
© Otger Rotthues
„Naturkatastrophe Zwillbrocker Venn“: Hobbyfilmer hat das Austrocknen dokumentiert
Naturschutzgebiet
Hobbyfilmer Otger Rotthues hat über Monate dokumentiert, wie das Zwillbrocker Venn austrocknet. „Millionen von Lebewesen sind gestorben“, sagt er und fordert, dass etwas dagegen getan wird.
März 2019. Drei Flamingos stehen im Morgennebel im Zwillbrocker Venn und suchen im Wasser nach Nahrung. Im Hintergrund ist Vogelgezwitscher zu hören. Schnitt.
April 2019. Die Balz hat begonnen. Die Flamingos staksen durch das Wasser, schwingen sich in großen Gruppen in die Lüfte. Das Gekreische von tausenden Lachmöwen erfüllt das Venn. Schnitt.

Im Frühjahr ist die Situation noch in Ordnung. Zwar ist der Wasserstand niedriger als gewöhnlich, doch die Flamingos scheinen sich noch wohl zu fühlen. © Otger Rotthues
Mai 2019. Wieder sind fliegende Flamingos zu sehen. Doch diesmal fliegen sie nicht über eine große Wasserfläche, sondern über grüne Pflanzen. Vom großen See ist fast nichts mehr übrig. Schnitt.
Juni 2019. Kein Wasser mehr zu sehen. Alles ist zugewachsen. Nur noch einige wenige Vögel sitzen an einer kleinen Pfütze.
Im zweiten Jahr in Folge ist das Zwillbrocker Venn komplett ausgetrocknet. Der Vredener Hobbyfilmer Otger Rotthues hat die Situation über Monate hinweg beobachtet und dokumentiert. Die einzelnen Szenen hat er zu einem rund neunminütigen Film zusammengeschnitten. Der Titel: „Naturkatastrophe Zwillbrocker Venn – Nicht nur eine Dürre“.
Hobbyfilmer will mit dramatischen Bildern aufrütteln
„Ich will damit niemanden kritisieren oder schlecht machen. Ich möchte auf die Situation aufmerksam machen und aufrütteln. Es kann doch nicht sein, dass wir da einfach nur zusehen“, meint der 55-jährige Vredener. Er ist gelernter Mediengestalter und war schon als Kind regelmäßig im Venn unterwegs. Als Hobbyfotograf und -filmer ist er heute zwei- bis dreimal pro Woche in dem Naturschutzgebiet in Zwillbrock.
„Ich finde es schockierend, wie es dort im Moment aussieht“, sagt Otger Rotthues. Der rund 30 Hektar große See ist komplett ausgetrocknet. Wo normalerweise Wasser steht, wachsen jetzt Pflanzen, teilweise bis zu einem Meter hoch.
Die Flamingos haben in diesem Jahr nicht erfolgreich gebrütet, weil Fressfeinde wegen des niedrigen Wasserstandes auf die Insel gelangen konnten. Wenig später haben die Flamingos das Venn verlassen und sind in Brake an der Unterweser wieder aufgetaucht.
„Da sind Millionen Kleinstlebewesen gestorben“
Otger Rotthues hat über Jahre beobachtet, wie wichtig die große Wasserfläche für die Vögel ist. Dort verbringen sie die Nacht, weil sie geschützt sind vor Fressfeinden. Im Wasser finden sie zudem Nahrung. „Wenn die Flamingos nicht mehr wiederkommen, wäre das auch für die Gastronomen in Zwillbrock schlimm. So viele Gäste kommen von weit her, nur um die Flamingos zu sehen“, meint Otger Rotthues.

Der See im Zwillbrocker Venn ist inzwischen komplett ausgetrocknet. © Otger Rotthues
Doch er macht sich nicht nur Gedanken um die pinken Vögel. „Da ist ein ganzes Biotop verloren gegangen. Hunderte Wasservögel sind betroffen, aber auch Millionen Kleinstlebewesen. Wenn man heute dort hingeht, ist alles tot. Keine Frösche, keine Krebse, keine Fliegen, keine Mücken.“
Otger Rotthues hofft, dass Maßnahmen ergriffen werden
All das zeigt er in seinem Film. „Die Lage ist wirklich dramatisch. Da muss man doch was gegen tun können“, findet der Vredener und stellt gleichzeitig klar: „Die Biologische Station macht einen super Job.“
Trotzdem findet er, dass mehr getan werden muss. Sein Vorschlag: Man könnte das Venn abschieben. „Die Pflanzen, die dort momentan wachsen, brauchen jede Menge Wasser. Das muss alles raus“, meint Otger Rotthues. Mit einem Bagger sollte man den See tiefer machen, um ihn so vor einer Verlandung zu bewahren. „Mit dem abgetragenen Material könnte man weitere Brutinseln schaffen“, sagt der 55-Jährige.
Biologische Station Zwillbrock legt Graben um die Insel an
Auch die Biologische Station Zwillbrock sieht inzwischen Handlungsbedarf. Im Moment wird deswegen ein Graben um die sogenannte Flamingo-Insel herum gegraben. Zehn Meter breit und einen Meter tief. „Damit wollen wir erreichen, dass zumindest um die Insel herum möglichst lange Wasser da ist“, erklärt Elke Happe, stellvertretende Geschäftsführung bei der Biologischen Station.

Die Biologische Station legt einen Graben um die Insel herum an. So soll das Wasser dort möglichst gehalten werden, damit die Vögel in Ruhe brüten können. © Biologische Station Zwillbrock
Als nächstes sollen die Pflanzen, die momentan im eigentlichen See wachsen, entfernt werden. „Da wird gemäht. Das machen wir zum ersten Mal und das ist auch nicht ganz einfach, weil der Boden sehr uneben ist“, sagt Elke Happe.
Die Pflanzen müssen jedoch weg, für den Fall, dass der See wieder voll Wasser läuft. „Dann verrotten die Pflanzen im Wasser und es kommt zu einer Schlammentwicklung. Das wäre sehr schlecht für die Wasserqualität“, erklärt Elke Happe.
See im Zwillbrocker Venn wird nur aus Regenwasser gespeist
Doch auch dafür muss es erst einmal wieder regnen. Denn der See im Zwillbrocker Venn wird ausschließlich aus Regenwasser gespeist. Es gibt keine Zugang zu einem Fließgewässer oder Grundwasser. Hinzu kommt die große Wasserfläche, über die besonders viel Feuchtigkeit verdunstet. Für Elke Happe steht deswegen fest: „Wenn es nicht regnet, bringen alle unsere Maßnahmen gar nichts.“
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
