
© Jörg Heckenkamp
Apotheker fährt seit 30 Jahren die gleiche Strecke: „Das ist schon schön“
Radfahren in Werne
Dagobert Ullrich wohnt in Werne. Sein Arbeitsplatz findet sich in Lünen. Den Weg dorthin legt er mit dem Fahrrad zurück. Seit Jahrzehnten. Regelmäßig. Es gibt nur eine Ausnahme. Also eigentlich anderthalb.
Während andere Männer morgens ins Auto steigen und gen Arbeit steuern, zieht sich Dagobert Ullrich die Funktionsjacke über. Dann holt er sein Fahrrad aus der Garage, schwingt sich in den speziell angefertigten Sattel und macht sich auf den Weg zur Arbeit.
Die Arbeit, das ist die von dem 61-jährigen Apotheker betriebene Bären-Apotheke an der Münsterstraße in Lünen. Rund 10 Kilometer beträgt die Wegstrecke. „Ich fahre um 7.30 Uhr los und bin um 7.57 Uhr da.“ Um 8 Uhr öffnet die Türe für die ersten Kunden.
Ullrich radelt die Strecke seit 1993. Also knapp drei Jahrzehnte. Wird das nicht langweilig, jeden Tag hin und zurück dieselbe Trasse? „Ist ja nicht immer dieselbe“, sagt Ullrich. Manchmal fahre er Alternativ-Routen. Bisweilen muss er nach Feierabend Medikamente, Verbandszeug oder anderes zu Patienten bringen. Das packt er dann in eine seiner beiden Satteltaschen und radelt los. „Dadurch ergibt sich dann auch eine andere Route.“
Außerdem verändere sich die Umgebung je nach Jahreszeit. „Man spürt die Natur ganz anders, wenn man tagtäglich mit dem Rad unterwegs ist.“ Ullrich, ansonsten ganz sachlicher Pharmazeut, kommt fast ins Schwärmen. „Das ist schon schön.“

Für alle Fälle gerüstet. Neben Werkzeug und Ersatzschlauch nimmt Apotheker Dagobert Ullrich auch Wundsalbe mit. © Jörg Heckenkamp
Dagobert Ullrich ist Radfahrer durch und durch. Er sieht es fast schon als „ökologische Pflicht an, möglichst wenig mit dem Auto zu fahren“ und so häufig es geht aufs Rad zu steigen. Hinzu komme der sportliche Aspekt: „So habe ich automatisch täglich eine Stunde Training hinter mir“, sagt der gebürtige Werner.
Ullrich machte das Abitur am St. Christophorus Gymnasium, studierte Pharmazie, ging nach Berlin. Nach der Wende kamen er und Ehefrau Andrea zurück in den Westen. Zunächst zogen sie nach Lünen, wo Ullrich eine Anstellung in der Bären-Apotheke fand, deren Inhaber er später werden sollte. Nach drei Wohn-Jahren in Lünen zog es die Familie im Jahre 1993 zurück nach Werne. „Und seitdem fahre ich eigentlich mit dem Rad zur Arbeit.“

Seit acht Jahren nutzt Dagobert Ullrich für die Strecke Werne-Lünen und abends zurück ein Pedelec. Mittlerweile musste er den ersten Ersatz-Akku kaufen. © Jörg Heckenkamp
Die Strecke nahm der groß gewachsene Apotheker bis vor acht Jahren mit einem konventionellen Rad in Angriff. „Dann bin ich auf ein Pedelec umgestiegen.“ Das alte Rad hatte rund 30.000 Kilometer auf dem Rahmen, „da musste mal was Neues her.“ Das E-Bike erleichtert das Ganze, „denn man kommt immer ‚arbeitsfähig‘ an“, sagt er und schmunzelt. Wenn der Wind stärker von vorne kommt, schaltet er den E-Motor halt eine Stufe stärker zu: „Das Pedelec sorgt dafür, dass ich häufiger und entspannter fahre.“
Ullrich nutzt das Rad nicht nur als umweltfreundliche Alternative für den Weg zur Arbeit. Er nutzt es auch so oft es geht in der Freizeit und im Urlaub. „Meine Frau und ich unternehmen gerne Radtouren im Urlaub“, sagt der 61-Jährige. Er hat festgestellt, dass ein E-Bike „den Radius vergrößert.“

Der Apotheker beliefert ab und an auch Kunden mit dem Rad. Die Gepäckträger-Taschen bieten Stauraum. © Jörg Heckenkamp
Der Apotheker fährt nicht nur, er erledigt kleiner Reparaturen und Wartungsarbeiten in Eigenregie. Ein Platten unterwegs würde ihn nicht verzweifeln lassen, einen Schlauch sowie etwas Bordwerkzeug führt er immer mit. Als Apotheker natürlich auch eine Wundsalbe. „Für den Fall der Fälle“, sagt er und schmunzelt wieder. An zwei Montage-Bereiche traut er sich selbst nicht heran: „Bremsen und Schaltung, das gebe ich dann zum Fachmann.“
Und er fährt wirklich jeden Tag von Werne nach Lünen und zurück? „Ja“, sagt er, „nur bei Eis und Schnee nicht.“ Das sei zu gefährlich. Dann denkt er kurz nach und schiebt hinterher: „Und nicht, wenn es richtig schüttet.“
Jeden Tag Menschen hautnah - nichts ist spannender als der Job eines Lokalredakteurs. Deshalb möchte ich nichts anderes machen - seit mehr als 35 Jahren.
