Klare Worte eines Priesters „Zölibat gehört abgeschafft“ und „Der Woelki ist unmöglich“

Pfarrer Doppelfeld sagt klipp und klar: „Zölibat gehört abgeschafft“
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Ulf Doppelfeld ist Pfarrer i. R. Das bedeutet „im Ruhestand“. Also ein pensionierter Geistlicher. Doch der katholische Priester ist alles andere als „in Ruhe“. Sein Geist ist rastlos, seine Zunge ebenso. Am liebsten spricht er über Sexualität. Über die seiner Meinung nach verkorkste Sexualmoral der katholischen Kirche. Über Diskriminierung von Gleichgeschlechtlichkeit. Über die erzwungene Ehelosigkeit von Priestern. „Der Zölibat gehört abgeschafft“, sagt er. Doppelfeld nimmt kein Blatt vor den Mund. In seinem Wohnzimmer in seinem Haus in Werne sagt er noch viel mehr.

Als ich Ulf Doppelfeld pünktlich um 11.30 Uhr privat besuche, steht er schon draußen in der Mittagssonne. Er hat auf mich gewartet. Dabei hat er sich einen Mitarbeiter eines Umzugs-Unternehmens am Nachbarhaus für einen Plausch geschnappt. Als er mich kommen sieht, ruft er quer über die Straße: „Ah, zu Fuß, ich habe extra den Parkplatz freigehalten.“ Während ich Doppelfeld begrüße, macht sich der Umzugs-Helfer still und heimlich davon.

Wir gehen Richtung Haustür. Auf diesem kurzen Stück hat der Hausherr mich grob über die Entstehungsgeschichte seines Hauses sowie in die Vitae seiner Mieter eingewiesen. Bevor ich sein Haus betrete, weiß ich schon: Ulf Doppelfeld denkt schnell, assoziativ und sprunghaft. Und so redet er auch.

Homosexuelle Paare gesegnet

Der Anlass für meinen Besuch? Ich wollte gerne den Leserbrief-Schreiber näher kennenlernen, der gegen den Missbrauch in der katholischen Kirche wettert, der die Ehelosigkeit von Priestern für völlig falsch hält und der von sich behauptet: „Ich war schon immer ein Reformer. Als katholischer Pfarrer habe ich bereits 1985 homosexuelle Paare gesegnet.“ Er sagt es nicht mit einem Lob heischenden Ton. Sondern eher vorwurfsvoll gegen die Amtskirche, die Homosexualität immer noch verpönt.

Es erstaunt, dass ein katholischer Pfarrer so intensiv und ungehemmt über Sexualität spricht. „Ich weiß, das ist ein komplexes, ein heißes Thema in der Kirche. Aber man darf doch nicht die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft ignorieren.“ Doppelfelds sprunghafter Geist landet über einen kleinen Umweg direkt bei Papst Franziskus, den er wohlwollend „als sehr sympathischen Mann“ bezeichnet, auch wenn er nicht alles billigt, was der tut.

Pfarrer Doppelfeld hält zwei Postkarten-Motive in den Händen.
Früher hat er auch einen kleinen Postkarten-Verlag gehabt. Sein Lieblingsmotiv: Nobody ist perfect. © Jörg Heckenkamp

Breitseite gegen Kardinal Woelki

Deutlich schlechter kommt bei ihm Kardinal Woelki weg. „Haben Sie es heute wieder gelesen“, fragt er und gestikuliert, wie er es im gesamten Gespräch tut, in meine Richtung. Es geht um den Zeitpunkt, ab wann Woelki über Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Sternsinger-Chef informiert gewesen sei. In atemlosem Tonfall rekapituliert er kurz die Causa Woelki. Ich komme mit meinem Kugelschreiber nicht mehr mit. Und dann wieder eines dieser knallharten Doppelfeld-Urteile: „Der Woelki ist sowieso unmöglich. Der kann einem nicht in die Augen schauen. Das ist schon verdächtigt. Aus den Augen spricht die Seele.“

Es ist anstrengend, dem Themen-Hüpfer Doppelfeld zuzuhören, aber es ist auch anregend und erhellend. Gerade sind wir noch bei aktuellen Missbrauchs-Vorwürfen, als er mal eben gut 50 Jahre zurückspringt, in seine Vikar-Zeit. Das Gedächtnis des Ruhestand-Pfarrers ist wie das Internet - das vergisst auch nichts. Doppelfeld kennt noch Namen, Funktionen und Ereignisse, die Jahrzehnte zurückliegen. Zum Beispiel den Namen des Notarztes, der ihn vor einigen Monaten behandelt hat, als er einmal ohnmächtig geworden ist. „Dr. Schubert, netter Mann.“ Ich staune nur noch.

Pfarrer Ulf Doppelfeld steht vor seinem Haus und weist auf ein Wappen aus Stein.
Ein eigenes steineres Wappen ziert Ulf Doppelfelds Haus in Werne, das er 2009 baute. © Jörg Heckenkamp

„Engstirnige Bischöfe“

Dann ist er schon wieder in der Gegenwart. Beim synodalen Weg, der die furchtbaren Missbrauchs-Taten in der katholischen Kirche aufarbeiten soll. „Es tut mir weh, wenn ich das sehe, das ist so schwer zu reformieren.“ Und wieder findet er deutliche Worte gegen jene „Sperrminorität engstirniger Bischöfe, die das verhindern. Schlimm.“

Die Zeit ist schon etwas fortgeschritten. Trotzdem stelle ich eine Frage, auf die keine kurze Antwort zu erwarten ist. „Herr Doppelfeld, was treibt Sie an, sich mit 83 noch so zu engagieren?“ Er zögert, wie bei allen Fragen, keine Sekunde: „Ich beschäftige mich geistig, ich interessiere mich. Ich schreibe für das Gemeindeblatt und Leserbriefe.“ Während ich das noch notiere, ist sein rastloser Geist schon wieder weitergesprungen.

„Durfte keine Frau haben“

Irgendwie ist er wieder beim Zölibat gelandet. Aber auch beim menschlichen Miteinander. Bei der Zärtlichkeit, bei der Liebe. In einem Interview im Jahre 2018 anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums sagte er: „Ich liebe Kinder, durfte aber nie welche haben. Ich liebe Frauen, durfte aber keine haben.“

Das Alleinsein eines pensionierten Pfarrers macht ihm zu schaffen. „Wenn ich nach Hause komme, ist hier niemand. Nicht mal ein Hund“, sagt er. Sein häufiges Lächeln ist jetzt hinter einer ernsten Miene vergraben. Mit Wehmut in der Stimme erzählt er von Spaziergängen am Stadtsee in Werne. Paare, die Hand in Hand spazieren gehen, rühren ihn. „Das ist doch zutiefst menschlich. Der Mensch ist ein soziales Wesen.“ Auch katholische Pfarrer. Daher ist ganz klar für ihn: Der Zölibat gehört abgeschafft.

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