Die Kapuziner-Kirche Werne um 1920 auf einer Postkarte. Der Orden verbat Prachtentfaltung, daran hatte sich auch der Baumeister bei der Gestaltung der Fassade zu halten. © Förderverein Stadtmuseum Werne
Tag der Architektur
Baumeister war gezwungen, Kapuzinerkirche Werne ganz schlicht zu halten
Beim Tag der Architektur werden landesweit besondere Bauten vorgestellt. Wer sich in Werne genau umschaut, stößt auf etliche herausragende Bauwerke. Historikerin Heidelore Fertig-Möller erklärt sie.
von Heidelore Fertig-Möller
Werne
, 26.06.2021 / Lesedauer: 4 minAm Wochenende ( 26./27. Juni ) beim „Tag der Architektur“ in NRW werden in 64 Städten gesamt 117 ganz unterschiedliche Bauten vorgestellt - so kann man neben ganz modernen Gebäuden die historischen Wallanlagen von Soest und den 1893 erbauten Aussichtsturm in Halver besichtigen. Aber auch in der Altstadt von Werne befinden sich bemerkenswerte Gebäude, die man sich jederzeit anschauen kann - zum Teil sind die Baumeister, wie sie früher genannt wurden, und die Architekten derselben noch bekannt.
Ursprünge der Christophorus-Kirche liegen um 800
Wir beginnen im Herzen von Werne mit der Christophorus-Kirche, deren Ursprünge um 800 n.Chr. liegen. Das heutige gotische Gotteshaus stammt in wesentlichen Teilen aus dem Mitte des 15. und Beginn des 16. Jahrhunderts und zwar vom Baumeister Rosier (Roseer) Stenwerte, der wahrscheinlich aus den Niederlanden nach Westfalen kam. Er errichtete den kunstgeschichtlich bedeutenden Chor der Dortmunder St. Reinoldi-Kirche.
Abbild von Baumeister Meister Roseer im Innenraum der Christophorus-Kirche. © Förderverein Stadtmuseum Werne
Mit ihm schloss die Stadt Werne, nachdem 1446 der Kirchturm der romanischen Vorgängerkirche eingestürzt war, einen Vertrag zum Wiederaufbau von Kirche und Turm und so entstand der dreischiffige und dreijochige Westteil der heutigen Kirche. Die Baumeister gehörten im Mittelalter und auch in der frühen Neuzeit zu einer der bedeutsamsten Zünfte und waren oft weitgereiste, sehr belesene und begehrte Konstrukteure von Kathedralen in ganz Europa.
Ein weiterer bedeutender Baumeister, der auch in Werne gestorben und begraben liegt, ist Ambrosius von Oelde. Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt, aber sein Eintritt in den Kapuzinerorden geschah am 8. Juli 1657. Da dies meist im Alter von ca. 20 Jahren war, könnte man sein Geburtsdatum um 1637, also mitten im Dreißigjährigen Krieg, legen.
Inschrift an der Klosterkirche, die auf den Baumeister Ambrosius von Oelde verweist, der die Kirche zwischen 1677 und 1681 errichten ließ. © Förderverein Stadtmuseum Werne
Er gehört mittlerweile zu den bedeutendsten Barock-Baumeistern in Westfalen und erbaute u.a. das Schloss in Ahaus, leider Ende des 2. Weltkrieges gänzlich zerstört, das Schloss Wehrden im Kreis Höxter, die Michaelskirche in Paderborn. Nahezu 50 Bauwerke in den Hochstiften von Münster und Paderborn werden ihm zugeschrieben.
Wenn er für seine Ordensbrüder Kirchen errichtete, wie in Werne (1677 - 1681) und Paderborn (1681 - 1683 ), war er an die strengen Regeln der Kapuziner gebunden, die jegliche Prachtentfaltung verboten. So zeigt die Kapuzinerkirche in Werne eine schmucklose Fassade, nur unterbrochen vom Portal und den beiden Rundbogenfenstern rechts und links, ähnlich wie in Paderborn.
Baumeister starb 1705 im Kloster in Werne
Auch die Kapuzinerkirche in Rüthen entstand nach fast gleichen Plänen in den Jahren 1683-86, wurde allerdings schon 1834 abgerissen. Ende des 17. Jahrhunderts kehrte Ambrosius ins Kloster Werne zurück und verstarb dort im Jahre 1705, was auch eine Sandsteinplatte an der Kapuzinerkirche bezeugt. Heute gehört das Werner Kloster zu den ganz wenigen Beispielen eines städtischen Klosters aus der westfälischen Barockzeit.
Zwei weitere bedeutsame Bauwerke in Werne dürfen bei dieser Aufstellung nicht fehlen:
Zum einen das historische Rathaus, erbaut 1512-14 auf älteren Resten eines kleineren Steingebäudes am selben Platz. Sein Baumeister ist leider nicht bekannt – es ähnelt aber den Rathäusern in Münster, Beckum, Burgsteinfurt und Schwerte und den stadtmünsterschen Bürgerhäusern des 16. Jahrhunderts.
Zum anderen das sogenannte Steinhaus, das erste Mal erwähnt um 1400 – auch sein Baumeister ist nicht überliefert, nur seine oft wechselnden Eigentümer. Zunächst war es im Besitz der Abtei Werden an der Ruhr, kam dann an die Herren von Lembeck, im Jahre 1484 an Rötger von Diepenbrock und ab 1560 erbten es die Herren von Merveldt zu Westerwinkel und bauten es im „westfälischen“ Renaissancestil mit den Halbradaufsätzen, die heute noch zu sehen sind, um. Anfang des 19. Jahrhunderts erwarb es die Familie Moormann und richtete dort ihre Verwaltung ein.
Moderne Baumeister in Werne
Wenn wir uns nun den modernen Baumeistern unserer Zeit, den Architekten, zuwenden, so müssen auf jeden Fall Theodor Wenning (1887 – 1958) und sein Partner Otto Wehmeyer erwähnt werden. Ihr bedeutendstes Bauwerk in Werne ist sicherlich das Gebäude von Schulze Bisping an der Ecke Magdalenen- / Steinstraße. Im Jahre 1928, zur Zeit des „Staatlichen Bauhauses“, beauftragte Matthias Schulze Bisping die beiden Werner Architekten, für ihn ein Wohn- und Geschäftshaus im neuen Stil zu errichten.
Theodor Wenning (1887 – 1958) und sein Partner Otto Wehmeyer errichteten das Gebäude von Schulze Bisping an der Ecke Magdalenen- / Steinstraße im Jahre 1928, zur Zeit des „Staatlichen Bauhauses“. © Anne Schiebener (A)
Es besteht auch heute noch fast unverändert und besonders das Art-Deco-Fenster im zweiten Obergeschoss, das eine stilisierte Mosellandschaft vom Kölner Kunstglasmaler Ludwig Preckel zeigt, ist sehenswert. Theodor Wenning wohnte und arbeitete im Fachwerkhaus an der Südmauer 27, das sich heute leider in einem erschreckenden Zustand befindet.
Das ehemalige Wohnhaus von Theodor Wenning an der Südmauer 27 (Foto aus den 1950er Jahren). Heute ist es stark heruntergekommen. © Förderverein Stadtmuseum Werne
Er war 1945 zunächst hauptamtlicher und danach bis zu seinem Tode im Jahre 1958 ehrenamtlicher Bürgermeister von Werne, ab 1953 auch Landrat des Kreises Lüdinghausen. Zahlreiche Neu- und Umbauten sind von 1911 bis 1984 von ihm und seinem Partner Otto Wehmeyer verwirklicht worden und prägen ein wenig auch die heutige Stadt Werne, u.a. die sog. Villa Kroes an der Horneburg, die 1924 mit der repräsentativen Giebelfront im Historismus-Stil erbaut wurde.
Doch den Charme von Werne machen sicherlich weniger die Neubauten aus dem 20. und 21. Jahrhundert aus, sondern viel mehr die noch großenteils aus den vergangenen Jahrhunderten erhaltene Bausubstanz, die aus diesem Grunde unbedingt bewahrt werden sollte.
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