Nicht nur am Ballermann oder im Megapark auf Mallorca sondern auf vielen Festen und Partys läuft aktuell "Layla" von DJ Robin und Schürze rauf und runter. Josef Hassing (43), Schlagersänger aus Ottenstein, kann die Aufregung um den Titel nicht verstehen. Da ist er nicht der einzige Ahauser Musiker.

Nicht nur am Ballermann oder im Megapark auf Mallorca sondern auf vielen Festen und Partys läuft aktuell „Layla“ von DJ Robin und Schürze rauf und runter. Josef Hassing (43), Schlagersänger aus Ottenstein, kann die Aufregung um den Titel nicht verstehen. Da ist er nicht der einzige Ahauser Musiker. © picture alliance/dpa

Ahauser Musiker über „Puffmama Layla“: „Respekt vor Leistung der DJs“

rnSkandallied?

„Layla“ sorgt für hitzige Diskussionen. Der Ballermann-Schlager rund um eine „Puffmutter“ bestimmt seit einigen Tagen die Nachrichten. Musiker aus Ahaus können die Aufregung nicht verstehen.

Ahaus

, 18.07.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ein Ballermann-Schlager bestimmt die Schlagzeilen. „Layla“ von DJ Robin und Schürze sorgt für Aufregung: Volksfeste in Würzburg, Düsseldorf und Herne wollen das Lied aus dem Programm verbannen, Befürworter fordern die Aufführung, DJs legen das Lied trotzdem auf, online werden Unterschriften für das Lied gesammelt, die Diskussion schwappt zwischen Sexismus-Klagen und Zensur-Vorwürfen oder Hinweisen auf die Kunstfreiheit hin und her.

Doch was halten Musiker aus Ahaus von dem Thema? Wir haben mit einigen gesprochen:

Josef Hassing (43), Schlagersänger aus Ottenstein, kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Wir erreichen ihn auf Mallorca. Wie er sagt, in einer Mischung aus Familienurlaub und Arbeit. Am Wochenende hat er mehrere Auftritte im „Münchner Kindl“, einem Restaurant an der Playa de Palma. „Allerdings ein Stück abseits der ganz krassen Partymeile“, betont er.

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Er singe ja auch den etwas gediegeneren Schlager. „Nicht die ganz extremen Partynummern“, fügt der Ottensteiner hinzu. Gerade das Repertoire sei aktuell auf Mallorca sehr gefragt. „Weil ich auch vom Alter ein sehr gemischtes Publikum anziehe“, wie er erklärt.

Josef Hassing: „Jede Schlagerrichtung hat ihre Berechtigung“

Dennoch: Jede Richtung im Schlager habe ihre Daseinsberechtigung. Auch der krasse Partyschlager. Mehr noch: „Ich hab einen Riesenrespekt vor dem, was die beiden Jungs geschafft haben.“

Mit einem Partyschlager so einen Hit zu landen, wünsche sich jeder. „Das Wichtigste ist, dass die Musik gut gemacht ist“, erklärt er. Und ganz ohne Zweifel, das sei „Layla“: Ein einfacher Text, eine eingängige Melodie, ein echter Kracher.

Klar, persönlich dürfe ein Text nicht werden. Auch rechtlich gebe es ja ganz klare Grenzen. Etwa in Richtung Rechtsrock, Diskriminierung oder Volksverhetzung. „Sowas geht natürlich überhaupt nicht“, sagt Josef Hassing. Aber um solche Grenzen gehe es ja gar nicht.

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Er fragt, welche Begriffe genau den Skandal ausgelöst haben. „Puff? Geiler? Natürlich dürfe man vor Zwangsprostitution die Augen nicht verschließen. Natürlich müssten Missstände thematisiert werden. Aber Partymusik? „Es bleibt ein Partylied. Da muss man sich echt fragen, ob man so weit denken muss“, erklärt er.

Layla sei ja auch längst nicht das einzige Lied mit so einem Text. Er sagt: „Lieder wie die „Zehn nackten Friseusen“ oder „Und es war Sommer“ laufen doch seit Jahren und kein Mensch regt sich darüber auf.“ Die müssten dann ja auch alle verboten werden. Mehr noch: „Der ‚Skandal‘ tut den Beiden natürlich gut“, sagt er lachend.

Kalle Höper: „Lasst den Leuten doch ihren Spaß“

„Flüssiger als Wasser“, nennt Karl-Heinz „Kalle“ Höper (59), Musiker, Musiklehrer, Produzent sowie Chor- und Orchesterleiter aus Alstätte, die Layla-Debatte. „Nein, die Diskussion geht gar nicht“, setzt er dann am Telefon noch nach – und hat sich direkt in Rage geredet.

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„Ich bin absolut kein Freund von Ballermann-Hits“, donnert er. Aber seit 40 Jahren sei er im Tanzmusik-Geschäft. Entsprechend kenne er diverse Lieder und Texte. „Und es gibt eine ganze Reihe von Texten, die sind wesentlich sexistischer als Layla“, sagt er.

Karl-Heinz "Kalle Höper (59) empfindet die ganze Diskussion "flüssiger als Wasser". "Darüber redet im Herbst, wenn die Heizungen angestellt werden müssen, niemand mehr", sagt der Alstätter.

Karl-Heinz "Kalle“ Höper (59) empfindet die ganze Diskussion "flüssiger als Wasser". "Darüber redet im Herbst, wenn die Heizungen angestellt werden müssen, niemand mehr", sagt der Alstätter. © Stephan Rape

Jeder springe jetzt auf den Zug mit auf. Jede Forderung, das Lied nicht mehr zu spielen, sei auch eine Form von Zensur. Auch wenn es ja offiziell kein Verbot des Liedes gebe. „Lasst den Leuten doch ihren Spaß“, sagt er. Man müsse sich die Musik ja nicht anhören, wenn sie einem überhaupt nicht gefalle.

Für ihn ist die ganze Debatte aktuell künstlich erzeugt. „Als ob wir keine anderen Probleme hätten. Wenn im Herbst die Heizungen wieder angehen und die Menschen sich fragen müssen, wie sie das bezahlen sollen, spricht kein Mensch mehr über Layla“, sagt er.

Ähnlich wie jetzt Layla wurde schon 2020 über Liedgut auf öffentlichen Veranstaltungen debattiert. Damals ging es um das Donaulied. Je nach Textfassung thematisiert das Volkslied mit entsprechend derben Formulierungen eine Vergewaltigung oder einvernehmlichen Beischlaf am Donauufer.

Debatte um das Donaulied und „Jeanny“

Die Debatte ebbte damals schnell wieder ab, allerdings hatten etwa in Onlinepetitionen die Gegner der Aufführungen deutlich mehr Stimmen gesammelt als die Befürworter. Also wird eine Vergewaltigung darin verharmlost? „Quatsch, das ist einfach nur ein versautes Lied“, wischt Karl-Heinz Höper mögliche Bedenken beiseite. Wo wolle man da die Grenze ziehen? Welche Texte sollten alle verboten oder nicht mehr aufgeführt werden?

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Anders sehe das bei „Jeanny“ von Falco aus. Das Lied von 1985 dreht sich ganz offen und explizit um eine Vergewaltigung. Es löste einen der größten Skandale in der deutschsprachigen Popmusik aus. Mehrere Sender boykottierten den Titel, dennoch hielt er sich 22 Wochen auf Platz eins der deutschen Charts.

„Damals habe ich auch gedacht, dass damit eine Grenze überschritten wurde“, sagt Karl-Heinz Höper heute noch. Doch inhaltlich seien der Falco-Titel und der aktuelle Ballermann-Schlager ja überhaupt nicht zu vergleichen. Das sehe nicht nur er als Mann so, das hätten ihm auch viele Musikerkolleginnen so gesagt.

Sängerin hält die Diskussion für überzogen

Ein Beispiel: Christina Harpers (36), nebenberufliche Sängerin aus Wüllen. Sie sieht das ganz ähnlich: „Die ganze Diskussion ist total überzogen“, sagt sie. Das Lied bekomme so viel mehr Aufmerksamkeit, als es ohne die Aufregung erreicht hätte.

Das just dieser Text so anecke, kann sie nicht verstehen. „Der Skandal im Sperrbezirk, die zehn nackten Friseusen oder ‚Kann ich so nicht sagen müsst ich nackt seh’n‘ sind doch genauso anrüchig“, macht sie deutlich.

Diese Texte könne man ja genauso wenig verbieten. Ebenso müsste man dann den Song „Wann wird’s Mal wieder richtig Sommer“ verbieten. Das sei schließlich die Verharmlosung des Klimawandels.