
Professor Dr. Jörg Philipp Terhechte aus Vreden verhandelt künftig für die EU in Internationalen Konflikten. © Leuphana Universität Lüneburg
Vredener Jurist sitzt als Schiedsrichter für die EU am Verhandlungstisch
Europa
Vom Vredener Gymasium Georgianum zum EU-Schiedsrichter in Konflikten mit anderen Ländern: Für Professor Dr. Jörg Philipp Terhechte ist die EU Teil der Lösung und nicht des Problems.
Im Sport ist ein Schiedsrichter ein Unparteiischer, der Spiele leitet und dafür sorgt, dass es fair zugeht. In der Politik sieht das ähnlich aus. „Schiedsgerichte entscheiden über Streitigkeiten zwischen Staaten“, erklärt der Vredener Professor Dr. Jörg Philipp Terhechte.
Terhechte muss es wissen. Der 47-Jährige wurde im Juni als Schiedsrichter für die Europäische Union (EU) ernannt. Er wurde vom deutschen Wirtschaftsministerium vorgeschlagen und von unabhängigen Richtern und Wissenschaftlern einer Jury der EU-Kommission aus einer langen Liste ausgewählt. Er schreibt regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), ist Autor und (Mit-)Herausgeber verschiedener wissenschaftlicher Bücher.
Jurist aus einer Künstler-Familie
Terhechte lebt mittlerweile in Hamburg. Die Verbindung nach Vreden besteht aber weiterhin: „Meine Mutter und mein Bruder leben noch in Vreden und ich bin regelmäßig in der alten Heimat“, sagt er. Außerdem habe er noch viele Freunde aus der Schulzeit.
Er sei ein engagierter Schüler mit klaren Interessen für Fächer wie Deutsch, Geschichte, Philosophie und Musik gewesen. „Meine Eltern haben meine Berufswahl immer unterstützt, wahrscheinlich haben sie sich auch hier und da gewundert“, sagt er. Sein Vater Hans Terhechte – Kunstlehrer am Gymnasium Vreden – habe es „nicht sonderlich kreativ“ gefunden, dass sein Sohn nach dem Abitur Jura in Bielefeld studierte. Das änderte sich aber, als er sich auf Europa- und Völkerrecht spezialisierte.
Brexit als prominentes Beispiel
Die EU hat mit vielen Staaten weltweit Handelsabkommen abgeschlossen. Bei Streitigkeiten kommen Schiedsgerichte aus drei Schiedsrichtern zum Einsatz. Die handeln schneller als internationale Gerichtshöfe oder staatliche Gerichte. Das aktuell wohl präsenteste Beispiel sind die Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit.
Je nach Streitigkeit wähle die EU ihre passenden Schiedsrichter aus. Werde er ausgewählt, sei es seine Aufgabe, „bilaterale Streitigkeiten in Bezug auf Handelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten beizulegen“, so der Europa- und Völkerrechtsexperte Jörg Terhechte, der in den letzten Jahren zahlreiche Verfahren vor europäischen Institutionen und dem Bundesverfassungsgericht begleitete.
EU die Lösung, nicht das Problem
Jörg Terhechte gilt seit langem als pro-europäisch. Er sehe die EU nicht als Problem, sondern eher als die Antwort auf viele Probleme. „Ich arbeite seit vielen Jahren an der Frage, wie die europäische Integration weiter ausgebaut werden kann“, so der Jurist. Damit sei er einer von wenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der deutschen Europarechtswissenschaft. Viele andere würden aktuell eher nationale Vorbehalte und euroskeptische Positionen formulieren.
Schon vor seiner Position als EU-Schiedsrichter ist Jörg Terhechte international unterwegs. Er ist nicht nur Vizepräsident der Leuphana Universität in Lüneburg, sondern auch Professor der University of Glasgow. „Ich freue mich, dass mir an verschiedener Stelle in den letzten Jahren Vertrauen geschenkt wurde“, sagt er. Natürlich gehe das nur dank der Unterstützung seiner Familie. „Unsere Kinder finden Schottland sehr spannend“, freut sich der Jurist.
Außerdem gefalle ihm die Kombination der beiden höchst unterschiedlichen Universitäten. Die Leuphana Universität ist eine junge und dynamische Universität, der es darum geht, wichtige Zukunftsfragen zu erforschen. „Die Kombination mit der traditionsreichen University of Glasgow, an die ich 2018 berufen wurde, ist ein Traum, denn hier kann man in einem sehr internationalen Umfeld arbeiten.“
Neu in Ahaus, neu im Münsterland und neu in NRW. Aber ein frischer Blick auf die Dinge soll ja bekanntlich helfen, zumindest hofft er das. Pendelte beruflich bisher zwischen Lokal- und Sportjournalismus und kann sich nur schwer entscheiden.
