Ein gewisser „Al Capone“ saß gleich mehrfach im längst vergessenen Gerichtsgefängnis in Vreden – nur handelte es sich dabei um den berühmten Gangster?

© Montage: Klose

Mysteriöse Graffiti: Wie Al Capone ins Gefängnis nach Vreden kam

rnAltes Gerichtsgefängnis

Was hatte Al Capone in Vreden verloren? Im alten Gerichtsgefängnis sind Graffiti aufgetaucht, die mutmaßlich vom berühmten Gangster-Boss unterzeichnet wurden.

Vreden

, 17.02.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Über lange Zeit ist der Raum hinter dem Schuhgeschäft Siehoff als Lager benutzt worden. Das soll sich künftig ändern, in die Räumlichkeiten soll die podologische Praxis von Melanie Siehoff einziehen. Bei den Vorbereitungen für die Renovierung machte sie aber kürzlich eine überraschende Entdeckung: Beim Abziehen der Tapeten kamen mehrere Graffiti zum Vorschein, die daran erinnern, was sich einst hier an der Krummen Jacke befand.

Wo sich jahrelang Schuhe in Kartons stapelten, war nämlich einst das Gerichtsgefängnis. Guido Leeck, ausgewiesener Kenner der Stadtgeschichte und Vorsitzender des Heimatvereins, erklärt den Hintergrund: „Die Kenntnis, dass es in Vreden bis 1974 ein Amtsgericht gab und dass dazu ein Gefängnisgebäude gehörte, ist bei vielen in Vreden wohnenden Menschen nicht mehr vorhanden.“

Amtsgericht einst am Markt

Auch dass das prächtige denkmalgeschützte Gebäude mit dem Stufengiebel einst als Gerichtsgebäude diente und dass das Gefängnisgebäude noch existiert, sei vielen Bewohnern leider heute völlig unbekannt.

Das ehemalige Gerichtsgefängnis wurde zwischenzeitlich als Lager genutzt und wird jetzt renoviert.

Das ehemalige Gerichtsgefängnis wurde zwischenzeitlich als Lager genutzt und wird jetzt renoviert. © Nils Dietrich

Das Vredener Amtsgericht hatte seine Räume 1858 am Markt angemietet. Schließlich kaufte die Stadt das Gebäude 1879 für die Justiz. So gelangte auch die dazugehörige Scheune in der Gasse Krumme Jacke in das Eigentum der Kommune und wurde anschließend zum Gefängnis ausgebaut.

Viele Schmuggler saßen ein

Im Jahr 1932 wurde nicht nur das Gerichtsgebäude, sondern auch das dazugehörige Gefängnis umgebaut. Zeitgleich zum durchgreifenden Umbau des Erdgeschosses mit den vier Zellen erfolgte auch die Aufstockung des Gebäudes. In dem neuen Obergeschoss wurde eine Wohnung für einen Gefängniswärter und seine Familie eingerichtet.

Jetzt lesen

Dort wohnte seinerzeit Karl-Heinz Walkowiak, der heute noch in Vreden lebt. Sein Vater war Justizwachtmeister und als solcher für das Gefängnis und dessen Bewohner zuständig. „Ich weiß noch, dass hier viele Schmuggler einsaßen“, erinnert er sich. Oft seien dies Niederländer gewesen.

Nicht nur Kurzzeit-Insassen

Und bei den Insassen handelte es sich keineswegs nur um Kurzzeit-Gäste: „Die haben da teilweise einige Monate gesessen“, berichtet Karl-Heinz Walkowiak. Später seien sie dann verlegt worden, etwa nach Münster oder Coesfeld. Einmal gab es sogar einen Ausbruch, bei dem sein Vater von den Gefangenen überwältigt wurde.

Al Capone hat sich an mehreren Stellen im alten Gefängnis verewigt.

Al Capone hat sich an mehreren Stellen im alten Gefängnis verewigt. © Nils Dietrich

Als das Gerichtsgefängnis geschlossen wurde, ist Karl-Heinz Walkowiaks Vater nach Ahaus versetzt worden. Das war gegen Ende der 50er Jahre der Fall. In einem Artikel aus den „Westfälischen Nachrichten“ anlässlich des 100-jährigen Amtsgerichts-Jubiläums heißt es, dass das Gefängnis 1957 geschlossen wurde.

Stammgast in Vreden

Die Jahreszahl wiederum wirft Fragen auf, denn „Al Capone“ selbst gibt das Jahr 1959 als Zeitpunkt seines Besuchs an. Er hat gleich mehrere der nun ans Tageslicht gekommenen Graffiti signiert. Angesichts der stark unterschiedlichen Schriftbilder ist allerdings fraglich, ob er für alle Inschriften die Urheberschaft beanspruchen kann.

Jetzt lesen

Nach eigener Aussage gehörte „Al Capone“ jedenfalls zu den Stammgästen in Vreden. Gleich viermal saß er wegen Diebstahls ein. An anderer Stelle lobt er: „Ich muss schon sagen, ich bin gerne hier, auch über die Bedienung ist nicht zu klagen.“ An anderer Stelle sinniert der Gangster: „Jeder macht mal Fehler.“

Der echte Al Capone jedenfalls war Ende der 50er Jahre schon lange tot. Er starb bereits 1947 in den USA. Dass er jemals in Vreden war, ist hingegen nicht belegt.

Lesen Sie jetzt