Totgekochtes Gemüse und himmlischer Grillteller. In Sauce ertränkte Champignons und eine perfekte Forelle. Dazu ein eingespielter und humorvoller Service. So erleben wir den grünen Winkel.
Zum jüngsten Restaurant-Check in Werne hole ich mir gleich zwei Begleitungen als Verstärkung dazu. Die übliche Ökotrophologie-Kommilitonin und dazu noch einen Fleischesser. Denn nur mit Fisch und Gemüse grenzt man sich „Im grünen Winkel“ sehr ein. Zwar gibt es zwei vegetarische Gerichte (Vegetarischer Teller und Rösti „Hausart“) und sieben Fischgerichte, doch der allergrößte Anteil ist Fleisch (nämlich genau 80 Gerichte).

Der Gastronomie-Komplex lockt in den Sommermonaten mit einer großen, schattigen Terrasse. © Jörg Heckenkamp
Obwohl es Montagabend ist, kommen wir in ein volles Restaurant. Gut, dass wir einen Tisch vorbestellt haben. Die sonst vermutlich einzeln stehenden Tische sind für Weihnachtsessen und Familientreffen vor den Feiertagen zusammengeschoben. Die beiden Gasträume sind voll, doch das Personal scheint davon wenig beeindruckt. Immer mit einem lustigen Spruch auf den Lippen bedient es die Gäste und lässt niemanden lange warten.
360-Grad-Panorama vom Gastraum
Kaum sitzen wir, liegen schon die Speisenkarten vor uns. Die Karte ist sehr groß, aber wie gesagt, sehr fleischlastig. Wer hier hinkommt, erwartet wohl genau so etwas. Außerdem gibt es extra „Seniorengerichte“ mit etwas kleineren Portionen. Wir bestellen die Getränke und prompt darauf die Gerichte. Vorspeisen: „Champignonköpfe mit Krabben gefüllt, dazu Toast“, „Tomatencremesuppe“ und „gebackener Schafskäse mit Preiselbeeren, Butter und Toast“.
Als Hauptspeisen bestellen wir einmal Fisch – „Forelle „Müllerin“ mit Salzkartoffeln und zerlassener Butter“, einmal Fleisch – „Grillteller“, bestehend aus zwei Cevapcici, Raznjici, Kotelett, Pljeskavica und dazu Djuvetschreis sowie etwas Vegetarisches – den „vegetarischen Teller Dubrovnik“ bestehend aus Gemüse, paniertem Käse, Kroketten und Sauce Hollandaise. Das dazugehörige Spiegelei bestellen wir ab und statt der Kroketten ein paar Pommes frites dazu. Während der kurzen Wartezeit auf die Vorspeisen darf man sich am Salatbüfett bedienen.
Das Essen:

Zu wenig Brot, dafür viel Soße für sechs Champignonköpfe. © Anna Leonie Kaiser
Die sechs Champignonköpfe (dürften auch mehr sein) sind ertränkt in einer Knoblauch-Tomaten-Sahne-Soße. Dazu gibt es zwei kleine Baguette-Scheiben. Wirklich mit Krabben gefüllt sind die Pilze nicht, sie schwimmen eher durch die Soße. Dieses wurde mir in der Speisekarte verschwiegen. Dabei ist die Soße grandios, zumindest für Knoblauchfans.

Der gebackene Schafskäse als Vorspeise. © Anna Leonie Kaiser
In Ermangelung von genug Brot, verschwindet der Knoblauchtraum mit einem Löffel in meinem Mund. Die Tomatensuppe enttäuscht dagegen etwas: „Leider ein bisschen wie Fertigsuppe“, befindet die Begleitung, wenn auch nett angerichtet mit dekorativer Sprühcreme. Auch beim Schafskäse ist der Teller etwas ungleichgewichtet: wenig Preiselbeere, wenig Baguette dafür umso mehr frittierter Schafskäse. Das ist dafür echter Schafskäse und kein Kuhmilchimitat.

Machte satt und zufrieden: eine zarte Forelle mit schönem Geschmack. © Anna Leonie Kaiser
Auch die Hauptspeise lässt nicht lange auf sich warten. Erwähnenswert hier: Die Gerichte kommen immer alle gleichzeitig, sodass wir gemeinsam anfangen können zu essen. Die Forelle ist sehr zart und schmeckt hervorragend. Allerdings esse ich Fisch im Ganzen einfach zu selten, um mich wirklich grazil durch die Gräten zu kämpfen. Die geschmolzene Butter kommt in einer Sauciere, sodass ich sie selbst dosieren kann.

Leider kein kulinarischer Knaller: der vegetarische Teller. © Anna Leonie Kaiser
Meine vegetarische Begleitung ist nicht so glücklich: Das Gemüse ist totgekocht und hat längst den Eigengeschmack verloren. Da hilft auch der gut gemeinte Schwung Sauce Hollandaise nicht mehr und auch das Spiegelei, was dazu gehört hätte, hätte nicht geholfen. Der gebackene Käse ist leider der gleiche gebackene Schafskäse aus der Vorspeise. Das könnte man in der Karte hinzuschreiben, da Schafskäse auch nicht unbedingt jedem schmeckt. Insgesamt wirkt das Gericht leider wie eine kleine Notlösung für Vegetarier.

Fleischgerichte wie der Grillteller sind ganz klar die Domäne vom grünen Winkel. © Anna Leonie Kaiser
Immerhin das Umbestellen – ohne Spiegeleier und Pommes frites statt Kroketten – hat geklappt. Der Grillteller und vor allem das Cevapcici überzeugen dagegen wieder. Lediglich der Schweinefleischspieß ist leicht zäh, ansonsten ist das Gericht sehr lecker. Insgesamt ein Auf und Ab des Geschmacks.

Zum Abschluss eine leckere Palatschinke. © Anna Leonie Kaiser
Obwohl die Portion mehr als satt machen, wagen wir uns noch ans Dessert. Wir teilen uns einen Bananensplit und Palatschinke mit Vanilleeis und Schokosauce. Lecker.
Die Getränke:
Die ersten fünf Punkte auf der Karte sind Aperitifs. Eine etwas unorthodoxe Aufteilung, denn alle anderes Getränke findet man am Ende der Karte. Es gibt warme Getränke, alkoholfreie Getränke, Biere, Spirituosen mit Likören, mehrere Sorten Cognac und Whisky. Weine stehen nicht auf der Karte, allerdings haben wir nicht gefragt, ob es eine gesonderte Weinkarte gibt.
Die Preise:
Die günstigsten Vorspeisen sind jeweils die Suppen (Tomatencreme-, Gulasch-, Zwiebel-, Hühnersuppe und Rinderkraftbrühe) für jeweils 3,30 Euro. Die teuerste Vorspeise (Garnelen mit Toast) kosten dagegen 9,70 Euro. Hauptspeisengerichte gibt es von 7,50 Euro (Hawaii-Toast) bis 26,70 Euro – allerdings auf der saisonalen Wildkarte (Hirschrückenmedaillons mit Kroketten und Rotkohl). Das teuerste Gericht auf der regulären Karte ist das 300g Filetsteak für 24,50 Euro. Die Beilagen kosten hier von 2,10 bis 7,90 Euro extra. Außerdem gibt es Gerichte für zwei Personen, wie die Steakplatte für 39,90 Euro. Saisonal gibt es auch eine Spargelkarte.
360-Grad-Panorama vom Gesellschaftsraum
Die Atmosphäre:
„Im grünen Winkel“ fühlt man sich wohl. Es herrscht eine lockere, gastfreundliche Atmosphäre. Alle Gäste, die man von unserem Platz aus sehen konnte, schienen einen sehr lustigen Abend zu haben. Allerdings liegt diese Atmosphäre nicht unbedingt an der Raumdekoration. Die ist nämlich eher etwas wild mit Hirschgeweihen, Riesen-Baum, Brunnen, Weihnachtsbaum, modernen Glitzer-Rentieren und so weiter. Es liegt eher an der guten Stimmung und Gastfreundlichkeit, die sowohl der Wirt, als auch seine Mitarbeiter verströmen. Im Sommer lädt außerdem eine große Terrasse ein und qualifiziert das Lokal als Ausflugsziel für Radfahrer und Wanderer.
Der Service:
Immer wieder wurden wir gefragt, ob es schmeckt oder wir noch etwas trinken möchten. Der Service „Im grünen Winkel“ ist sehr aufmerksam. Gleichzeitig hatten die Bedienungen zumindest an diesem Abend immer einen lustigen Spruch auf den Lippen, der auch für heitere Stimmung am Tisch sorgte. Alle Gerichte für einen Tisch kamen zeitgleich, warm und ohne lange Wartezeiten auf den Tisch.

In den kalten Monaten zündet der Chef täglich den großen Kamin an. © Jörg Heckenkamp
Kinderfreundlichkeit:
Direkt auf Seite zwei der Speisenkarte stehen lustig benannte Kindergerichte. Wobei das „Bambi-Schnitzel“ (ich nehme nicht an, dass es sich um Rehkitz handelt) vielleicht eine etwas makabre Betitelung ist. Im Sommer können Kinder außerdem auf dem Spielplatz des Lokals toben. Für Kleinkinder gibt es ausreichend Hochstühle.
Barrierefreiheit:
Um in das Lokal selbst zu kommen müssen drei Stufen überwunden werden. Ist man erst einmal im Restaurant lassen sich Tische und Toiletten barrierefrei erreichen.
Anfahrt/ Parken:
Das Restaurant „Im grünen Winkel“ liegt etwas abgelegen. Aktuell geht es aus Richtung Herbern oder Hamm kommend nur über eine Umleitung zum Lokal, da eine Brücke gesperrt ist. Parkmöglichkeiten gibt es allerdings genug. Im Sommer ist es ein beliebtes Ziel für Radfahrer.
Was sagt das Netz zum grünen Winkel?
Bei Google hat das Lokal 4,3 von 5 Sternen. Die meisten Bewertungen sind sehr positiv. Es wird vor allem als Ausflugsziel empfohlen. Genau wie bei unserem Besuch kritisiert ein Besucher das weichgekochte „TK-Gemüse“. Bei Trip Advisor hat das Lokal 4,0 von 5 Sternen.
Mein Fazit:
Selten ist es mir so schwer gefallen ein Fazit zu schreiben. Die Gerichte im Grünen Winkel waren ein Auf und Ab. Für Vegetarier ist das Restaurant nur mäßig geeignet, nicht unbedingt aufgrund der Auswahl an vegetarischen Gerichten. Sondern, weil die Küche klar den Fokus auf Fleisch und Fischgerichte setzt. Deshalb sind eher die Fleischliebhaber und Fans der kroatischen Küche im Restaurant „Im grünen Winkel“ richtig. Der Service ist super und die Preise sind absolut angemessen. Besonders im Sommer lohnt das Lokal als Ausflugsziel.
Restaurant-Infos
„Im grünen Winkel“, Im grünen Winkel 12, 59368 Werne, Tel.: (02389) 92 61 411
Montag bis Freitag von 16 bis 23 Uhr geöffnet, Samstag, Sonntag und Feiertags 11.30 bis 23 Uhr geöffnet. Dienstags ist Ruhetag.
Die bisherigen Restaurant-Checks Werne
Im Lokaljournalismus bekommt man Einblicke in Themen, mit denen man sonst nie in Kontakt gekommen wäre. Deshalb bin ich nach meinem Praktikum 2016 direkt geblieben und unterstütze neben meinem Studium die Redaktionen in Werne und Selm.
