Medikamente fehlen - Apotheker genervt
Lieferengpässe bei Arzneimitteln
Man stelle sich vor, man braucht unbedingt den Impfstoff gegen Tuberkulose. Sei es wegen einer bevorstehenden Reise oder aus anderen Gründen. In Apotheken ist der Impfstoff zu kaufen. Normalerweise. Dass das derzeit europaweit nicht geht, musste ein Kunde von Apotheker Dr. Michael Göring am Mittwoch unliebsam in Kauf nehmen.

Manche Medikamente können derzeit nicht geliefert werden.
Auf die Frage, ob denn auch Lieferengpässe bei Medikamenten in der Marien-Apotheke in Vreden herrschen, antwortet Michael Göring sofort: „Das ist nicht nur bei uns so. Alle Apotheken leiden derzeit daran.“ Viele Firmen würden einfach nicht ausreichend liefern.
Impfstoffe fehlen
Der Apotheker ist verärgert. Besonders im Impfstoffbereich gebe es gerade große Mängel. „Das ist wirklich sehr anstrengend. Ich muss den Kunden immer wieder erklären, dass ihr Medikament gerade nicht verfügbar ist“, beklagt Michael Göring. Wenn das der Fall ist, müsse er dem Kunden ein alternatives Medikament mit ähnlichen Wirkstoffen geben, wenn das denn möglich ist. „Da ist mir oft nicht wohl dabei. Viele Patienten nehmen die Tabletten dann gar nicht, oder auch mal doppelt.“
Auch in der Burg-Apotheke schlägt man sich immer wieder mit den Lieferengpässen herum. „Ja, das ist ein riesiges Problem“, sagt Apotheker Norbert Borggrewe auf Anfrage der Münsterland Zeitung. Er erzählt von Rohstoffen, die mittlerweile in China oder Malaysia hergestellt werden, die einfach nicht verfügbar seien. „Die Hersteller produzieren immer kostengünstiger. Das ist eine Preistreiberei nach unten. Dass es dann irgendwann zu Lieferengpässen kommt, ist eine logische Konsequenz“, so Apotheker Borggrewe.
Unsicherheit
Manchmal könnten seine Kunden auf Medikamente anderer Hersteller ausweichen, da versuche er immer vernünftige Lösungen zu finden. Bei Impfstoffen gehe das nicht. „Das ist alles ein ständiges Hin- und Hergehampel. Es ist nervig und zeitaufwendig, weil ich immer wieder mit beim Großhandel oder bei den Herstellern nachfragen muss“, erzählt Norbert Borggrewe. Und auch die Kunden werden immer unsicherer.
Davon kann auch Paul-Winfried Kröger, Inhaber der Hirsch-Apotheke ein Lied singen. Einige Medikamente seien aufgrund von Rohstoffmangeln länger nicht lieferbar. Dazu gehören beispielsweise Schilddrüsenpräparate. Darauf müsse man vorbereitet sein und die Arzneimittel in größeren Mengen archivieren. Doch auch das ist eben nicht immer möglich. „Ich hatte da vor einiger Zeit einen krassen Fall. Eine Dame brauchte Medikamente für ihre Bauchspeicheldrüse. Leider war das Medikament nicht lieferbar, wir mussten auf ein ähnliches Mittel umschwenken. Darauf hat sie ganz anders reagiert. Ihr Ehemann hat mir fast unter Tränen erzählt, dass ihnen nun ein Stück Lebensqualität fehlt. So etwas ist sehr belastend für mich“, beschreibt Paul-Winfried Kröger die Situation.
Preisrabatte der Krankenkassen
Nicht nur die Lieferengpässe, auch die Rabattverträge zwischen den Krankenkassen und Arzneimittelherstellern ärgern den Apotheker. In den Verträgen handeln die Krankenkassen Preisrabatte mit den Herstellern aus. Da kann es dann auch mal passieren, dass ein Medikament von einem bestimmten Hersteller, was ein Jahr auf dem Markt war, plötzlich nicht mehr verfügbar ist. „Und plötzlich kommen die Kunden an das bestimmte Mittel nicht mehr heran“, so Kröger. Auch wenn sie wollten – die Apotheker aus Vreden können das Problem nicht aus der Welt schaffen. „Das ist eigentlich schon seit zwei Jahren so. Aber es gibt immer mal wieder Phasen, so wie jetzt, in der die Lieferengpässe verstärkt auftreten“, sagt Norbert Borggrewe von der Burg-Apotheke.