Klaus Nowack ist Ornithologie und hat die Vogelwelt genau im Blick. Auch auf dem alten Werner Zechengelände, auf dem die Surfworld entstehen soll.

© Felix Püschner

Naturanwalt über Surfworld: „Uns muss klar sein, dass hier Lebensraum zerstört wird“

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Die Surfworld in Werne soll auf der Brachfläche der ehemaligen Zeche entstehen. Das Problem: Besagte Fläche ist Lebensraum von rund 30 Vogelarten. In dem Artenschutzgutachten taucht aber nur eine auf.

Werne

, 29.05.2021, 13:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Wind fegt über das ehemalige Werner Zechengelände. Es regnet. Nicht unbedingt bestes Spazierwetter also. Trotzdem steht Klaus Nowack am Rande der Fläche, auf der einmal die Surfworld entstehen soll, und schaut durch sein Fernglas. Nowack ist Ornithologie. Wenn er auf die Brachfläche blickt, dann sieht er dort keinen wertlosen Boden sondern ein „Büfett“ für die Tierwelt.

Erde und Pflanzen fungieren als Lebensraum und Nahrung für Insekten, Würmer und Co.. Und die wiederum stehen auf der Speisekarte der Vögel. Eine solche Nahrungskette kennt jedes Kind. Aber diese Kette könnte es hier bald nicht mehr geben.

„Wenn die Fläche bebaut wird, geht Lebensraum verloren. Den haben wir den Tieren an anderen Stellen schon weggenommen und machen es nun erneut. Das sollte uns allen klar sein“, sagt Nowack, der sich selbst als eine Art „Naturanwalt“ sieht. Er wolle jetzt nicht zum Protest aufrufen, sondern nur zum Nachdenken anregen. Das betreffe insbesondere die Leute, die darüber entschieden haben, das alte Zechengelände als Standort für die Surfworld zu nutzen.

Nowack ist keiner, der auf die Straße geht, Plakate in die Luft hält und lautstark seinen Unmut über Bauvorhaben zum Ausdruck bringt. Er zieht vielmehr durch die Natur, mit seinem Fernglas - und sammelt Daten, kartiert das, was er dort entdeckt. Im Falle des Zechengeländes waren das in den vergangenen zehn Jahren gut 30 verschiedene und teils rechtlich geschützte Vogelarten. Vom Austernfischer bis zum Wiesenpieper, von der Nachtigall bis zum Flussregenpfeifer.

Letzterer hatte vor einigen Jahren bereits dafür gesorgt, dass die RAG eine damals als LKW-Parkplatz genutzte Fläche durch einen aufgeschütteten Erdwall absperrte. Das sollte verhindern, dass Fahrzeuge den dort liegenden Brutplatz des Vogels zerstören. „Der Flussregenpfeifer kehrt immer mal wieder zurück und unternimmt hier Brutversuche. Er baut also ein Nest, wird dann aber häufig durch den Publikumsverkehr verscheucht“, erklärt Nowack. Ähnliches gelte auch für andere Vogelarten, die hier entweder einen Brut- oder aber zumindest einen Rastplatz gefunden haben.

Mammutprojekt soll bis zu 300.000 jährlich anlocken

Dennoch soll das Mammutprojekt Surfworld in die Tat umgesetzt werden. Auf der Fläche entstehen dann eine Freizeit-Surfanlage und ein Bereich für wissenschaftliche Zwecke. Bis zu 300.000 Besucher soll die Anlage jährlich nach Werne locken - dafür aber den Lebensraum der Tiere vernichten.

Doch wie kann das sein, wo doch im Zuge der Planungen solcher Projekte stets auch artenschutzrechtliche Gutachten erstellt werden? Hat man dies in diesem Fall etwa vergessen? Nein, sagt Nowack. Das Gutachten liege vor und er habe es auch schon einsehen können. Aber: Von den gut 30 Vogelarten, die Nowak im Laufe der vergangenen Jahre gezählt hat, taucht in besagtem Gutachten nur eine einzige auf: der Feldschwirl.

So soll die Surfworld einmal aussehen.

So soll die Surfworld einmal aussehen. © Stadt Werne

„Das Gutachten ist rechtlich trotzdem völlig in Ordnung“, sagt Nowack. Der Grund: Wenn ein Experte ein solches Gutachten erstelle, dann begehe und kartiere er den betroffenen Bereich natürlich nur für einen begrenzten Zeitraum: „Das können ein paar Wochen sein. Aber das reicht natürlich nicht, um festzustellen, welche Tiere hier leben. Es ist ja nicht so, dass sie alle dauerhaft hier sind.“

Klar, dass der Werner Ornithologe Bauchschmerzen bekommt, wenn er an die Surfworld denkt. Dennoch: Verhindern will er das Projekt nicht. „Ich kämpfe auch nicht für oder gegen Arbeitsplätze. Aber ich will, dass die Menschen wissen, was hier geschieht. Zumal alle immer von Insektensterben reden. Aber um das zu verhindern, brauchen wir auch Brachflächen.“ So wie die auf dem ehemaligen Zechengelände.

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