
© Sylva Witzig
115 Lehr- und Praktikantenstellen im Bereich Hellweg-Lippe unbesetzt - Trend geht zum Studium
Azubis im Kreis Unna
An Lehrstellen mangelt es nicht - wohl aber an interessierten Jugendlichen. Das gab die Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe bekannt. Auch in Werne sanken die Ausbildungszahlen.
Im Kreis Unna wurden weniger Ausbildungsverträge geschlossen als im Vorjahr. Das Interesse bei den Jugendlichen für Handwerksberufe sinkt - und das trotz starker Präsenz der Betriebe in Schulen und auf Messen. Wenn Azubis Schulklassen besuchen, dann bekommen sie vor allem von Gymnasiasten immer wieder zu hören: „Ich will studieren. Egal was, aber studieren‘,“ berichtet Tim Schmitt, Auszubildender bei Böcker in Werne.
„Einmal ging es sogar so weit, dass eine Lehrerin unsere Flyer nicht haben wollte, weil sie der Meinung war #Handwerk ist nichts für unsere Schüler‘,“ erzählt der angehende Feinmechaniker. „Das macht mich richtig wütend. Warum werden wir dann überhaupt eingeladen?“, fügt er hinzu. Er selbst habe sich nach dem Abitur für eine Ausbildung entschieden und es nie bereut.
Ausbildung als Fundament für den beruflichen Werdegang
„Viele vergessen, dass man nach der Ausbildung immer noch studieren kann. Eine Ausbildung ist erst einmal ein solides Fundament und man hat nachher viel mehr auf dem Kasten als Leute, die direkt studieren gegangen sind“, so der Azubi.
Auch Eduard Fuchs, der Ausbildungsleiter für gewerbliche Berufe bei den Maschinenwerken Böcker, hat ähnliche Erfahrungen machen müssen: „Seit sieben Jahren stehe ich auf der Bildungsmesse im Kolpingsaal - bringen tut das eigentlich nichts.“
Die Jugendlichen laufen einfach vorbei.“
Deshalb plant die Kreishandwerkerschaft eine große Kampagne für das kommende Jahr. „Traumberufe Handwerk im Kreis Unna“ soll sie heißen und nicht nur Schüler für das Handwerk motivieren. Denn ein großes Problem seien auch die Eltern, so Detlef Schönberger, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.
Eltern lehnen das Handwerk ab
„Es kommt immer wieder vor, dass wir Jugendliche von einem Beruf überzeugt haben und die Eltern sagen ‚Mach doch lieber was Gescheites‘,“ erzählt er. Deshalb wünscht er sich, dass vor allem mehr Eltern und Lehrer ihre Schützlinge zum Handwerk motivieren - denn die kennen ihre Stärken schließlich am besten. Das Handwerk sei laut Alexander Böcker, Geschäftsführer bei Böcker, eine zukunftssichere Branche.
Bei Dachdeckern beispielsweise gäbe es keine Aussicht darauf, dass sich ihre Arbeit irgendwann von Maschinen erledigen lasse. Auch Maler, Friseure und Bäcker werden langfristig gebraucht - und die lassen sich auch nicht durch günstigere Arbeitskräfte aus dem Ausland ersetzen, betont Schönberger. Doch gerade diese sicheren Berufe seien bei den Jugendlichen am unbeliebtesten.
Praktikum als Einstieg in den Beruf
Gestiegen seien die Zahlen dafür in den Bereichen Metallbau, Elektronik und Anlagenmechanik. Wichtig sei es, dass Interessenten ein Praktikum in der jeweiligen Branche absolvieren. So können beide Seiten sehen, ob es „passt“. Bei Böcker beispielsweise seien die Praktika beliebt - in der Regel sind 5 Praktikanten gleichzeitig im Betrieb unterwegs.
Es können und sollen aber mehr werden. Ähnlich sähe es laut Böcker mit den Lehrstellen aus: Vor zwei Jahren wurden neun Plätze angeboten, in diesem Jahr sind es 16. Die wurden zwar alle besetzt, doch: „Es wird langsam knapp. Es kommen immer weniger Bewerbungen“, so Böcker.
Interessierte können sich noch bewerben
Wer unentschlossen war und sich jetzt für eine Ausbildung entscheidet, kann sich noch spontan einen Platz im Kreis Unna sichern. Im Bereich Hellweg-Lippe bleiben in diesem Jahr 115 Stellen unbesetzt und könnten auch noch im laufenden Ausbildungsjahr besetzt werden. Dabei richtet sich der Aufruf ausdrücklich auch an Bewerberinnen für technische Berufe.
Geboren in Hamm, dann ausgezogen in die weite Welt: Nach ausgiebigen Europa-Reisen bin ich in meine Heimat zurückgekehrt und berichte nun über alles, was die Menschen in der Gegend gerade bewegt.
