An der Moorbachstraße muss dringend etwas getan werden. Da sind sich auch viele Anwohner einig. Doch sie haben Angst vor den hohen Kosten und verstehen nicht, warum die Stadt 90 Prozent der Kosten auf sie umlegen will.

© Stephan Teine

Sanierung der Moorbachstraße wird für die Anwohner teuer

rnKomplizierte Lage

Durch ihre Sanierung wird die Moorbachstraße zum ersten Mal hergestellt. Die Anwohner, die dort seit Jahrzehnten leben, sollen 90 Prozent der Kosten tragen und verstehen das nicht. Eine Erklärung.

Vreden

, 08.05.2020, 14:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eigentlich geht es „nur“ darum, die Moorbachstraße in Vreden zu sanieren. Doch die Lage ist kompliziert. Und für den Laien kaum zu durchschauen.

Ortstermin mit einigen Anwohnern. Wilhelm Emming (71) lebt seit 1952 an der Moorbachstraße. „Dass hier etwas gemacht werden muss, ist ja völlig klar“, sagt er und deutet die Straße entlang.

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Schlaglöcher, Risse im Apshalt, unbefestigte Seitenstreifen. An diesem Mittwochabend an der Moorbachstraße fällt mehrfach der Satz: „Das ist hier die schlechteste Straße Vredens.“ Und da ist es auch in Vreden knüppeltrocken. „Im Winter oder wenn es einige Tage regnet, steht das Wasser hier zentimeterhoch auf und neben der Straße“, sagt Hermann Hoffschlag. Andere Anwohner nicken.

Wilhelm Emming möchte, dass die Straße saniert wird

So weit so klar. Wilhelm Emming ist für den Ausbau. Auch die vorgestellten Pläne befürwortet er: eine gepflasterte Straße, als verkehrsberuhigter Bereich. Landwirtschaftliche Maschinen oder Leute, die die Moorbachstraße als Abkürzung zwischen Stadtlohn und Doemern nutzen, sollen dort am besten gar nicht mehr fahren.

Die Moorbachstraße gilt bisher offiziell als Wirtschaftsweg. Mit einem Beschluss der Vredener Politik soll sie aber zu einer Siedlung und damit zum Innenbereich erklärt werden. Dadurch kann sie als Anliegerstraße ausgebaut werden – zum ersten Mal.

Die Moorbachstraße gilt bisher offiziell als Wirtschaftsweg. Mit einem Beschluss der Vredener Politik soll sie aber zu einer Siedlung und damit zum Innenbereich erklärt werden. Dadurch kann sie als Anliegerstraße ausgebaut werden – zum ersten Mal. © Stephan Teine

Und warum genau wird die Moorbachstraße nun plötzlich zum Innenbereich erklärt? Schließlich leben die Anwohner mitten zwischen landwirtschaftlichen Flächen. Mit allen Vor- und Nachteilen.

Anwohner haben Angst vor den hohen Kosten

Hermann Hoffschlag ist ein weiterer Anwohner. Er ist Mitglied im CDU-Stadtverband und setzt sich seit Jahren dafür ein, dass die Straße saniert und ausgebaut wird. Viele seiner Nachbarn seien für diese Sanierung. „Es gibt aber auch Leute, die dagegen sind“, sagt er. Sie hätten vor allem Angst vor den hohen Kosten, die auf sie zukommen. 90 Prozent der Kosten für den Straßenbau sollen auf die Anwohner umgelegt werden, weil die Straße erstmalig hergestellt wird.

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Das will Wilhelm Emming aber nicht einleuchten: „Es gibt die Straße doch. Samt Strom- und Abwasserleitungen. Warum geht es also jetzt darum, eine Straße erstmalig zu bauen?“

Die Frage kann ihm auch Hermann Hoffschlag nicht ohne weiteres beantworten. Dabei gehe es um die Abrechnung. Und das sei kompliziert.

Fachbereichsleiter spricht von „Planungschinesisch“

Nachfrage bei der Stadtverwaltung: Fachbereichsleiter Joachim Hartmann gibt zu, dass manche Erklärungen nicht unbedingt für den Laien geeignet sind. „Wir sprechen natürlich manchmal Planungschinenisch – auch in Anwohnerversammlungen“, sagt er. Aber die Erklärungen müssten eben auch korrekt sein.

Bisher zählten die Häuser an der Moorbachstraße zum Außenbereich. In den vergangenen Jahrzehnten ist dort aber eine Siedlung entstanden, erklärt die Verwaltung. Dadurch soll die Straße in Zukunft zum Innenbereich zählen.

Bisher zählten die Häuser an der Moorbachstraße zum Außenbereich. In den vergangenen Jahrzehnten ist dort aber eine Siedlung entstanden, erklärt die Verwaltung. Dadurch soll die Straße in Zukunft zum Innenbereich zählen. © Markus Gehring

Er versucht es im Gespräch mit unserer Redaktion mit einem Beispiel: Wäre die Moobachstraße beispielsweise noch ein einfacher Sandweg, der zu einer neuen Straße ausgebaut würde, wäre klar, dass nun eine Straße erstmalig hergestellt würde.

Moorbachstraße gilt bisher als Wirtschaftsweg

Rein rechtlich ist die Moorbachstraße bisher nicht mehr als ein Sandweg: Auch wenn sie eine Asphaltdecke hat, gilt sie als Wirtschaftsweg. Die Straße gehört zum Außenbereich. Tatsächlich habe sich die Straße aber durch die Wohnhäuser inzwischen zur Siedlung entwickelt. Und die gehören zum Innenbereich. Der Wirtschaftsweg werde nun erstmals als Straße im Innenbereich ausgebaut. Und damit liegt – wieder rein rechtlich betrachtet – die erstmalige Herstellung einer Straße vor.

Grundsatz der Gleichbehandlung muss gelten

Natürlich könne die Stadt auch diesen einen Wirtschaftsweg im Standard einer Anliegerstraße ausbauen – und die Anlieger nicht zur Kasse bitten. Das würde aber einem Grundsatz widersprechen: dem der Gleichbehandlung. Auf der einen Seite hätten Anlieger anderer Wirtschaftswege dann ähnliche Ansprüche, auf der anderen Seite könnten alle Anwohner einer Anliegerstraße dagegen protestieren, dass sie für ihre Straße Geld bezahlen müssen.

Im Bauausschuss hatten die Politiker am Dienstagabend dem Rat einstimmig empfohlen, die Entwicklungssatzung für die Moorbachstraße zu beschließen und gleichzeitig die bisher geltende Außenbereichssatzung aufzuheben. Damit soll die Moorbachstraße – auch wenn sie sich keinen Millimeter bewegt – vom Außen- zum Innenbereich werden. Gleichzeitig wird aus dem bisherigen Wirtschaftsweg eine Anliegerstraße.

Politiker fühlen sich auf dem richtigen Weg

„Endlich, nach vielen Sitzungen und Gesprächen kommen wir langsam zum Abschluss“, erklärte Heinrich Wildenhues (CDU) in der Sitzung am Dienstag. „Ich kann die Sorgen und Ängste der Anlieger nachvollziehen“, sagte Elmar Kampshoff (UWG). Doch die getroffene Entscheidung sei der Weg der Vernunft. Auch Gerd Welper (Grüne) argumentierte in diese Richtung: „Wir waren uns einig, dass die Straße saniert werden muss.“ Dafür liege jetzt ein rechtlicher Rahmen vor. Henrik Mulder (FDP) freute sich, dass es voran geht: „Wir nähern uns dem Ziel, eine der schlechtesten Straßen von Vreden zu sanieren.“

Abstimmung mit viel Abstand wegen des Coronavirus: Die Mitglieder des Bauausschusses haben einstimmig dafür gestimmt, die Moorbachstraße künftig zum Innenbereich zu machen.

Abstimmung mit viel Abstand wegen des Coronavirus: Die Mitglieder des Bauausschusses haben einstimmig dafür gestimmt, die Moorbachstraße künftig zum Innenbereich zu machen. © Stephan Teine

Der Rat muss darüber noch beschließen. Erst dann können die tatsächlichen Arbeiten an der Straße beschlossen und ausgeschrieben werden.

Offene Fragen sollen noch geklärt werden

Parallel dazu wollen sich Hermann Hoffschlag und weitere Politiker darum bemühen, die noch offenen Fragen in der Nachbarschaft an der Moorbachstraße zu klären. Auch die Verwaltung will mit den Anwohnern noch einmal sprechen. Allerdings in kleineren Gruppen. „Es geht um Detailabstimmungen“, das Konzept steht ja“, sagte Joachim Hartmann in der Sitzung.

Sein Zeitplan: Im Herbst könnte der Baubeschluss gefasst werden. Dann folgt die Ausschreibung. Was das alles am Ende kosten wird, mochte er nicht abschätzen: „Ich kann nicht versprechen, was der Markt macht.“