Diskussion um RAG-Grubenwasserpläne in Werne „Die Lippe gehört uns allen!“

Ausschuss behandelt Grubenwasserpläne: „Die Lippe gehört uns allen!“
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Wie selbstverständlich setzt sich Clemens Overmann auf einen freien Platz in den Reihen der politischen Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Mobilität und Klimaschutz. Er ist Lebensmittelhändler, Umweltaktivist, Verfechter sozialer Projekte. Ein Ratsmitglied ist er aber nicht. Nach kurzer Irritation ist es aber in Ordnung.

Schließlich war es Overmann, der im Mai mit einem Offenen Brief an den Bürgermeister der Stadt Werne für Aufsehen sorgte und schließlich dafür, dass der Ausschutz-Sitzung im Werner Rathaus an diesem Mittwochabend (22.11.) außergewöhnlich viele Besucher beiwohnten. „Es ist wichtig, dass das Thema der Einleitung von Grubenwasser durch die RAG in die Lippe in Werne ankommt“, erklärt er im Nachgang. „Denn die Lippe gehört nicht der Ruhrkohle.“

Auf seinem Platz in den Reihen der Ausschussmitglieder entfaltet Overmann also seinen vorbereiteten Beitrag. Vier Minuten spricht er über den Einsatz von ultragiftigen PCB-haltigen Ölen unter Tage sowie der Einbringung von Sondermüll auf Haus Aden in Bergkamen. Er spricht von der Entwicklung der Vorschriften und Vereinbarungen seit 2006 und einem Freifahrtschein für die RAG. Er nennt Zahlen (12 bis 15 Millionen Kubikmeter verseuchtes Grubenwasser pro Jahr) und Jahreszahlen.

„Für mich sind das unfassbare Zahlengewüste und Rahmenbedingungen“, sagt er. „Ich bescheinige unseren beteiligten Behörden, dem Bund, dem Umweltministerium NRW und der Bezirksregierung Arnsberg Totalversagen in der Behandlung des umweltpolitischen Nachbergbau-Zeitalters.“ Man müsse aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, um die Zukunft zu gestalten, fordert Overmann. „Es gibt kein Weiter-So (wie im September 2019) im Zeitalter des immer stärker werdenden Klimawandels und Artensterbens.“ Seine Forderung: Das Grubenwasser darf nicht ungefiltert in die Lippe geleitet werden.

Clemens Overmann sitzt an einem Tisch im Ausschuss.
Clemens Overmann ist Gegner der geplanten Grubenwasser-Anhebung und spricht im Ausschuss. © Kristina Gerstenmaier

Hintergrund der Forderung von Clemens Overmann ist folgender: Bis 2019 wurde das gesamte Grubenwasser aus dem östlichen Ruhrgebiet und somit auch aus Werne, Lünen und dem Dortmunder Norden in Bergkamen hochgepumpt und in die Lippe geleitet. Seit 2019 hat die RAG nun die Genehmigung das Grubenwasser bis 600 Meter ansteigen zu lassen. Derzeit bereitet die AG nun einen Antrag vor, das Grubenwasser sogar noch weiter, auf 300 Meter, ansteigen zu lassen.

„Weil die Vorteile so auf der Hand liegen“, begründet RAG-Mitarbeiter Werner Grigo, der im Ausschuss das Vorhaben präsentiert, die Pläne. Er erklärt den Anwesenden, wie der Umgang mit dem Grubenwasser in den vergangenen Jahrzehnten funktionierte und welche Veränderungen es gegeben hatte. 2019 wurden die Pumpen abgeschaltet, die das Grubenwasser aus etwa 1000 Meter Tiefe nach oben holten.

Die Bergbau-Gesellschaft hatte die Genehmigung bekommen, das Wasser auf 600 Meter ansteigen zu lassen, sodass das aufwändige Hochpumpen nicht mehr nötig ist. Seit Januar 2023 wird in Bergkamen nun eine Grubenwasser-Leitung und –Aufbebreitungs-Anlage gebaut. Um die Sache weiter zu erleichtern, soll der Antrag gestellt werden. Gegner befürchten, dass durch das Ansteigen des Grubenwassers Schadstoffe in das Wasser gelangen, die in den ehemaligen Abbaubereichen abgelagert sind.

Viele Fragen - teils schwammige Antworten

Von Seiten der Ausschuss-Mitglieder wurden im Anschluss an die Präsentation der Pläne viele Detailfragen gestellt: Wie ist die Anlage genau geplant? Auf welchen Höhen ist früher Abfall verblasen worden? Gibt es schon PCB-Werte? Was passiert mit der Wassergüte? Müssen die Technologien mit Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinien 2027 angepasst werden?

Die Antworten sind schwammig. Grigo spricht von Schwierigkeiten, PCB-Werte zu messen, von Richtlinien, deren Einhaltung verpflichtend ist, dass Gewässer ohnehin ohnehin nicht abwasserfrei sei und von vorausschauender Planung. Zwei Stunden dauert der Tagesordnungspunkt 1 dieser Sitzung. Zum Ende hin wird Werner Grigo laut, emotional, wütend. Spricht von verschwindend geringen PCB-Werten und vertretbarer Wirtschaftlichkeit.

Mit „Kenntnisnahme“ war der Tagesordnungspunkt betitelt. Das ist mit Sicherheit gelungen.

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