Finanzen von Kindern und Jugendlichen Darf ich mein Kind mit 100 Euro Hosen kaufen schicken?

Von Leander Müller
Finanzen von Kindern und Jugendlichen: Ein Experte erklärt den Taschengeld-Paragrafen
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Ein Grundgedanke des bürgerlichen Rechts in Deutschland ist die sogenannte Privatautonomie. Dies bedeutet, dass jeder eigenverantwortlich Rechtsgeschäfte eingehen darf. Dieses Grundprinzip wird jedoch dann eingeschränkt, wenn jemand aufgrund seines Alters oder einer Krankheit nicht in der Lage ist die Folgen seines eigenen Handelns zu überblicken. Bei jüngeren Familien wird also regelmäßig die Frage aufkommen, was Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren an Rechtsgeschäften eingehen dürfen und was nicht. Die gesetzlichen Vertreter dieser Kinder sind in der Regel die Eltern. Aber welche Geschäfte können die Kinder ohne Hilfe der Eltern für sich selbst abschließen?

Hat eine Person das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist sie geschäftsunfähig. Alle Geschäfte, die dieses Kind ohne die Zustimmung der Eltern abzuschließen versucht, sind nichtig. Zwischen dem Alter von sieben Jahren und 18 Jahren, sind die Kinder beschränkt geschäftsfähig. Mit diesem Status soll es Ihnen ermöglicht werden, zumindest mit gewissen Begrenzungen, am Rechtsverkehr teilzunehmen. Die wesentliche Frage lautet dabei: Führt die Eingehung des Rechtsgeschäftes zu einem rechtlichen Nachteil oder lediglich einem rechtlichen Vorteil für den Minderjährigen?

Ein rechtlicher Nachteil ist es zum Beispiel, wenn der Minderjährige durch die Eingehung des Rechtsgeschäftes einem anderen Geld zahlen müsste und mithin zunächst eine Schuld gegenüber seinem Vertragspartner zu begleichen hat. Geht der Minderjährige jedoch ein Rechtsgeschäft ein, welches mit keinerlei Pflichten für ihn verbunden ist, sondern nur den Vertragspartner verpflichtet, so ist das Geschäft für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft.

Geschenkt ist geschenkt

Ein häufiges Beispiel von reiner rechtlicher Vorteilhaftigkeit dürften die meisten Schenkungen darstellen. Wird das Geschenk dem Minderjährigen unmittelbar überreicht, dann ist ein wirksamer Schenkungsvertrag entstanden. Es gilt die alte Weisheit: „Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen.“.

Wenn das beabsichtigte Geschäft für den Minderjährigen nicht allein rechtlich vorteilhaft ist, benötigt er zum Abschluss des Geschäftes die Einwilligung oder Zustimmung durch seine gesetzlichen Vertreter, also zumeist durch seine Eltern. Diese Einwilligung kann natürlich auch in einem schlüssigen Handeln der Eltern zu sehen sein; es ist nicht in jedem Falle nötig, dass die Eltern ausdrücklich mündlich oder schriftlich erklären, dass sie mit einem bestimmten Vorgang einverstanden sind.

Ein Kind mit Taschengeld.
Was dürfen Kinder und Jugendlichen mit ihrem Taschengeld kaufen? Unser Familienrechtsexperte gibt Einblicke in die Rechtslage zum Thema Geschäftsfähigkeit. © picture alliance/dpa

100 Euro in Bar an der Kasse

Ein Fall, in dem das Einverständnis der Eltern gesetzlich geregelt ist, ist das sogenannte „Bewirken der Leistung mit eigenen Mitteln“. Dabei geht es schlicht um das Überlassen von Taschengeld an das beschränkt geschäftsfähige Kind. Es ist also ausreichend, wenn zum Beispiel einem Jugendlichen von den Eltern Bargeld gegeben wird, um einen bestimmten Einkauf zu tätigen oder der Jugendliche mit dem Taschengeld, welches ihm zur freien Verfügung überlassen wurde, sich etwas kauft.

Wichtig für die Wirksamkeit des Vertrages ist es dabei, dass der Jugendliche die Kaufpreiszahlungsverpflichtung sofort mit dem ihm zur Verfügung gestellten Mitteln begleicht. Sollte er mit seinem viel zu geringen Taschengeld in einem Elektronikgeschäft einen Fernseher zum Preis von 1000 € kaufen wollen und eine Teilzahlung vereinbaren, so wird dieses Geschäft nicht wirksam sein, bis nicht der letzte Euro bezahlt ist. Wenn man hingegen als Eltern einem Jugendlichen 100 € in bar mitgibt, um sich davon etwa eine Hose zu kaufen, wird der Jugendliche an der Kasse des Geschäftes sofort die Zahlung leisten. Damit ist der Hosenkauf wirksam.

Der „Taschengeldparagraf“

Die zuvor vorgestellte Regelung des sogenannten „Taschengeldparagrafen“ dürfte jedoch nicht unbegrenzt gelten. Das Überlassen von Taschengeld zur freien Verfügung bedeutet nicht, dass Geschäftsinhaber davon ausgehen dürfen, dass mit diesem Geld von Jugendlichen Zigaretten, hochprozentiger Alkohol oder Ähnliches unter Einwilligung der Eltern gekauft werden dürfen.

Ganz abseits davon, dass bereits Jugendschutzvorschriften die Abgabe solcher Produkte an Minderjährige untersagen, dürfte dem Jugendlichen das Geld nicht für diesen Zweck zur Verfügung gestellt worden sein. Der Sinn und Zweck des sogenannten Taschengeld Paragrafen besteht darin, den Eltern und ihren Kindern einen rechtlichen Freiraum zu lassen, damit die Minderjährigen lernen mit Finanzmitteln zu haushalten.

Leander Müller, Experte für Familienrecht
Leander Müller ist Experte für Familienrecht. In unserer Kolumne informiert er über Unterhaltsfragen, Geschenke, Scheidungen oder Erbfragen. © Dr. Stecker Hane Rechtsanwälte

Leander Müller (35) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht. Er ist in der Rechtsanwalts- und Notarsozietät SCHLÜTER GRAF in Dortmund (www.schlueter-graf.de) tätig. Seine Haupttätigkeitsgebiete sind das Erbrecht und das Familienrecht. Hierzu gehören vorsorgende Beratungen und die Vertretung in Rechtsstreitigkeiten rund um beispielsweise den Pflichtteil, Vermächtnisse, Testamente, die Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, Scheidungen, Vermögensauseinandersetzungen oder Unterhaltsansprüche.

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