
Nachdem die Urlaubsfüge von der Airline mehrfach annulliert wurden, strandete unser Autor an einem Ort, an den überhaupt nicht wollte. © Schütze / Montage Klose
Ärger nach Flugabsage: Werden wir unser Geld jemals wiedersehen?
Urlaubs-Serie
Selten begann ein Urlaub für viele Menschen so ärgerlich wie in diesem Sommer. Der Grund: Chaotische Zustände rund ums Fliegen. Unser Autor berichtet von dem verzweifelten Versuch der Schadensbegrenzung.
Ich habe schon einige Urlaube erlebt, die nicht ganz nach Plan verliefen. Doch so bedient wie in diesem Sommer war ich noch nie. Zumal das ganze Theater schon deutlich vor Antritt der Reise begann. Schwacher Trost: Ich bin definitiv kein Einzelfall und stehe mit meinem Elend nicht alleine da. Blöderweise wirkt sich das allerdings nicht auf meinen Kontostand aus. Aber der Reihe nach...
Wohin die Reise gehen sollte, stand schon lange fest: Wien. Im vergangenen Jahr war der Trip pandemiebedingt ins Wasser gefallen. Nun wollten meine Frau und ich ihn nachholen. Eigentlich ganz simpel. Doch knapp zwei Wochen bevor der Flieger am Dortmunder Airport starten sollte, flatterte die erste Hiobsbotschaft per E-Mail ins Haus. Die Airline - nennen wir sie einfach „A“ - sagte den Hinflug „aus wirtschaftlichen Gründen“ ab.
21 Stunden statt 90 Minuten: (K)eine echte Alternative
Weil ein Rückflug ohne vorausgegangenen Hinflug aber herzlich wenig Sinn ergibt, musste eine Alternative her. Und da hatte sich A etwas ganz tolles einfallen lassen. Statt 90 Minuten sollte der Flug nun sieben oder gar 21 Stunden dauern - mit Zwischenstopps wohlgemerkt. Weil uns die Vorstellung daran jedoch überhaupt nicht beflügelte, entschieden wir uns, von Düsseldorf abzuheben. Mit Airline B, die uns dann zwei Tage vor der Abreise ebenfalls hängen ließ. Flug gecancelt. Zu viel los in Düsseldorf.
Immerhin offerierte uns B aber nicht nur ebenso extravagante Alternativ-Routen, sondern teilte uns zugleich mit, man wäre auch bereit, das Geld zurückzuzahlen. Hört, hört! Und dennoch: Weil wir dem Braten inzwischen gar nicht mehr trauten, sagten wir die Reise lieber gleich ganz ab, stornierten das Hotel (glücklicherweise kostenlos) – und „landeten“ schließlich an der Ostsee. Dorf statt Weltstadt, Strandkorb statt Staatsoper, Schollenfilet statt Sachertorte. Na gut, besser als nichts.
Vor allem deutlich besser als das Trauerspiel, das wir nach unserer Rückkehr erlebten. Denn während B sofort zahlte, kam A nicht wirklich aus den Startlöchern. Dabei klang die erste E-Mail eigentlich noch recht vielversprechend. Man habe einen Teil des Geldbetrags für den Hinflug in die virtuelle Geldbörse meines Kundenkontos transferiert, hieß es sinngemäß.

Burgen und Schlösser bekam unser Autor im diesjährigen Sommer (noch) nicht zu sehen. © Pixabay
Tatsächlich herrschte in besagter „Wallet“ jedoch gähnende Leere. Zudem stellte sich die Frage, wie viel und was uns A eigentlich erstatten musste? Vom Ehrgeiz gepackt, versuchten wir, dies ohne fremde Hilfe herauszubekommen. Kein Anruf bei der Verbraucherzentrale oder beim Anwalt, keine Flugärger-App und erst recht kein merkwürdiges Online-Portal, das verspricht, unser Geld zurückzuerobern. Mit aller Macht. Koste es, was es wolle - in jedem Fall aber eine Gebühr. Und die hätten natürlich wir zahlen müssen.
Also dann: Nur wir beide gegen die Fluggesellschaft. Zwei enttäuschte Individuen gegen einen ganzen Konzern. David gegen Goliat. Mit dem Unterschied, dass wir tragischerweise keine Steinschleuder bei uns trugen. So mussten wir quasi wehrlos den Fakt hinnehmen, dass man verdammt viele Arten von „Gebühren“ überhaupt nicht erstattet bekommt. Auch nicht, wenn der Flieger gar nicht abgehoben ist.
Echt schade. Dabei hätten wir den Berg an Buchungsbestätigungen und Rechnungen, die uns inzwischen vorlagen, allzu gerne einmal aus der Luft bestaunt. Allein für den Hinflug gab es nämlich schon ein gutes Dutzend Dokumente mit diversen Kostenpunkten. Vom Online-Buchungsportal, von der Airline sowie von einem Unternehmen, das sich irgendwo dazwischen befindet. Und weil obendrein kaum einer der dort aufgeführten Teilbeträge mit denen übereinstimmte, die auf der Kreditkartenabrechnung auftauchten, war nun auch noch Zahlenpuzzle für Fortgeschrittene angesagt.
Ungeimpft nach Russland? Auf keinen Fall!
Irgendwann hatten wir das Rätsel schließlich gelöst und kontaktierten A, zunächst mit der Absicht, das einzufordern, was man uns ohnehin schon per Mail zugesichert hatte. Sie erinnern sich: die Sache mit der virtuellen Geldbörse. Im Chat durften wir uns dann zunächst mit einem nervigen Roboter herumschlagen, der Österreich partout nicht als Flugziel akzeptieren wollte und uns stattdessen wiederholt fragte, ob wir nach Russland reisen wollen und geimpft sind.
Zumindest triumphierten wir über diese geistreiche Maschine und konnten uns anschließend von Wartelistenplatz Nummer 109 so weit vorkämpfen, dass wir mit einem echten Menschen kommunizieren durften. Das Ergebnis: Plötzlich fanden wir den Roboter von vorhin gar nicht mehr so schlimm.
Inzwischen haben wir A einen Antrag auf Kostenerstattung geschickt. In der Hoffnung, den Schaden irgendwie begrenzen zu können. Ob wir unser Geld jemals wiedersehen? Nun, zumindest träumen wird ja wohl noch erlaubt sein. Im Strandkorb hat das jedenfalls ganz gut funktioniert.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
