im Verlaufe der Therapie weiter abzuklären.

Wirtschaftliche Beweggründe können ausgeschlossen werden

„Vieles spricht dafür, dass das Krankheitsbild das Klauen auslöst. Damit liegt hier auch kein klassisches Bewährungsversagen vor. Ich erkenne einen Mechanismus, der einsetzt, weil traumatische Erlebnisse noch nicht verarbeitet wurden. Quasi eine Flucht in die Tat“, so der Verteidiger.

Eine Schuldunfähigkeit liege zwar nicht vor, aber die Störung beeinflusse das Handeln. Er beantragte eine „angemessen milde Bewährungsstrafe“.

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Mit einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten näherte sich der Richter in seinem Urteil den Anträgen an. Mit Blick auf die kriminelle Vorgeschichte sei die Antwort auf die Frage, ob man eine Bewährung ansetzen könne, „schwierig“. Zweifellos lägen den Taten weder Logik noch Berechnung zugrunde. Der Diebstahl könne eine Kompensation von Erlebnissen aus der Kindheit sein.

„Die Therapie wird Ihnen helfen, künftig andere Entscheidungen zu treffen.“ Diese gelte es zwingend auch nach der Haftentlassung fortzuführen. „Für Sie ist es die letzte Chance. Wenn Sie es noch mal vermasseln, dürfen Sie nicht noch einmal auf eine Bewährung hoffen“, wandte sich der Richter noch einmal an die Angeklagte.