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Werner Apotheker warnt: „Hochdosierte Jodtabletten nur im Ernstfall“
Schutz vor Radioaktivität
Seit Putins Verweis auf Atomwaffen steigt die Nachfrage nach hochdosierten Jodtabletten. Diese können verhindern, dass radioaktive Teilchen im Körper verbleiben. Doch sind Käufe vernünftig?
„Eine handelsübliche Jodtablette weist eine Dosierung von 0,1 mg Jodid auf, eine hochdosierte Tablette hat 65 mg“, erklärt der Werner Apotheker Udo Lucas. „Ich hoffe, da wird deutlich, dass man die hochdosierten Tabletten nicht einfach zum Spaß einnimmt.“
Seitdem Vladimir Putin die atomaren Abschreckungswaffen Russlands in Alarmbereitschaft gesetzt hat und die Befürchtung besteht, er könne sie im Krieg mit der Ukraine einsetzen, ist die Anfrage nach hochdosierten Jodtabletten gestiegen - auch in seinen Apotheken, erzählt Udo Lucas. Einziger Anbieter sei momentan der österreichische Hersteller Lannacher, bei dem die Anfragen durch die Decke gingen.
Nuklearmediziner gibt Einschätzung ab
Bei einem atomaren Vorfall, wie einem Reaktorunglück oder einem Atomschlag wird neben der Strahlung, die sich nur ein paar Kilometer ausbreitet, auch radioaktives Jod-131 freigesetzt. Dieses gelangt in Luft und Wasser. So könnte es theoretisch mit dem Wind aus der Ukraine zu uns herübergetragen werden und in der Form von Regen herunterkommen, erklärt Prof. med. Dr. Detlef Moka, Vorsitzender des Berufsverbands Nuklearmedizin.
Dafür müsse der Wind allerdings sehr ungünstig stehen, ergänzt Moka, der es für sehr unwahrscheinlich hält, dass uns im Falle des Falls eine entsprechende Wolke erreicht.
Jod-Tabletten verhindern Einlagerung radioaktiver Teile
Das radioaktive Jod könne über die Haut oder die Nahrung in den Körper gelangen, wo es in der Schilddrüse eingelagert wird, so der Nuklearmediziner. Nimmt man nun vor einer möglichen Belastung die hochdosierten Jodtabletten ein, verschließen diese die Schilddrüse und sorgen dafür, dass kein weiteres Jod eingelagert wird. „Man muss das Jod kurz vorher nehmen. Zu spät ist es kontraproduktiv. Da wird das radioaktive Jod länger im Körper gehalten“, so Moka.
Um den richtigen Zeitpunkt für eine Einnahme zu erkennen, gibt es in Deutschland Frühwarnsysteme. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte bereits 2017 über 180 Millionen hochdosierte Jodtabletten eingekauft, um sie im Fall eines nuklearen Unglücks herausgeben zu können. Hamsterkäufe bringen also nicht viel und können sogar gefährlich sein, wenn Menschen die hochdosierten Tabletten vorbeugend einnehmen.
„Im Falle eines Unglücks wird empfohlen einmalig zwei Tabletten einzunehmen“, erklärt Apotheker Lucas „eine zu hohe Dosierung oder zu regelmäßige Einnahme kann schnell zu Fehlfunktionen der Schilddrüse führen.“
Mahad Theurer, geboren 1989 in Witten, ist studierter Musikjournalist, davon abgesehen ist er stark sportbegeistert und wohnt als Schalke-Fan manchmal einfach in der falschen Stadt. Aber Ruhrgebietscharme, den es zu beschreiben gilt, haben Dortmund und Umgebung auch reichlich.
