Dieser Artikel gehört zu den meistgelesenen Artikel des Jahres 2023 aus Bergkamen und erschien zuerst am 21. November 2023.
Seit dem Sommer 2023 ist die Diskussion um die Grubenwasser-Haltung auf der ehemaligen Zeche Haus Aden in Bergkamen wieder aufgelebt. Das gesamte Grubenwasser aus dem östlichen Ruhrgebiet – unter anderem auch aus Werne, Lünen bis hin zur Zeche Hansa im Dortmunder Norden – wurde bis 2019 in Bergkamen hochgepumpt und in die Lippe geleitet. Derzeit ist dies gestoppt, weil die RAG eine Genehmigung hat, das Grubenwasser bis auf 600 Meter ansteigen zu lassen. Die RAG möchte das Wasser unter Tage nun noch weiter ansteigen lassen, als bisher geplant. Sie verspricht sich davon, dass das Wasser, das abgepumpt wird, sauberer ist, wenn es in die Lippe eingeleitet wird.
Die Gegner der sogenannten Grubenwasserhaltung vom „Arbeitskreis Grubenwasser – keine Bergbaugifte in die Natur“ wehren sich dagegen. Sie fürchten, dass mit dem Grubenwasser Giftstoffe in die Lippe gelangen und darüber auch in die Nahrung. Wie steht die RAG dazu? Was macht Grubenwasser so gefährlich? Warum ist das Thema gerade so hoch aktuell? Wir zeigen die Hintergründe auf und beantworten die wichtigen Fragen zum Grubenwasser.
Was ist Grubenwasser und warum muss es abgepumpt werden?
Grubenwasser ist wie Grundwasser Regenwasser, das versickert ist. Es hat aber nicht nur den Weg bis in wenige Meter unter der Erdoberfläche zurückgelegt, sondern ist mehrere hundert Meter tief durch unterschiedliche Gesteinsschichten versickert, bevor es sich in den ehemaligen Bergbaustollen sammelt. Dabei reichert es sich mit allen möglichen Stoffen an, die es aus dem Gestein auswäscht oder mit denen es in den Stollen in Kontakt kommt.

Warum muss das Grubenwasser überhaupt abgepumpt werden?
Grubenwasser ist extrem salzhaltig und mit vielen Schadstoffen belastet, die es beim Versickern aufgenommen hat – zum Beispiel Schwermetalle. Umweltverbände befürchten, dass es unter anderen auch mit dem Ultragift PCB belastet ist, das durch versickerte Hydrauliköle unter Tage geblieben ist. Es darf deshalb auf keinen Fall mit dem Grundwasser in Kontakt kommen.
Warum will die RAG das Grubenwasser ansteigen lassen?
Bis vor einigen Jahren wurde das Grubenwasser von Pumpen, die fest unter Tage in etwa 1000 Meter Tiefe installiert waren, nach oben gepumpt. Das war extrem aufwendig, weil dafür der Schacht 2 der ehemaligen Zeche Haus Aden in Bergkamen offen gehalten werden musste. Für Reparatur- und Wartungsarbeiten mussten sich Wartungstrupps immer unter Tage begeben. Die RAG hat jetzt die Genehmigung, das Wasser auf minus 600 Meter ansteigen zu lassen. In dieser Tiefe kann sie Tauchpumpen von oben herunterlassen. Die Pumpen können für Reparatur und Wartung an die Erdoberfläche gezogen werden.

Warum gibt es Gegner des Grubenwasseranstiegs?
Die Gegner befürchten, dass durch das Ansteigen des Grubenwassers noch mehr Schadstoffe in das Wasser gelangen, die in den ehemaligen Abbaubereichen abgelagert sind. Insbesondere sind sie in Sorge, weil dabei auch die Abbaubereiche überspült werden, in denen PCB-haltige Öle verwendet wurden und in die sogenannte „Reststoffe“ unter Tage deponiert wurden.
Warum will die RAG das Grubenwasser sogar auf minus 380 Meter steigen lassen?
Die Experten der RAG gehen davon aus, dass das Grubenwasser auf dieser Höhe sauberer ist, weil die oberen Wasserschichten nicht durch so viele Schichten versickert sind. Außerdem nehmen sie an, dass sich viele Schadstoffe nach unten absetzen und beim Abpumpen gar nicht mehr mit nach oben gepumpt werden.

Was sagen die Kritiker dazu?
Die Kritiker befürchten, dass durch das Ansteigen des Grubenwassers noch mehr gefährliche Stoffe ausgespült werden, die der Bergbau unter Tage hinterlassen hat. Außerdem sind sie der Ansicht, dass Schadstoffe nur absinken würden, wenn das Grubenwasser „ruhig wie in einer Badewanne“ stehen würden. In Wahrheit sei es aber ständig in Bewegung – unter anderem, weil das wärmere Wasser aus unteren Schichten nach oben steige.
Was fordern die Gegner der Grubenwasser-Einleitung in die Lippe?
Die Gegner der Grubenwassereinleitung fordern, dass das Wasser komplett von Schadstoffen gereinigt wird, bevor es in ein Gewässer wie die Lippe eingeleitet wird. Dazu soll die RAG eine Aufbereitungsanlage bauen, die auch das PCB ausfiltert.
Warum bestehen sie darauf, dass das Grubenwasser gereinigt wird?
Ungereinigtes Grubenwasser, wie es bis vor einigen Jahren in die Lippe eingeleitet wurde, ist extrem salzhaltig und enthält alle möglichen giftigen Stoffe. Die Gegner befürchten, dass das Leben im Fluss empfindlich gestört wird – schon allein dadurch, dass er zu salzig ist. Außerdem gehen sie davon aus, dass die Giftstoffe in die Nahrungskette und damit auch in Lebensmittel gelangen. Und das würde alle Städte betreffen entlang des Flusses, zwischen Bergkamen und Wesel, wo die Lippe in den Rhein mündet.
Dieser Text erschien in einer ersten Fassung bereits am 19. November 2023.