
© Bernd Schlusemann
Niederländer fuhr mit nicht-versichertem Pkw – keine Zeit für Anmeldung
Amtsgericht
Ein 54 Jahre alter Niederländer wohnt seit März in Vreden – und hatte noch keine Zeit, Sozialleistungen zu beantragen. Vor Gericht stand er für eine Fahrt mit einem nicht angemeldeten Auto.
Den Eindruck, er sei der Angeklagte in dem Verfahren, machte ein 54 Jahre alter Niederländer am Dienstag im Amtsgericht in Ahaus überhaupt nicht.
Erst einmal rückte der Vredener seinen Stuhl ein wenig zurück vom Tisch und drehte ihn in Richtung Richtertisch. Dann setzte er sich und schlug die Beine übereinander.
Auf die Frage des Richters, was er denn beruflich mache, antwortete der Niederländer: „Ich bin Autodidakt und Denker.“ Mit dieser Berufsangabe sorgte der Mann für den ersten von mehreren Schmunzlern beim Richter.
Fragen zu seinen Einkünften beantwortete der Vredener so: „Ab morgen muss ich mich selbst um meinen Unterhalt sorgen.“
Auto war nicht versichert
Der Niederländer musste sich für eine Autofahrt mit einem nicht versicherten Fahrzeug verantworten. Am 11. März dieses Jahres soll er mit seinem Wagen gegen 17.30 Uhr durch Wennewick gefahren sein. Das brachte ihm einen Strafbefehl in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 20 Euro ein.
Dagegen hatte der Mann Einspruch eingelegt. So viel könne er nicht bezahlen. Zudem habe er wegen der Umzugsproblematik – „ich musste wegen Wohnungsmangels in den Niederlanden nach Vreden umziehen“ – keine Zeit gehabt, sich mit der deutschen Pkw-Anmeldeprozedur zu befassen. „Ich hatte auch keine Zeit, die deutsche Sprache zu lernen“, sagte der Niederländer. Die vom Gericht hinzugezogene Dolmetscherin musste am Dienstag aber nur vereinzelt übersetzen.
Weil die niederländischen Sozialleistungen auslaufen, der Mann sich aber noch nicht um deutsche Sozialleistungen wie Wohngeld kümmerte, verringerte der Richter die Höhe der Tagessätze. Der Vredener muss nun 25 Tagessätze zu je 15 Euro zahlen, insgesamt 375 Euro. Das sei das Minimum. „Drunter geht es nicht“, erklärte der Staatsanwalt.
Verfahrenskosten
Tief durchatmen musst der Niederländer, als ihm der Richter die ungefähre Höhe der Verfahrenskosten nannte – und die der 54-Jährige tragen muss. „Zwischen 50 und 200 Euro werde der Mann voraussichtlich zahlen müssen. „Und wenn ich nicht einverstanden bin?“, fragte der Vredener. „Dann können Sie beim Landgericht in Berufung gehen“, antwortete der Richter.
Gleichwohl werde sich an den Kosten nichts ändern. „Es sei denn, Sie werden freigesprochen, wovon nicht auszugehen ist.“ Er fühle sich doppelt bestraft, sagte der Niederländer nach der Verlesung des Strafbefehls. Eine Meinung, mit der er im Gerichtssaal allein stand. „Ich glaube, die Verfahrenskosten geben nicht annähernd das wieder, was Sie hier an Kosten verursacht haben.“, sagte der Richter.
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
