
© Nils Dietrich
OP-Tücher statt Damenbekleidung: Traditionsgeschäft Hoffschlag schließt Verkauf
Lünten
Lünten hat bald kein Bekleidungsgeschäft mehr: Die traditionsreiche Näherei Hoffschlag gibt den Verkauf auf. Heute bringen OP-Tücher und Körnerkissen die Butter aufs Brot.
Die Entscheidung ist Sabine Hoffschlag nicht leicht gefallen. Aber sie war letztlich wohl unumgänglich. Der hauseigene Verkauf nahe des Ortskerns in Lünten soll aufgegeben werden, das Unternehmen wird sich fortan ausschließlich auf die Näherei konzentrieren: „Wir haben lange überlegt: Soll man es tun, soll man es nicht tun?“, sagt sie. Am Ende aber war die Entscheidung klar: Bei Hoffschlag wird es künftig keinen Verkauf von Damenbekleidung mehr geben.
Derzeit läuft der Räumungsverkauf, ein festes Datum für das Ende hat Sabine Hoffschlag noch nicht. „Solange wie Kundschaft und Nachfrage da ist“, solle der Verkauf auch noch geöffnet bleiben. Unter Umständen wird es künftig möglich sein, telefonisch zu bestellen.
Geschäft ist rückläufig
Der Grund für die Schließung des Verkaufs: „Die Nachfrage ist seit drei Jahren rückläufig“, so die Geschäftsführerin. Die Corona-Pandemie habe bei der Entscheidung auch eine Rolle gespielt. In diesen Zeiten verbringen die Kunden nicht wie früher auch mal eine oder zwei Stunden im Laden, um neben dem Einkauf noch etwas zu klönen.
„Über die Jahre sind die Beziehungen zu den Kunden gewachsen, die werden uns fehlen“, so Sabine Hoffschlag. Sie sei dankbar für die Treue der Kundschaft, die bei weitem nicht nur aus Lünten, sondern auch aus der näheren Umgebung kamen. Viele ältere Menschen zählt sie zu ihren Stammkunden.
Fokus auf der Näherei
Das Internet macht ebenfalls Konkurrenz. Und es gibt noch einige kleine Faktoren, die am Ende zu der Entscheidung geführt haben. Lieferanten fordern zum Teil Mindestabnahmen, das macht das Geschäft für die Lüntenerin nochmals schwerer.
Der Betrieb an sich wird weiterhin existieren. Fortan will sich das Unternehmen auf das Kerngeschäft konzentrieren – und das ist die Näherei. Heute noch stehen hier vier langjährig beschäftigte Näherinnen und Mitarbeiterinnen in Lohn und Brot, die zum Teil ihre Ausbildung bei Unternehmensgründerin Anni Hoffschlag machten. Zur Produktion gehört das Fertigen von OP-Tüchern und Körnerkissen. Die klassische Massenproduktion von Bekleidungsoberteilen lohnt sich schon lange nicht mehr, da vieles ins Ausland abgewandert ist.
Goldene Zeiten sind vorüber
Früher, ja früher, da war das alles noch anders. Zu Hochzeiten wurden in Lünten 500 Blusen am Tag geschneidert, blickt Sabine Hoffschlag zurück. Seinerzeit arbeiteten bis zu 50 Näherinnen in dem Betrieb, wobei bis zu zehn Auszubildende parallel das Handwerk lernten.
Sabine Hoffschlags Mutter Anni hat das Geschäft 1963 gegründet, direkt nach ihrer Meisterprüfung. Alles begann im Wohnhaus der Familie, wo sie eine Näherei aufbaute. Der Umzug in das Gebäude an die heutige Stelle Zum Fischteich erfolgte 1979.
Comeback nicht ausgeschlossen
Im April 1994 wagte Anni Hoffschlag den nächsten Schritt: Zusätzlich zum Geschäft mit der Näherei eröffnete sie einen eigenen Verkauf. Die Idee dahinter war eigentlich ganz einfach: „Wir haben früher viel für Markthändler gearbeitet und uns dann gesagt: Wir machen den Verkauf selbst“, erinnert sich Sabine Hoffschlag. Damals starteten sie an zwei Nachmittagen, irgendwann wurden daraus vier ganze Tage. Sabine Hoffschlag hat den Laden 2003 übernommen, als ihre Mutter verstarb.
Heute verfügt das Unternehmen über insgesamt 400 Quadratmeter Fläche, eine Hälfte für den Verkauf, die andere Hälfte für die Näherei. Was daraus wird, ist noch unklar: „Ich habe mir noch nicht überlegt, was ich damit machen möchte“, so die Chefin. Und wer weiß, vielleicht kommt auch alles etwas anders, als man denkt. Sabine Hoffschlag will ein Comeback nicht ausschließen: „Man sollte niemals nie sagen.“