Demografische Entwicklung
Landrat Makiolla: Flüchtlinge sind eine Chance
Hunderttausende Menschen aus armen Regionen und Kriegsgebieten kommen nach Deutschland. Schaffen wir das als Gesellschaft oder schaffen wir das nicht? Am Rande einer Pressekonferenz hat Landrat Michael Makiolla deutliche Worte gefunden, wie er die Situation im Kreis Unna sieht. Hören Sie rein.
Michael Makiolla, Landrat im Kreis Unna.
Ein Tag, nachdem Finanzminister Wolfgang Schäuble in Berlin stolz seine „schwarze Null“ präsentiert hat, kommt die verärgerte Entgegnung aus Unna. Der Minister ziele „an den Herausforderungen der Zeit“ vorbei, wenn zu Lasten der Kommunen an dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalt festhalte, so Landrat Michael Makiolla.
Er fordert den Bund auf, sich stärker an den Kosten für die Unterkunft anerkannter Flüchtlinge zu beteiligen: mit 39 statt bislang 26,4 Prozent. Das wäre eine „graue Null“ für Schäuble, aber „ein Licht am Ende des Tunnels für uns Kommunen.“
Mit dieser Forderung steht Makiolla nicht alleine da. Die Landkreisversammlung, also die Vereinigung der 30 Kreise des Landes NRW sowie der Städteregion Aachen, hatte das in der vergangenen Woche in Düsseldorf ebenfalls befunden. Die Anhebung sei ein „Quantensprung“, räumte Makiolla am Mittwoch während eines Pressegesprächs in Bergkamen-Heil ein, „aber es ist auch nicht die Zeit für Trippelschritte: Große Herausforderungen brauchen mutige Lösungen.“
Die Finanzierung der Flüchtlingshilfe auskömmlich zu gestalten, bekomme immer mehr Bedeutung. „Wir Kreise sind zuständig für die Kosten der Unterkunft anerkannter Flüchtlinge, und zwar nicht nur für Miete und Strom, sondern auch für die Erstausstattung mit Mobiliar und Kleidung“ machte er klar.
Ausgaben schnellen in die Höhe
Da aufgrund schnellerer Verfahren die Zahl der anerkannten Flüchtlinge deutlich steige, schnellten auch die Ausgaben in die Höhe: Geld, das sich Makiolla nicht bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden über die Kreisumlage wiederholen will. Die seien ohnehin schon genug belastet. Mehr sei da nicht machbar.
Im Kreis Unna leben zurzeit rund 3000 zugewiesene Asylbewerber, Tendenz steigend. Dennoch: „Ich bin sicher, dass wir das schaffen“, so Makiolla – wenn der Bund die entsprechende finanzielle Unterstützung bereitstelle.
Der Landrat des Kreises Unna will den Flüchtlingszustrom nicht nur als Herausforderung für alle staatlichen Ebenen verstanden wissen, sondern vor allem auch als Chance. „Wir haben Glück, es kommen Menschen zu uns, vor allem junge Menschen.“ Noch vor wenigen Jahren sei nicht daran zu denken gewesen.
„Da haben wir mit großer Sorge über die Auswirkungen des demographischen Wandels diskutiert.“ Anfang 2015 habe der Kreis Unna rund 58 630 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren gezählt. Anfang 2010 wären es laut Prognose bereits 4370 Kinder und Jugendliche weniger gewesen: „eine Gefahr für unsere Solidargemeinschaft, für unser Sozialwesen, für unsere Wirtschaft für unseren Wohlstand“, so Makiolla.
"Wächst Teil unserer Zukunft heran"
Die Flüchtlinge, von denen jeder vierte unter 16 Jahre sei, änderten diese Entwicklung entschieden. „Hier wächst ein Teil unserer Zukunft heran.“ Umso wichtiger sei es, diesen jungen Leuten den Weg zu ebnen – vor allem durch gute Schulausbildung.
Anlass für Neiddiskussionen, wie er sie zunehmend registriert, sei das nicht, machte der Landrat klar. „Allen Menschen, die Hilfe brauchen, bieten wir sie auch nach unseren Möglichkeiten – Asylbewerbern genauso wie anderen.“ Daher sei er auch entschieden dagegen, Flüchtlinge Vorteile zukommen zu lassen, die andere Bürger nicht hätten. Jüngstes Beispiel sei ein Antrag der Grünen im Kreistag, Flüchtlingen verbilligte Tickets für Busse anzubieten. „Da bin ich klar dagegen.“