Experte schlägt erneut Alarm: „Für die Natur hilft nur beten, beten, beten.“

© Otger Rotthues

Experte schlägt erneut Alarm: „Für die Natur hilft nur beten, beten, beten.“

rnZwillbrocker Venn

Der trockene Sommer fordert seinen Tribut: Der See im Zwillbrocker Venn ist komplett ausgetrocknet. Der Geschäftsführer der Biologischen Station informierte den Rat über die aktuelle Lage.

Vreden

, 27.09.2019, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Für tiefe Sorgenfalten sorgte am Mittwochabend der Vortrag von Dr. Dietmar Ikemeyer, Geschäftsführer der Biologischen Station Zwillbrock, vor dem Vredener Rat. Die SPD-Fraktion hatte angeregt, dass die Politiker über die aktuelle Lage und die Zukunft des Naturschutzgebietes informiert werden.

Zunächst wiederholte der Experte das Offensichtliche: „Hinter uns liegen sehr trockene und regenarme Jahre.“ Man könne überall beobachten, dass der wenige Niederschlag nicht ausreiche, um tief in den Boden einzudringen. Allerdings sei es kein neues Thema: „Schon Ende der 90er-Jahre haben wir gemerkt, dass die Kleingewässer sehr schnell austrockenen. Das ist kein neues Thema, aber durch die mediale Berichterstattung gibt es einen neuen Blick darauf.“

See ist komplett ausgetrockenet

Fakt ist aber: Der See, auf dessen Insel unter anderem die Flamingos im Sommer brüten, ist verschwunden (wir berichteten). „In den 27 Jahren, in denen ich an der Biologischen Station arbeite, ist es das erste Mal, dass er komplett trocken ist“, so Ikemeyer.

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Er erklärte, warum das zum Problem für die dort angesiedelten Vögel, nicht nur für die Flamingos, wird: „Ohne Wasser rennen die Füchse einfach rüber und bedienen sich zum Beispiel an den Eiern. Und wir können die Insel leider nicht komplett einzäunen, weil die Flamingos im Wasser landen und dann zur Mitte der Insel laufen.“ Außerdem sei es allgemein ein sehr komplexes Thema, in das Habitat der Tiere einzugreifen.

Zweite Insel und ein großer Graben

In den vergangenen Wochen wurde allerdings eine weitere Maßnahme umgesetzt. Bagger hoben einen zehn Meter breiten und einen Meter tiefen Graben rund um die Insel aus. „Wir hoffen darauf, dass sich das Wasser dort staut und der Zugriff für die Füchse erschwert wird.“ Gleichzeitig wird die Insel vergrößert und eine zweite Insel gebaut.

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Der Erfolg dieser Maßnahmen stehe aber in den Sternen: „Wir können so viel baggern wie wir wollen, aber wir brauchen Wasser. Und das muss der liebe Gott uns schenken. Da hilft nur beten, beten, beten.“ Es brauche Starkregen und keinen westfälischen Nieselregen, wie in den vergangenen Tagen. „Der Sand unter der obersten Schicht muss gesättigt werden.“

Experte sieht keine Verbindung zur SGW

Nach dem Vortrag durften die Ratsmitglieder Fragen stellen. Gisela Huning (CDU) eröffnete: „Es ist ja nicht nur das Venn, sondern auch die Maisfelder sind in einem traurigen Zustand. Auch einige Bäche führen kaum noch Wasser. Ist das alles nur durch die Witterung bedingt oder hat auch das Abpumpen des Wassers durch die Salzgewinnungsgesellschaft ihren Anteil?“

Diesen Zusammenhang verneinte Dietmar Ikemeyer: „Wir reden hier über ein Wetterereignis. Die Maßnahmen der SGW wirken sich aber nicht auf den oberflächennahen Regen aus.“

„Landwirtschaft wird sich total verändern“

Sandra Lentfort von den Grünen fragte, welche Auswirkungen es haben könnte, wenn fünf weitere trockene Sommer folgen werden. Ikemeyers Antwort: „Die Landwirtschaft wird sich total verändern. Wir werden anders anbauen müssen und ganz andere Tiere werden sich hier ansiedeln. Wir beobachten schon jetzt, dass viele mediterrane Tierarten hier hinkommen.“

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Der Geschäftsführer der Biologischen Station beendete seinen Vortrag, indem er noch einmal den Status von Zwillbrocks Wahrzeichen hervorhob: „Die Flamingos sind eine Marke, die Zwillbrock und Vreden weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt machen. Sie sind aus unternehmerischer Sicht ein Marketinglabel. Kein Sommer vergeht ohne ein Filmteam.“ Mit Blick auf die schwierige Lage im Venn fügte er nicht ganz Ernst gemeint hinzu: „Zur Not betonieren wir sie ein.“