
© Martin Klose (Grafik)
Pro & Contra: Kiesbeete im Vorgarten – Darf die Politik Ihnen das verbieten?
Antrag der Grünen
Die Grünen treten mit ihrer Idee eine rege Diskussion los. Wir diskutieren mit: Nicht noch ein Verbot, sagt Redakteur Felix Püschner. Kein Verbot – das wäre Heuchelei, sagt Vanessa Trinkwald.
Grüne statt graue Vorgärten: Die Grünen in Werne sorgen mit einem Antrag für Diskussionsstoff. Sie fordern, dass Vorgärten mit Kies, Schotter oder Steinen bei künftigen Neubauten verboten werden sollen. Diese seien nicht insektenfreundlich und ökologisch nicht wertvoll.
Doch ist ein Verbot ein zu drastischer Eingriff in die Gestaltungsfreiheit von Häuslebauern? Müssen sie nicht schon genügend Vorschriften beim Neubau beachten?
Unsere Redakteure diskutieren die Frage: Sollte man Steingärten wirklich verbieten?
Ja, grüne Vorgärten sind ein Anfang – Nicht reden, machen!
Von Vanessa Trinkwald
„Die Grünen, die verbieten uns auch alles! Ich armer Häuslebauer, der hier gerade ein schickes Eigenheim für die Familie errichtet. Und jetzt wollen sie mir vorschreiben, wie mein Vorgarten auszusehen hat!? Wo bleibt da meine Individualität, wo bleibe ICH denn da!? Auf der Strecke natürlich – wie immer, wenn die Politik einen Vorschlag macht. Die sollen sich mal um die wirklich wichtigen Dinge kümmern! Um die großen Probleme unserer Gesellschaft, anstatt mit so einem Mumpitz um die Ecke zu kommen!“
Ich habe irgendwann mal gelernt, dass die Probleme einer Gesellschaft manchmal auch im Kleinen anfangen. Aber wenn sich im Kleinen niemand verantwortlich fühlt, irgendetwas zu tun – ja wer ist denn dann verantwortlich? Ich kann das immer alles von mir wegschieben, das ist ja so schön einfach. Und beim nächsten Grillabend mit den Freunden trotzdem die große Moralkeule schwingen: „Wir zerstören unseren Lebensraum. Die Zukunft unserer Kinder!“
Blöd nur, wenn die Freunde da grade durch meinen gepflasterten Katalog-Vorgarten gestapft sind und das dicke Steak auf den Grill hauen. Blöd nur, wenn Bequemlichkeit und Gestaltungsfreiheit und graue Steine dann doch wichtiger sind, als die Zukunft unserer Kinder und das Bewusstsein für unseren Lebensraum.
Um das noch mal klarzustellen: Wir reden hier von Neubaugebieten. Wir reden nicht davon, jedem Kiesgärtner morgen seinen Kiesgarten wegzunehmen. Wir reden über einen kleinen Schritt, der summa summarum vielleicht nur bewirkt, dass das alles hier nicht schlimmer wird.
Na ja, wir alle reden ohnehin viel. Aber immer nur reden und trotzdem nichts machen? Das nennt man Heuchelei.
Nein, man kann nicht alles verbieten – Bloß nicht noch eine Regel!
Von Felix Püschner
Der erste Impuls ist klar: Natur geht vor, grüner Rasen ist doch wohl viel schöner als diese blöden Steine. Viel natürlicher eben – und bietet der heimischen Tierwelt einen viel besseren Lebensraum. Was sollen denn die Bienen sagen, wenn sie bald in den Vorgärten keine Blümchen mehr finden? Das ist nachvollziehbar, aber auch nur die eine Seite der Medaille. Der deutsche Gesetzgeber tendiert ja bekanntlich dazu, für nahezu alles strikte Regeln zu definieren und genau vorzuschreiben, was erlaubt ist und was nicht.
Regeln sind per se freilich nichts Schlechtes – aber manchmal eben auch fragwürdig. Und das nicht nur, weil die tatsächliche Auslegung des vermeintlich exakt und unmissverständlich Vorgeschriebenen oftmals für Diskussionsstoff sorgt. Es geht auch um Handlungsfreiheit, um Gestaltungsspielraum. Und da treten nicht zuletzt die zukünftigen Häuslebauer auf die Bühne.
Wer viel Geld investiert, um sich und seiner Familie ein trautes Heim zu schaffen, dem sollte es auch erlaubt sein, seine Vorstellungen in einem gewissen Rahmen zu verwirklichen.
Wenn schon der Architekt den Plänen (berechtigterweise) aus Statikgründen einen Strich durch die Rechnung macht und kommunale Bebauungspläne vorschreiben, welche Dächer in welchem Winkel auf welches Haus gebaut werden dürfen, wie hoch der Zaun zum Nachbargrundstück zu sein hat und in welcher Farbe die Fassaden gestrichen werden sollen, dann bleibt von der einstigen Wunschvorstellung oft nicht mehr viel übrig.
Nun auch noch Steingärten im Vorgarten zu verbieten, mag umweltfreundlicher sein. Es ist aber auch ein weiterer Schritt Richtung Konformität und Langeweile. Und mal wieder eine Regel, die eigentlich niemand braucht.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.

Arbeitet seit Juni 2024 in der Redaktion des Hellweger Anzeigers. War in den vergangenen Jahren bereits für die Ruhr Nachrichten im Kreis Unna unterwegs. Mag Nachrichten und persönliche Geschichten gleichermaßen, arbeitet aktuell aber eher im Hintergrund.
