
© Mario Bartlewski
Kalter Wind, Kamelle und ein Heiratsantrag direkt am Wagen – Als RN-Reporter mittendrin
Rosenmontagszug
RN-Reporter Julian Reiman ist auf dem Ehrenprinzenwagen der IWK mitgefahren, um einen etwas anderen Blick auf das Treiben zu haben. Seine Eindrücke in Fotostrecke und Video.
Die Ehrenkutsche der Interessengemeinschaft Werner Karneval (IWK), auf der sich ehemalige Prinzenpaare zusammentun, trägt die Nummer 27. Über eine kleine Holztreppe klettere ich rein. Etwas mühsam der Einstieg. Erst mal auf dem Wagen, bietet sich dann aber ein guter Blick auf den Parkplatz „Am Hagen“.
Die 31 Zugteilnehmer tummeln sich dicht an dicht. Von überall her schallen lautstark fröhliche Musik und Gesang. Oder Gegröle, das kommt ganz auf den Alkoholpegel an. Denn einige Jecken warten schon eine Weile darauf, dass es endlich losgeht.
„Hätt‘ ja auch schon losgehen sollen“, ruft einer der jecken Kollegen und spielt darauf an, dass der Umzug wetterbedingt nicht wie geplant um 14.11 Uhr starten konnte, sondern erst eine Stunde später. „Aber wenigstens fällt der Zug nicht aus“, merkt eine bunt gekleidete Dame an. „Das wäre für alle Beteiligten sehr schade.“
Die Jecken wissen, wie man sich auf dem Wagen warm hält
So weit musst es dann aber doch nicht kommen. Kurz vor Beginn des Rosenmontagszuges zeigt sich sogar kurz die Sonne. Und auch gegen die Kälte haben alle Jecken verschiedene Mittel: Tanzen und singen auf dem Wagen oder das ein oder andere Schnäpschen.
„Geht‘s los?“ „Ja, es geht los!“ Ganz oben auf dem Wagen muss ich mir erst einmal einen Halt suchen. Oder zumindest einen festen Stand. Denn das Anfahren sowie das Bremsen ist alles andere als sanft. Man gewöhnt sich aber schnell daran.
Kaum hat unser Wagen die ersten Jecken am Straßenrand erreicht, geht es auch schon lautstark zur Sache: Die ehemaligen Prinzenpaare stimmen ein „dreifaches Helau“ nach dem anderen an, die verkleideten Zuschauer rufen die geforderten Antworten. Zur Belohnung gibt es einen Süßigkeitenregen aus Bonbons, Popcorn und Marshmallows.
Am Rand sammeln alle Zuschauer fleißig die geworfenen Kamellen
Im sanften Stop-and-Go geht es kontinuierlich die Steinstraße bis zum Marktplatz entlang. Überall drängen sich begeisterte Menschen und schreien und rufen aus vollem Hals. „Helau!“
Manche halten umgedrehte Regenschirme, um mehr Kamelle sammeln zu können, andere ducken sich kurz weg, um nicht vom Bonbonhagel getroffen zu werden.
Die Karnevalisten auf dem Ehrenwagen haben sichtlich Spaß. Je lauter die Zuschauer, desto mehr Kamelle schmeißen sie in die Menge. Manche versuchen auch, in die oberen Fenster der Wohnungen zu treffen, aus denen verkleidete und nicht verkleidete Leute herab auf den Trubel schauen.
Nachladen vor der großen Menschenmenge auf dem Marktplatz
Zum Glück stockt der Zug immer mal wieder kurz. Denn die ersten Süßigkeiten, die im Voraus in den Auslagen der Wagen bereitgelegt wurden, sind schon weg. Die kurze Stehpause nutzen die Jecken, um Kartons mit weiterem Naschkram hervorzuholen und die nächste Ladung vorzubereiten. Und natürlich, um die Akkus wieder aufzuladen. Was das im Karneval heißt, ist wohl klar.
Die Aussicht über den überfüllten Marktplatz ist bemerkenswert. Normalerweise die Sicht aus dem Gedränge heraus gewohnt, freue ich mich über den Ausblick auf die Menschenmenge. Der Lärm der Helau-Rufe ist ohrenbetäubend und lässt sogar die laute Musik beinahe verstummen. „Wahnsinn, oder?“, ruft mir jemand strahlend zu. Allerdings!
Ein Heiratsantrag direkt am Wagen
Das Prozedere wiederholt sich immer wieder: Die einen rufen „Helau“, die anderen antworten und die nächsten Süßigkeiten fliegen in die Massen am Straßenrand. Das angekündigt schlechte Wetter und den immer wieder kalt aufbrausenden Wind haben scheinbar alle vergessen. Auch wenn dem ehemaligen Prinzenpaaren nicht entgeht, dass in diesem Jahr weniger Gäste am Umzug teilnehmen.
„Komm schnell, der macht jetzt einen Antrag!“ Einen Heiratsantrag an Karneval? Ich dachte erst, ich hätte mich verhört. Der Blick vom Wagen herab belehrt mich eines Besseren: Unser treuer Wagenbegleiter Marco hat seine Fabienne in der Menge entdeckt. Und ehe man sich versieht, kniet er vor ihr und macht ihr mitten in der Kurve einen Heiratsantrag.
„Ist das nicht schön?“, freuen sich die Damen auf unserem Wagen und jubeln dem frisch verlobten Paar zu. Was für eine Überraschung auf den letzten Metern des Zuges! Für alle auf dem Ehrenwagen endet damit ein unvergesslicher Tag. Und für zwei ganz besonders.
Studium der Germanistik und Geschichtswissenschaften in Düsseldorf. Nach freier Mitarbeit bei verschiedenen Medien im Rheinland nun seit 2018 für die Ruhr Nachrichten im Ruhrgebiet unterwegs. Ist als Volontär für verschiedene Redaktionen tätig, immer auf der Suche nach spannenden Themen.