Wolfgang, der im Westen von Werne wohnt und seinen Nachnamen ungern in der Öffentlichkeit preisgeben möchte, bezeichnet sich selbst als „Oldtimer-Freak“. Zeitweilig hatte er richtig Freude an sportlichen, PS-starken Vehikeln. Sein jüngster fahrbarer Untersatz ist davon genau das Gegenteil. Spartanisch statt sportlich und mit gerade einmal 30 PS äußerst schwach auf der luftgekühlten Brust. Er sagt: „Ich bin einfach begeistert.“
Denn der 69-Jährige hat jüngst ein Fahrzeug erstanden, das „sieben Tage älter ist als ich“: einen VW Käfer, Baujahr 3/1955, Erstzulassung 10. März 1955. „Das verrückte ist, dass ich erst der zweite Besitzer bin und, dass der Wagen erst knapp 30.000 Kilometer auf dem Tacho hatte, als ich ihn gekauft habe.“ Genauso wie der Wagen selbst fasziniert den ehemaligen leitenden Bänker die Geschichte des Oldtimers.

Erstzulassung März 1955
Diese automobilistische Geschichte beginnt im März 1955 im damals noch von den Alliierten besetzten Berlin, als ein Dr. Ing. den VW 1200 „Ovali“ bestellte. „Das Ovali bezieht sich auf die Form des Rückfensters, die ist ähnlich begehrt wie das sogenannte Brezel-Fenster“, sagt Wolfgang. Jedenfalls lieferte der Händler Eduard Winter, den es heute noch gibt, das Fahrzeug aus. Die Zulassung erfolgte am 10. März 1955. Das Kennzeichen lautete KB 073-883. „Das war ein Kennzeichen der alliierten Besatzungsmächte, in diesem Falle der russischen Kommandatura Berlin“, sagt der Werner. Später wurde es ins gängige deutsche Format übertragen: „B - ZX 53“.
Ein Werbespruch für den Käfer lautete „Er läuft und läuft und läuft“. Doch dieses Exemplar lief gerade einmal drei Jahre und knapp 30.000 Kilometer. Aus unbekannten Gründen wurde der Ovali 1958 stillgelegt. „Der damalige Käufer lebt nicht mehr und die Familie ist wohl verzogen“, berichtet Wolfgang von seinem vergeblichen Versuch, mehr zu den Hintergründen seines neuen schwarz-lackierten Lieblings zu erfahren.

23 Jahre in einer Villen-Garage
So viel ist klar. Der Käfer stand 23 Jahre in der Garage der Ingenieurs-Villa in Berlin-Zehlendorf. 1981 fand er einen neuen Besitzer. Aber keinen neuen Fahrer beziehungsweise Fahrerin. „Das ist auch so eine verrückte Geschichte“, begeistert sich der 69-Jährige. Denn der Käufer wollte den Käfer seiner Tochter als Einstiegsauto schenken, wenn sie die Führerscheinprüfung bestanden hätte. „Hat sie aber nicht“, weiß er.
Konsequenz: Der VW 1200 mit dem luftgekühlten 4-Zylinder-Boxermotor wurde kein zweites Mal zugelassen, sondern ein zweites Mal eingelagert. Kilometerstand: 29.225 „In einer trockenen Tiefgarage im Zentrum von Berlin“, so der stolze neue Besitzer. Da blieb er, bis er als Sammlerstück über einen auf Oldtimer spezialisierten Händler in Berlin auf den Markt kam.

Alles noch Original
„Genauso ein Exemplar habe ich gesucht“, sagt der 69-jährige. Fast auf den Tag so alt wie er, Top-Zustand, fast alles Originalteile, erst ein Vorbesitzer und eine spannende Historie. Er griff zu. Auch wenn man sich für den Kaufpreis einen aktuellen guten Mittelklasse-PKW zulegen könnte. „Ich habe ein Wertgutachten anfertigen lassen und der Wagen ist absolut seinen Preis wert.“
Der Verkäufer hatte den lange abgestellten Veteranen erst etwas aufmöbeln müssen, „zum Beispiel bekam der Motor neue Dichtungen, die Reifen waren auch hin“. Doch die Instandsetzung erfolgt möglichst originalgetreu und hauchte dem VW 1200 Ovali neues Leben ein.

Der gute Zustand machte sich bereits bei der Überführung bemerkbar. Wolfgang holte das Lieblingsstück in Berlin ab und fuhr es auf den Weißwand-Reifen nach Werne: „Fünfeinhalb Stunden, schön gemütlich mit 95 bis 100 km/h über die Autobahn. Ohne Probleme. Es war herrlich.“
Der stolze neue Besitzer war bereits bei einem Oldtimer-Treffen und plant weitere solcher Besuche. Er hegt und pflegt sein Schätzchen und hofft, dass der Werbespruch zutrifft: Er läuft und läuft und läuft....



Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16. November 2024.
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