Floristin Mareike Niehues (34) arbeitet bei Blumen Wenner. Dort gibt es nun einen Spuckschutz und die Schnittblumen stehen hinter der Theke, um den Kunden nicht so nah zu sein. © Dagmar Wenner

Blumenhändler

Corona-Krise stellt Floristen vor große Herausforderung - trotz geöffneter Läden

Floristen dürfen nach einer Woche der Schließung wieder geöffnet haben. Blumen sind zu Ostern ein beliebtes Geschenk - doch wie läuft das Geschäft in Werne und Herbern nun, wo die meisten Menschen daheim bleiben?

Werne, Herbern

, 09.04.2020 / Lesedauer: 5 min

Zuhause zu bleiben ist in Zeiten der Corona-Krise die beste Maßnahme, um sich und andere zu schützen. Während sich die Menschen an das Kontaktverbot halten, sprießen die Pflanzen vielerorts aus dem Boden und genießen dicht an dicht das sonnig-warme Wetter. In der Blüte ihres Lebens wandern sie dann üblicherweise in die Häuser und Gärten der Menschen.

Damit sich die Werner auch in diesem Ausnahme-Frühling an frischen Pflanzen in ihrem Umfeld erfreuen können, bieten die meisten Floristen einen Lieferservice an. Und der kommt gut an, berichtet Dagmar Wenner (56) von Blumen Wenner: „Wir liefern seit Corona kostenfrei aus. Die Zahl der bestellten Sträuße ist drastisch gestiegen. Vorher waren das grob geschätzt fünf am Tag, jetzt sind es 20 bis 30.“

Mehr Blumenpost für Daheimgebliebene

Der Hausmeister des Betriebs sei nun hauptsächlich mit Kurierfahrten beschäftigt. „Er ist unser Mann für alle Fälle. Während nur noch etwa ein Drittel so viele Kunden wie gewohnt zu uns in den Laden kommen, hat er richtig gut zu tun“, berichtet Wenner. Durch die Corona-Krise wachse bei vielen Kunden der Wunsch, anderen Menschen eine Freude zu machen. „Ich höre häufig von Geburtstagen, die nicht gefeiert werden können und von Eltern aus der Risikogruppe, die jetzt alleine Zuhause sitzen und nicht raus dürfen. Die bekommen jetzt zur Aufmunterung einen Strauß Blumen geschickt“, so Wenner.

Dagmar Wenner ist Inhaberin des Blumenhauses Wenner. © Felix Püschner

Die Überraschung klappe jetzt besonders gut, denn die Menschen seien nun auf jeden Fall Zuhause, um das Geschenk anzunehmen. Doch während sich die Daheimgebliebenen nun vermehrt über Blumenpost freuen können, gestaltet sich die Situation für die Floristen schwierig. „Es ist extrem schwierig zu kalkulieren. Wir können uns nicht an den Vorjahreszahlen orientieren. Eigentlich beginnt bald die Sommerblumensaison, die Pflanz-Zeit und Ostern und Muttertag stehen vor der Tür. Aber wie soll das funktionieren?“, fragt sich Wenner.

Sommerblumen sind noch nicht bereit für die Saison

Aktuell bestelle sie kurzfristiger Ware nach, um sich der Nachfrage flexibel anzupassen. Nicht nur die geringere Kundenzahl sei ein Problem, sondern auch das Angebot im Großmarkt. Als die Floristen Mitte März für eine Woche schließen mussten, hätten viele Lieferanten ihre Gewächshäuser kaltgestellt und die Sommerblumen abgedeckt. Deshalb seien die Pflanzen jetzt noch nicht fertig.
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Importware wie Pistaziengrün aus Italien sei ebenfalls nicht mehr lieferbar. Durch lange Wartezeiten an den Grenzen würden viele Pflanzen den Transport nicht überstehen. „Unser Laden ist im Moment nur halb voll“, berichtet Wenner, „aber unsere Kunden freuen sich über die Blumen, die sie bekommen können. Sie wünschen sich ein buntes Frühjahr und sind aktuell nicht mehr so wählerisch. Wenn es keine roten Rosen mehr gibt, nehmen sie eben rosane Blumen.“

„Was nach Ostern passiert, wissen wir noch nicht“

Dass die Floristen wieder geöffnet haben dürfen, ist laut Wenners Vermutung noch nicht bei allen potentiellen Kunden angekommen. „Wir mussten eine Woche lang schließen, während die Gartencenter und Baumärkte geöffnet bleiben durften. Wir haben einen radikalen Ausverkauf gemacht und unsere Blumen vor der Schließung quasi verschenkt. So haben wir den Verlust wenigstens ein bisschen reduziert. Wegwerfen mussten wir trotzdem Einiges. Wenig später durften wir dann doch wieder öffnen“, erzählt Wenner.

Nicht nur die Kalkulation der Bestellmengen ist laut Wenner nun schwierig, sondern auch die personelle Besetzung: „Wir haben neun Mitarbeiter inklusive der Teilzeitkräfte. Manche von ihnen sind jetzt in Kurzarbeit. Ob das das Richtige ist, weiß ich nicht. In dieser Woche haben wir regulär geöffnet. Was nach Ostern passiert, können wir noch nicht sagen.“

Verena Wesselmann von Blumen Hönekop hofft, dass auch andere Unternehmen die Corona-Krise sicher überstehen. © Claudia Hurek

Abstand halten ist angesagt

Ähnlich geht es Ulrike Westermann (51) von der Blumenwerkstatt an der Horster Straße. Seit dem 3. April hat ihr Geschäft wieder geöffnet - doch gepaart mit der Freude über die Wiedereröffnung seien auch einige Zweifel: „Mache ich es richtig? Habe ich genug Sicherheitsvorkehrungen getroffen? Sind meine Mitarbeiter sicher? Halten die Kunden den Abstand ein?“ Ihre Eltern seien in der Risikogruppe, doch das Geschäft müsse schließlich irgendwie weitergehen. Aktuell öffnet Westermanns Laden wochentags von 10 bis 13 und von 16 bis 18 Uhr sowie samstags von 9 bis 13 Uhr.

Ähnlich wie bei Blumen Wenner befinden sich die Schnittblumen nun bei den Mitarbeitern hinter der Theke, um den Abstand zum Kunden zu vergrößern. Gesetzlich vorgegeben ist aktuell ein Maximum von einem Kunden pro zehn Quadratmeter - das bedeutet für die Blumenwerkstatt ein Maximum von fünf Kunden.

Kundengespräche sind intensiver geworden

Westermann kaufe nun deutlich vorsichtiger ein - dadurch sei auch weniger Ware auf Lager. Im Trend seien aktuell Pastellfarben. Westermann schätzt ihren Umsatzrückgang durch die Corona-Krise auf 50 bis 60 Prozent. „Als die Nachricht kam, dass die Schulen geschlossen werden, brach der Verkauf schlagartig ein“, berichtet die Floristin. Als ihr Laden dann am 18. März wie die anderen Floristikgeschäfte schließen musste, habe sie die frischen Schnittblumen an Freunde und Verwandte verschenkt.
„Es war ein furchtbares Gefühl, den Laden zuzuschließen und nicht zu wissen, ob und wann es weitergehen kann.“ Verena Wesselmann

Zwei Wochen lang saß Westermann alleine in der Werkstatt und war auf den Lieferdienst beschränkt. Auch sie berichtet von verunsicherten Kunden, die sich telefonisch informieren, ob und wann der Laden geöffnet habe. „Es tut gut, mit den Kunden zu sprechen. Die Gespräche sind jetzt viel intensiver und tiefgründiger“ erzählt sie.

Wiedereröffnung mit Spuckschutz und Bodenmarkierungen

Verena Wesselmann von Blumen Hönekop in Herbern ist überglücklich, ihren Laden wieder öffnen zu dürfen. „Es war ein furchtbares Gefühl, den Laden zuzuschließen und nicht zu wissen, ob und wann es weitergehen kann. Dass schon nach fünf Tagen ein Anruf kommt, dass wir wieder öffnen dürfen, hat wohl niemand vermutet“, so Wesselmann.

Seit dem 25. März hat Blumen Hönekop wieder geöffnet - mit einem Spuckschutz an der Kasse und Abstands-Bodenmarkierungen. An die hielten sich die Kunden auch. „Im Laden und auch vor der Tür halten die Kunden Abstand voneinander“, lobt sie die Blumenfreunde. Aktuell sei es in ihrem Laden der Situation geschuldet ruhiger als gewohnt. In Gedanken ist Wesselmann bei all den Kollegen, die ihre Türen aktuell gar nicht öffnen dürfen: „Ich wünsche mir, dass auch die anderen Geschäftsleute in Herbern bald wieder öffnen können.“

„Wir rocken das zusammen!“

Auch der Floristik-Großmarkt in Hamm-Rhynern habe sich an die sinkende Nachfrage angepasst und seine Öffnungszeiten deutlich verkürzt. Neben dem Verkauf im Laden liefert Blumen Hönekop auch an die Tankstelle und gärtnert auf dem Friedhof. Aktuell arbeite Wesselmann mit einer Kollegin im Laden, zwei Kollegen seien mit dem Friedhof beschäftigt und ein weiteres Zweier-Team sei zuhause, um im Krankheitsfall einspringen zu können.

„Wir rocken das zusammen“, zeigt sich Wesselmann optimistisch. Die ersten Blumen für Ostern seien bereits vorbestellt. Gefragt seien aktuell besonders Tulpen in allen erdenklichen Farben. Klassiker wie Rosen, Gerbera und Lilien seien auch in vielen Sträußen dabei. Die Lieferung der Ostersträuße erfolgt kostenlos.

Wochenmarkt, Blumen im Horne-Center und zum Selberpflücken

Auch auf dem Wochenmarkt gibt es nach einer kurzen Pause wieder Blumen. „Die Leute wollen es sich jetzt im heimischen Garten schön machen“, berichtet Blumenhändler Detlev Nolte. „Unsere Stammkunden kommen nach wie vor genau zur selben Uhrzeit. Aber wir tragen nun auch eine größere Verantwortung für sie und müssen auf den Mindestabstand achten. Das strengt unterbewusst ganz schön an“, so Nolte.

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