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Mecke-Skandal: Böser Verdacht gegen amtliche Veterinäre
Tierquäler-Skandal
Auf der Pressekonferenz des Kreises Unna zum Tierschutz-Skandal stand plötzlich ein böser Verdacht im Raum. Haben amtlich bestellte Veterinäre ihre Aufsichtspflicht verletzt? Oder gar noch Schlimmeres?
Der Kreis Unna in Person von Landrat Mario Löhr und Verbraucherschutz-Dezernent Uwe Hasche hatte die Medien zu einer Pressekonferenz in Sachen Tierschutz, Stichwort Mecke-Tierquälerei-Skandal, geladen. Dabei ging es um diverse Einzelheiten des Falles in Werne, aber auch der illegalen Schächtungen bei Prott in Selm. Plötzlich stand ein böser Verdacht gegen amtlich bestellte Veterinäre im Raum.
Denn an der Pressekonferenz nahm auch Friedrich Mülln teil, Vorstandsmitglied der Soko Tierschutz aus München. Die Soko hatte durch versteckt aufgenommenes Video-Material sowohl die illegalen Schächtungen bei Prott als auch die Tierquälereien in Werne aufgedeckt. Die führten am vergangenen Freitag, 13. August 2021, zur Schließung der beiden Mecke-Verkaufsgeschäfte, der Schlachterei sowie zu einer Art „Berufsverbot“ für Inhaber Marko Mecke.
„Nicht ein Behördenvertreter zu sehen“
Durch seine investigativen Recherchen verfügt Mülln über ausgezeichnetes Insider-Wissen. Und so konfrontierte er Löhr und Hasche mit der Frage, „warum trotz lückenlosen Videomaterials nicht ein amtlicher Vertreter auf den Aufnahmen bei Prott zu sehen“ sei. Das Material sei ohne Pause über einen Zeitraum von zwei Wochen, aus diversen Kameras und ohne toten Winkel aufgenommen. „Aber nicht einmal ist ein Behördenvertreter zu sehen“, so Mülln.
In dieser Zeit habe man weder an der Laderampe, noch im Stall, noch im Schlachtraum einen amtlichen Veterinär, also einen vom Kreis beauftragten niedergelassenen Tierarzt, gesehen, sagt Müll, obwohl sie eigentlich Kontrollen hätten durchführen müssen. Der Verdacht: Die amtlich bestellten Veterinäre haben Kontrollen dokumentiert und abgerechnet, die sie gar nicht vorgenommen haben.
Zumindest bei der Lebendbeschau, also vor dem Schlachten, „haben wir auf dem Videomaterial alle Menschen in mühsamer Kleinarbeit identifiziert“, sagt Mülln. „Darunter fanden wir nicht einen Kontrolleur“, sagt der Soko-Aktivist. Das würde bedeuten: Kontrollen in Sachen Tierschutz und Hygiene sind ausgefallen, zudem steht der Verdacht des Abrechnungsbetruges im Raum.
Dezernent Hasche räumte ein, dass ihm diese Frage bekannt sei und unter den Nägeln brenne. „Das ist tatsächlich eine der wichtigsten Fragen im Fall Prott, die wir zu klären haben.“ Vorausgesetzt, dass Videomaterial der Soko sei tatsächlich lückenlos, gebe es Aufklärungsbedarf. „Wir müssen jetzt die Dokumentation übereinanderlegen und abgleichen“, sagte Hasche.
Stand Kontrolleurin auf der Mecke-Lohnliste?
Eine weitere Insider-Frage von Müll betraf den Fall Mecke und ebenfalls die vom Kreisveterinäramt beauftragte Kontrolleurin. „Kann es sein, dass diese von Ihnen beauftragte Tierärztin privatwirtschaftlich etwas mit dem Betreiber zu tun hatte“, wollte Mülln wissen. Ob sie „mitverdient bei Mecke“ hat?
Der Verdacht: Die Veterinärin, die einerseits vom Kreis beauftragt war, Mecke auf die Finger zu schauen, stand andererseits auf der Lohnliste von Marko Mecke. Auch diesen Verdacht wies Hasche nicht von sich, sondern räumte ein, dass „es durchaus üblich ist, das von uns beauftragte, niedergelassene Tierärzte auch für andere Auftraggeber tätig sind“.
Das klingt ähnlich wie die Tatsache, dass der per Video überführte Tierquäler gleichzeitig offiziell Tierwohl-Beauftragter der Mecke GmbH war.
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