Die beiden Lippestädte Werne und Bergkamen sind nicht immer auf einer Wellenlänge. Das bisweilen etwas angespannte nachbarschaftliche Verhältnis hat historische Wurzeln. Die Zeiten, in denen die Lage besonders brisant war, liegen allerdings weit zurück. Beim Neubau der Lippebrücke arbeitete man zuletzt gewissermaßen Hand in Hand. Und wenn es nach Clemens Overmann geht, könnte das bald erneut so sein. Mit Blick auf ein anderes Thema, bei dem jedoch durchaus auch die Lippe eine Rolle spielt.
Grund sind die Pläne der Ruhrkohle AG (RAG), künftig wieder PCB-haltiges Grubenwasser in den Fluss zu leiten. Und zwar ungefiltert. Gegen die Pläne gibt es in Bergkamen schon lange Protest. Bürger und Umweltschützer gehen auf die Barrikaden. Erst kürzlich hat sich ein Arbeitskreis gegründet. Und auch die Politik ist skeptisch ob des Vorhabens.
Dabei würde es sich keineswegs um ein absolutes Novum handeln. Denn über viele Jahre hatte die RAG sogar eine Genehmigung für die Einleitung von Grubenwasser in die Lippe. Und von der machte sie auch Gebrauch. Seit einiger Zeit lässt das ehemalige Bergbauunternehmen das schadstoffhaltige Wasser allerdings auf 600 Meter unter der Erdoberfläche ansteigen. Ein ebenfalls umstrittenes Prozedere, da manch einer Bergschäden fürchtet.
Großes Hebewerk entsteht in Bergkamen
Ab 2025 soll das Grubenwasser wieder in den Fluss geleitet werden - mithilfe von Pumpen, die in einem riesigen Hebewerk über dem ehemaligen Schacht 2 der Zeche Haus Aden laufen. Noch existiert besagtes Hebewerk aber bloß auf dem Papier. Vor einigen Jahren hatte die RAG bereits verschiedene Filtermethoden vor Ort getestet. Keine davon brachte ein zufriedenstellendes Ergebnis. Dennoch kündigte die RAG zuletzt an, die zukünftige Einleitung zunächst auch ohne PCB-Filteranlage zu starten.
Das bringt Clemens Overmann regelrecht auf die Palme. „Das ist doch eine ökologische Katastrophe. Zumal wir wenige Hundert Meter weiter für viel Geld die Lippe renaturieren. Perverser geht es nicht“, sagt der Lebensmittelhändler, der sich seit Jahrzehnten für den Umweltschutz engagiert. Mit den Aussagen der RAG kann und will er sich in diesem Zusammenhang nicht abfinden: „Die sagen, sie bewegen sich im Rahmen der Gesetze. Das Problem ist, dass das geltende Recht viel zu schwach ist. Trotz der europäischen Wasserrahmenrichtlinie.“

Dass ein Filter installiert werden muss, um PCB und andere Schwermetalle aus dem Wasser herauszufischen, steht für Overmann außer Frage. Kosten dürften dabei keine Rolle spielen, sagt er. Die RAG-Stiftung habe schließlich mehr als genug Geld zur Verfügung.
Laut Angaben des Bundesfinanzministeriums belief sich das Vermögen der Stiftung Ende 2021 auf über 21 Mrd. Euro. Im gleichen Jahr investierte die RAG 264 Mio. Euro in die Erfüllung der „Ewigkeitsaufgaben“. Dabei handelt es sich um Maßnahmen wie Grundwasserreinigung und Grubenwasserhaltung, die aufgrund der Folgen des Bergbaus erforderlich sind.
Reaktion von Stadt und Politik gefordert
Und was genau ist nun Overmanns Ziel? In einem offenen Brief an Wernes Bürgermeister Lothar Christ fordert der Umweltschützer ein klares Signal von Stadt und Politik: „Mit Hilfe einer Resolution machen Sie unmissverständlich gegenüber der Bezirksregierung Arnsberg beziehungsweise dem LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) klar, dass die Stadt Werne gegen künftige ungefilterte Einleitungen von giftigen Schwermetallen in die Lippe ist“, heißt es unter anderem in dem Schreiben.
Es sei ihm wichtig, dass Werne sich in dieser Angelegenheit klar positioniert, sagt Overmann. Schließlich hat das, was sich in der unmittelbaren Nachbarschaft abspielt, bisweilen auch Konsequenzen für das Leben in der eigenen Kommune - in diesem Fall der Lippestadt.

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