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Im Video: Kreis Unna erklärt, wie man auf den Tierquälerei-Skandal in Werne reagiert
Tierquäler-Skandal
Geheime Aufnahmen einer Tierschutz-Organisation haben vor drei Wochen einen Tierquälerei-Skandal in Werne ins Rollen gebracht. Der Kreis Unna als Aufsichtsbehörde nahm nun Stellung und kündigte Konsequenzen an.
Der gemeinnützige Verein Soko Tierschutz aus München hat vor etwa drei Wochen einen Tierquäler-Skandal rund um eine sogenannte Viehsammelstelle in Werne ins Rollen gebracht. In dieser Zwischenstation für Schlachtvieh wurden Tiere brutal von Mitarbeitern gequält. Unter anderem mit Schlägen, Tritten und Stromstößen. Das Video-Material war so eindeutig, dass die Staatsanwaltschaft Dortmund Ermittlungen aufgenommen und Durchsuchungen veranlasst hatte.
Mittlerweile sind mehrere Wochen vergangen, aber es ist kein Ende des Skandales abzusehen. Wie der Stand der Dinge ist, ob und welche Konsequenzen es bei der Veterinärbehörde des Kreises Unna gibt - dazu hat sich Landrat Mario Löhr am Dienstagmittag (17. August) geäußert. Zudem erklärte Uwe Hasche, Dezernent Gesundheit und Verbraucherschutz des Kreises, wie man künftig Tierhaltungsbetriebe kontrollieren wird. Das aufgezeichnete Video von der Pressekonferenz am Mittag:
Die wichtigsten Aussagen aus der Pressekonferenz:
Landrat Mario Löhr kündigt als Konsequenz aus dem Skandal an, dass man personell „im zweistelligen Bereich“ das Veterinärarmt verstärken wird. Aktuell arbeiten dort 42 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier habe es keine Hinweise gegeben, dass hier grob fahrlässig gehandelt wurde. Zudem kündigte er zusätzliche und unangemeldete Kontrollen an. „Wir werden hier rigoros hinterher gehen“, kündigte der Landrat an. „Ich werde so etwas nicht tolerieren und habe es auch in der Vergangenheit nicht toleriert. Ich will so etwas nie wieder erleben. Aber auszuschließen ist es einfach nicht“, erklärt Mario Löhr mit Blick auf kriminelle Machenschaften in Betrieben.
Uwe Hasche, Dezernent Gesundheit und Verbraucherschutz des Kreises, erklärt eingangs, welche Ordnungsverfügungen gegen die Firma Mecke GmbH ausgesprochen worden sind. Neben dem Halten, Verarbeiten oder Töten von Tieren gehört der Handel mit Wirbeltieren dazu. Neu ist, dass am Freitag (13. August) zudem verfügt wurde, dass auch der Nutztierbestand in der Viehsammelstelle an der Lünener Straße aufgelöst werden muss. Dafür gibt der Kreis Unna Marko Mecke vier Wochen Zeit.
Hasche erklärt noch einmal, wieso man am Freitag erst reagiert hat und etwa die Schlachterei an der Lippestraße in Werne geschlossen worden ist. „Wir konnten es vorher rechtlich nicht auf sichere Beine stellen.“ Die nun verhängten Ordnungsverfügungen gelten mit sofortiger Wirkung und somit so lange, wie sie kein Gericht aufheben.
Viehsammelstelle in Werne einmal im Monat kontrolliert
Zur Vorgeschichte sagt Hasche: „Die Viehsammelstelle wurde einmal im Monat kontrolliert - und zwar im Zusammenhang mit anstehenden Pferde-Lieferungen. Wir haben Akteneinsicht dazu bekommen.“ Elf Kontrollen haben in 2020 stattgefunden, im Jahr 2021 neun Kontrollen, so Hasche weiter. Es wurde demnach jedes einzelne Tier angeschaut, ebenso die Viehsammelstelle an sich. Man schaute etwa nach, ob es genügend Tränken gegeben hat.
„Im Regelfall hat es keine Beanstandungen gegeben“, so Hasche. Dabei hat es laut Hasche zu keinem Zeitpunkt Hinweise oder Fakten darauf gegeben, dass dort nicht nur Pferde gehalten werden. „Es gab keine Hinweise darauf, dass hier andere Tiere als Pferde zum Zwecke des gemeinschaftlichen Transports gehalten wurden.“
Zum Hintergrund: Die Viehsammelstelle hat nur eine Zulassung für Pferde, auf den Bildern und Videos wurden aber auch Rinder oder Schweine gesehen. Mit Blick auf die von der Soko Tierschutz veröffentlichten Bilder und Videos aus der Viehsammelstelle sagte er: „Wir hatten keine Chance, diese Täter zu überführen.“
Uwe Hasche kündigt zudem ein stärkeres, interdisziplinäres Kontrollsystem - unter anderem auch bei den landwirtschaftlichen Betrieben selbst - an.
Nach einer Kleinen Anfrage der Grünen im Bundestag wurde bekannt, dass Tierhaltungsbetriebe nur alle 17 Jahre kontrolliert werden, in NRW alle 14 Jahre. „Ich kann ihnen dazu sagen: Wir sind nicht besser aber auch nicht schlechter als andere Veterinärämter“, so Hasche. Er kündigte an, dass sich das in Zukunft ändern soll.
„Fleisch aus der Tierverwertung in Mecke-Wurst?“
Auf die Frage, ob Fleisch aus der Tierwertung womöglich in der Wurst für den menschlichen Verzehr gelandet ist, sagt Landrat Mario Löhr: „Das kann ich nicht bestätigen, kann es aber auch nicht ausschließen.“
Der zweite Schlachtbetrieb von Marko Mecke am Froningholz in Werne wurde laut Uwe Hasche noch nicht in Gänze vom Kreis Unna geschlossen, weil man dafür noch keine Rechtsgrundlage habe.
„Aus dem Tenor der Ordnungsverfügungen, die alle Betriebe der Firma betreffen, ist dort kein Umgang mit Tieren möglich. Es können keine weiteren Tiere zugeführt, geschlachtet und weiterverarbeitet werden. Weil wir das Inverkehrbringen von Lebensmitteln zudem untersagt haben, ist damit sichergestellt, dass es keine Querverbindungen zu den beiden Betrieben von Mecke gibt“, so Hasche weiter. Aufgrund der aktuellen Ordnungsverfügungen habe Mecke derzeit aber nur noch die Möglichkeit, „die Restbestände über den Futtermittelbetrieb zu vertreiben“.
Tierlieferungen „unter dem Radar“?
Auf Rückfrage von Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz erklärt Uwe Hasche, dass die Möglichkeit besteht, dass auch Tierlieferungen „unter dem Radar der Behörde“ in die Viehsammelstelle angekommen sind.
Das Vorstandsmitglied der Soko Tierschutz stellt weitere konkrete Fragen zu den Geschehnissen, woraufhin Volker Meier, Pressesprecher des Kreises Unna, darauf hinweist, dass er diese doch im Bürgerforum in Werne am Mittwoch stellen sollte und nicht auf dieser Pressekonferenz.
Die Soko Tierschutz hatte den ganzen Skandal mit der Veröffentlichung der verdeckt gedrehten Bilder und Videos ins Rollen gebracht. Tierschützer wie Friedrich Mülln sind dabei, weitere Hintergründe rund um die Vorkommnisse bei Mecke aufzudecken. Eine dahingehende Frage, ob die Kontrollen in der Viehsammelstelle von Personen durchgeführt wurden, die womöglich privatwirtschaftlich Kontakt zu Marko Mecke haben, konnten die Verantwortlichen des Kreises Unna nicht beantworten.
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Jeden Tag Menschen hautnah - nichts ist spannender als der Job eines Lokalredakteurs. Deshalb möchte ich nichts anderes machen - seit mehr als 35 Jahren.
