Pogromnachtsgedenken: Gemeinsam gegen den Hass

Namensplakette für Opfer enthüllt

Der aktuelle Umgang mit der Flüchtlingskrise mache deutlich, „dass manche nichts, aber auch gar nichts aus der Vergangenheit gelernt haben“. Das sagte Bürgermeister Lothar Christ Montagabend – 77 Jahre, nachdem Nazis auch in Werne die Synagoge angezündet, Mitbürger jüdischen Glaubens gequält und ihre Geschäfte geplündert haben.

Werne

, 10.11.2015, 13:55 Uhr / Lesedauer: 2 min
Bürgermeister Lothar Christ hat gemeinsam mit der Studentin Jana Gieselmann, die im Sommer an einem sogenannten Workcamp in Riga arbeitete, einen Kranz niedergelegt.

Bürgermeister Lothar Christ hat gemeinsam mit der Studentin Jana Gieselmann, die im Sommer an einem sogenannten Workcamp in Riga arbeitete, einen Kranz niedergelegt.

Rund 70 Teilnehmer hatten die Gedenkveranstaltung für die Opfer des sogenannten Novemberpogroms 1938 besucht, als die Diskriminierung der Juden umschlug in systematische Verfolgung und Ermordung. Heute sei wieder Gewalt gegen wehrlose Minderheiten zu beobachten, mahnte Christ am Standort der ehemaligen Synagoge in der Marktpassage.

„Sorgen bereiten mir die sich verstärkt zeigenden Ausbrüche von Wut, ja von Hass, die zunehmende Verunglimpfungen und Gewalttätigkeiten.“ Dabei finde oft „eine Sprache Anwendung, die dem Jargon der Nazizeit entspricht.“ Das sei „nicht zu tolerieren“.

Engagierte Rede eines Schülers

„Klare Kante zeigen gegen Rassismus“ – das forderte auch Florian Renz (18), Schüler des Berufskollegs. Ob auf dem eigenen Schulhof, beim Sport im Freundeskreis: Fremdenfeindlichkeit sei allgegenwärtig . Oft komme sie scheinbar harmlos als Witz oder dummer Spruch daher – genauso wie die vermeintlichen Witze auf Kosten von Homosexuellen, Menschen mit Behinderung oder anderen Minderheiten.

„Das alles ist aber nicht lustig.“ Anstatt zu schmunzeln, vermeintliche Ironie zu suchen oder zu schweigen, forderte Renz alle auf, klar und deutlich zu widersprechen: „Keine Toleranz bei Intoleranz.“

Namensplatte für Werner Opfer

Während die Europäische Union gerade an der Flüchtlingspolitik auseinander zu brechen droht, machte Jana Gieselmann (18), ehemalige Anne-Frank-Schülerin, deutlich, wie erfüllend internationale Kontakte seien. Sie war im August nach Riga gereist. In einem „Workcamp“ des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge pflegte sie mit lettischen Jugendlichen Gräber dorthin deportierter und ermordeter Juden.

Beide waren dabei, als Bürgermeister Christ für Werne, dem neuen Mitglied im Riga-Komitee, eine Namensplatte enthüllte, die an die Opfer aus der Lippestadt erinnert. „Es handelte sich um Anni Marcus und ihren damals neunjährigen Sohn Hans-Gustav sowie um Charlotte Ermann“, so Christ.

Johannes Müller(22) vom „Werner Bündnis gegen Rechts“ kritisierte als letzter Redner, dass Werne sich nur zögerlich der nationalsozialistischen Vergangenheit gestellt habe: eine Aufgabe, die noch lange nicht erledigt sei.

Hier können Sie die Rede von Florian Renz im Wortlaut nachlesen: