Vor der Kommunalwahl 2020 erklärte Wernes Bürgermeister Lothar Christ: „Wir haben in der Innenstadt eine Entwicklung, die uns Sorgen bereitet.“ Gemeint waren vor allem die Leerstände. Hier müsse man gegensteuern – unter anderem durch Veranstaltungen, die Kundschaft anlocken. Die Entwicklung der Innenstadt war folglich eines der Ziele, die sich Wernes Stadtoberhaupt für die neue Legislaturperiode setzte. Heute sagt er auf Anfrage unserer Redaktion: „Das Ziel, eine lebenswerte Innenstadt zu erhalten und zu stärken, ist durch zahlreiche Maßnahmen gefördert worden und insoweit erreicht.“ Stimmt das wirklich?
Fakt ist: Der reine Blick auf die Zahlen ist zunächst einmal ernüchternd. Die Zahl der leerstehenden Ladenlokale sank zwar von 17 im Jahr 2020 auf acht in 2023, doch aktuell stehen wieder 14 Immobilien leer. Ein zentrales Problem ist in vielen Fällen der Sanierungsstau. Lediglich zwei Ladenlokale, die derzeit leer stehen, sind nach Einschätzung der Wirtschaftsförderung in einem vermietbaren Zustand.
„Tatsache ist, dass sich die Innenstädte verändern und auch immer wieder Geschäftsaufgaben zu verzeichnen sind. Insgesamt ist es bei aller herausfordernden Lage für die Innenstädte der kleineren und mittleren Städte gelungen, die Leerstandsquote in Werne nicht ansteigen zu lassen“, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion aus dem Stadthaus.
Um es positiv zu sehen: Wenn man bedenkt, wie viele Geschäfte in der Innenstadt seit 2020 geschlossen wurden – darunter auch alteingesessene Betriebe wie etwa das Schreibwarengeschäft Adam nach mehr als 130 Jahren –, dann lässt sich die gegenwärtige Leerstandsquote von 7,6 Prozent durchaus als Erfolg verbuchen. Für viele Geschäftsimmobilien fanden sich neue Mieter. Allein für das Jahr 2024 führt die Stadt in ihrer Statistik 12 Neuvermietungen und Neueröffnungen auf. Dazu gehören auch die Geschäfte in der Werne City Mall.
City Mall und Hühnerhof sorgen für Gesprächsstoff
Auf die Eröffnung der neuen Mall als Nachfolger des Horne-Centers hatten viele Bürger lange gewartet – genauso wie Gastronomen und die umliegenden Geschäfte. Schließlich erhöht ein solches Angebot spürbar die Kundenfrequenz. Ähnliches erhofft man sich in Zukunft auch von dem als „Hühnerhof“ bekannten Areal direkt gegenüber der City Mall.
Rund eine Million Euro hat die Stadt für die Fläche bezahlt. In diesem Zusammenhang ließ man ein Gutachten anfertigen, das das Potenzial der Fläche, mögliche Nutzungen und Effekte aufzeigen sollte. Auch die Bürger durften sich beteiligen und eigene Ideen einbringen. Allerdings sieht die Politik das Projekt durchaus mit gemischten Gefühlen. Seitens der CDU hieß es beispielsweise, man solle den Fokus lieber auf die Bekämpfung der gegenwärtigen Leerstände in der Bonenstraße richten. Dennoch beschloss der Rat im Dezember 2024 mehrheitlich die weitere Entwicklung der Fläche.

In Sachen Aufwertung der Innenstadt verweisen Verwaltung und Bürgermeister zudem auf die Veranstaltungen, die man in den vergangenen Jahren ausgebaut und verbessert habe - etwa den Weihnachtsmarkt, das Straßenfestival oder den Genussfrühling. Auch die Verlegung des Familienfests in die Innenstadt sowie das Entenrennen, das 2025 in die zweite Runde geht, sollen zur Attraktivität der Innenstadt beitragen.
Fakt ist allerdings auch: Bei so manchem Vorstoß der Verwaltung regte sich in der laufenden Legislaturperiode Widerstand - und zwar nicht nur aus den Reihen der Politik. Dass das Stadtmarketing plötzlich am Konzept für den traditionellen Familienflohmarkt schraubte, kam nicht gut an. Sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung waren die ersten Reaktionen eher negativ. Kritisiert wurde anfangs beispielsweise das neue Vorgehen bei der Vergabe der Standplätze. Durch das neue Anmeldeverfahren verliere die Veranstaltung ihren Charme, so die Befürchtung.
Museums-Umbau und Pläne für Klostervorplatz
Zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt haben aus Sicht der Verwaltung aber noch weitere Maßnahmen beigetragen: „Mit der Fertigstellung der Neugestaltung der Bonenstraße in 2021 sowie dem für dieses Jahr vorgesehenen Um- und Neubau des Klostervorplatzes sind investive Verbesserungen, die zu einer Aufwertung der Werner Innenstadt führen, umgesetzt bzw. eingestielt worden.“ Gleiches gelte für die Neugestaltung des 1. Obergeschosses des Karl-Pollender-Stadtmuseums.
Als nächster „Baustein“ soll noch im Frühjahr 2025 die Installation von neun Informationsstelen folgen, die in der Innenstadt Besuchern Orientierung geben, Standorte für Angebote und Informationen darstellen und über QR-Codes zu Hinweisen auf der städtischen Website leiten.

Unsere Einschätzung: Bürgermeister und Verwaltung haben einiges unternommen, um die Innenstadt attraktiver zu gestalten, dabei aber nicht immer eine gute Figur in Sachen Kommunikation gemacht. Beispielsweise sorgte der Umbau der Bonenstraße – nicht zuletzt aufgrund des Timings – mehrfach für Frust bei den Gastronomen. Bei den Neuerungen für den Familienflohmarkt fühlte sich die Politik übergangen.
Gut ist, dass die Bürger nun stärker beteiligt werden – etwa mit Blick auf den Hühnerhof oder das Stadtmuseum. Dass die Zahl der Ladenleerstände nicht noch stärker gestiegen ist, kann die Wirtschaftsförderung tatsächlich als Erfolg verbuchen. Viele Gespräche und die Akquise von Fördergeldern haben dazu beigetragen. Auf den Zustand der Immobilien kann die Stadt hingegen kaum einwirken.
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