„Manchmal tanzen Buchstaben durcheinander“: Legastheniker Mathias (38) bringt Buch heraus

Buchvorstellung

Um sein Handicap macht er keinen Hehl. Im Gegenteil. Mathias Tengowski (38) aus Werne, der Legasthenie hat, hat sein eigenes Buch veröffentlicht. Damit möchte er anderen Mut machen.

von Andrea Wellerdiek

Werne

, 16.04.2019, 17:35 Uhr / Lesedauer: 2 min
Mathias Tengowski, genannt Jack Tengo, hat sein eigenes Buch heraus gebracht. Der 38-Jährige beschreibt in „Rechtschreibung-Linksschreibung. Unrechtschreibung?“ sein Leben mit Legasthenie. Co-Autorin Renate Behr hat dem Werner bei der Fertigstellung geholfen.

Mathias Tengowski, genannt Jack Tengo, hat sein eigenes Buch heraus gebracht. Der 38-Jährige beschreibt in „Rechtschreibung-Linksschreibung. Unrechtschreibung?“ sein Leben mit Legasthenie. Co-Autorin Renate Behr hat dem Werner bei der Fertigstellung geholfen. © Andrea Wellerdiek

Manchmal tanzen die Buchstaben durcheinander, manchmal muss man einfach noch einmal von vorn beginnen. Wie Mathias Tengowski geht es etwa 3 bis 6 Prozent der deutschen Bevölkerung. Der 38-Jährige aus Werne hat Legasthenie. Er schämt sich nicht dafür. Ganz im Gegenteil.

Er geht ganz offensiv mit seiner Lese- und Rechtschreibschwäche um und hat es aufgeschrieben. Sein Buch „Rechtschreibung - Linksschreibung. Unrechtschreibung?“ hat er gemeinsam mit Autorin Renate Behr nun herausgegeben. Es soll ein Ratgeber und Mutmacher für Gleichgesinnte sein und Nicht-Betroffenen die Augen über ein - meist angeborenes - Handicap öffnen.

Ein Buch zu schreiben ist keine Selbstverständlichkeit

Mathias Tengowski, der das Buch unter seinem Pseudonym und Künstlernamen Jack Tengo veröffentlicht hat, gibt mit einer Prise Humor persönliche Einblicke in sein Leben und den Umgang mit der Legasthenie. Selbst ein Buch zu schreiben das ist für den 38-Jährigen keine Selbstverständlichkeit.

Aber er wollte seine Erfahrungen mit anderen teilen. Schon in der Schule hatte er aufgrund seiner Schwäche mit Mobbing zu kämpfen, mittlerweile kommen Beschimpfungen über soziale Netzwerke hinzu.

Das macht ihn wütend. Aber auch ein Stück stärker. „Wer mir Steine in den Weg legen will, dem danke ich und sage: Damit kann ich etwas Schönes bauen, denn ich bin ich ja Landschaftsgärtner“, sagt der 38-Jährige und lacht.

Nicht immer war es für den Werner so einfach, mit seiner Lese- und Rechtschreibschwäche umzugehen. „Man muss erst lernen, sich zu wehren und sich im Laufe der Zeit ein dickes Fell zulegen.“

Mathias Tengowski stellt Passagen aus seinem Buch vor.

Mathias Tengowski stellt Passagen aus seinem Buch vor. © Felix Püschner

Eine unangenehme Erfahrung hat Mathias Tengowski in jungen Jahren bei einem Schulausflug in eine Bücherei erlebt, wie er im Audio, das gleichzeitig ein Auszug aus seinem Buch, Kapitel 14 ist, erzählt:

Nachdem sich herausgestellt hatte, wie die Mitarbeiterin der Bücherei reagiert hat, wurde sie entlassen, erzählt Mathias Tengowski:

Mathias Tengowski hat bereits Kurzkrimi verfasst

Sein Handicap, zu dem auch eine Dyskalkulie (Mathematikschwäche) gehört, wurde zu Beginn der Schulzeit diagnostiziert. Mathias Tengowski wechselte von der Grund- auf eine Sonderschule. Später absolvierte er eine Ausbildung zum Garten- und Landschaftsbauer.

Heute engagiert sich der Werner in sozialen Projekten wie etwa der örtlichen Tiertafel. Und er schreibt. Mathias Tengowski hat einen Kurzkrimi in der Anthologie „Tathergang 3: Rachedurst“ veröffentlicht. Außerdem wirkt er in Hörspielen mit.

Buch-Idee ist 2017 entstanden

So ist auch der Kontakt zur Autorin Renate Behr entstanden. Die 65-Jährige suchte noch nach Sprechern für ihren Krimi „Kommissar Wischkamp: Ermittlung mit Hindernissen“. Das war 2017. Zum Jahresende entwickelten die beiden die Idee, ein Buch herauszubringen.

Mathias Tengowski bat Renate Behr darum, seine Texte zu lesen. „Das war sehr schwierig und manchmal völlig unverständlich. Aber den feinsinnigen Humor habe ich gleich entdeckt“, sagt Behr, die als Co-Autorin fungiert. Sie forderte weitere Texte, die vor allem die Schul- und Ausbildungszeit beschreiben sollten. „Es musste schon mehr sein als fünf bis sechs DIN-A4-Seiten“, erklärt Behr.

Authentisches Buch

Sie bearbeitete die Texte so, dass sie verständlich sind und die Kernaussagen enthalten. Die Fehler und Ausschweifungen, die Mathias Tengowski als Legastheniker typisch passieren, sind noch zu finden. So ist ein 113-seitiges starkes, authentisches Buch entstanden. Das Buch „Rechtschreibung-Linksschreibung. Unrechtschreibung?“ ist für 14,90 Euro bei Bücher Beckmann, direkt beim Brighton Verlag sowie bei den Autoren erhältlich.

Stolz hält Mathias Tengowski sein 113-seitiges Buch in den Händen.

Stolz hält Mathias Tengowski sein 113-seitiges Buch in den Händen. © Felix Püschner